Marina Hasler stellt sich nur ungern vor die Kamera. Wenn sie fotografiert wird, dauert es einige Zeit, bis das aufgesetzte Kameralachen ihrem echten, dem warmherzigen und offenen, weicht. «Ich brauche jemanden, der mich auflockert», sagt sie. Auf dem Display betrachtet sie das Foto, das von ihr gemacht wurde. «Das ist typisch Marina», sagt sie, «das gefällt mir.» Und doch: Die Fotografin fühlt sich hinter der Kamera deutlich wohler. Dort ist sie die Person, die es schafft, dass die Menschen vergessen, dass sie fotografiert werden und sich frei fühlen – und sie selbst auch. «Das ist es, was mich erfüllt.» Ihre Bilder sind der Beweis dafür. Erst kürzlich hat sie einen Wettbewerb des Schweizer Fotografenverbandes Photoprofessionals gewonnen. Auf ih-rem Siegerbild «Der Glücksschmied» fliegen sprichwörtlich die Funken. Ein Sprichwort, mit viel persönlicher BedeutungSprichwörter waren auch das Thema des diesjährigen Wettbewerbs für Photoprofessionals. Der Verband, der den europäischen Fotografenverbänden angehängt ist, veranstaltet den Wettbewerb jedes Jahr intern mit dem Ziel, die Kreativität zu fördern und sich selbst herauszufordern. Die eingereichten Arbeiten der Fotografen werden von einer internationalen Jury bewertet. Die einzige Vorgabe, die es in diesem Jahr zu erfüllen galt: Das Sprichwort muss auf dem Bild klar erkennbar sein. [caption_left: «Jeder ist seines Glückes Schmied», lautet das Sprichwort, dass sich in diesem Bild verbirgt. Es ist aber noch ein zweites zu erkennen, worauf Marina Hasler erst später aufmerksam gemacht wurde: «Man muss das Eisen schmieden, solange es heiss ist.» Bild: Marina Halser]Marina Hasler wählte «Jeder ist seines Glückes Schmied» aus einem bestimmten Grund: «Es sagt viel über mich aus.» Die Redensart besagt, dass man sich nicht auf den Zufall oder die Hilfe anderer verlassen sollte, um Erfolg und Zufriedenheit zu erreichen. Mit Beharrlichkeit und Anstrengung kann jeder sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und glücklich werden.Ihr ganz persönlicher GlücksschmiedMarina Hasler hat vor 22 Jahren ihre Ausbildung zur Fotofachangestellten bei Foto Peter in Heiden abgeschlossen. Einige Jahre darauf gründete sie eine Familie und bekam zwei Kinder, ein Mädchen und ein Bub. Zu dieser Zeit arbeitete sie im Familienbetrieb ihres Ex-Mannes. «Aber ich habe immer nebenbei fotografiert. Schliesslich kann ich nicht aus meiner Haut.» Die Aufträge häuften sich und vor fünf Jahren eröffnete sie ihr eigenes Studio. Das Geschäft läuft gut für die zweifache Mutter. Heute arbeitet sie in einem 80-Prozent-Pensum, fotografiert auf Hochzeiten, bietet Shootings für Neugeborene, Familien oder Paare an und fotografiert auch Firmenporträts. «Am liebsten habe ich Menschen vor der Linse. Jeder Mensch ist einzigartig und ich freue mich, wenn ich diese Einzigartigkeit mit meiner Arbeit zeigen kann.» Das perfekte Foto gibt es für die Fotografin allerdings nicht. Selbst auf ihrem Siegerbild sieht ihr geschultes Auge Details, die nicht vollkommen erscheinen. «Aber das muss es auch nicht, denn alles passt genau so, wie es ist.» Das aussagekräftige Porträt zeigt Geri Aigner, den bekannten Kunstschmied aus Altstätten, bei der Arbeit. Die Atmosphäre in seiner Schmiede hat die Fotografin in ihren Bann gezogen. «Das war für mich wie nach Hause kommen», sagt Marina Hasler. Geri Aigner ist ihr persönlicher Glücksschmied geworden: 85 Punkte erhielt sie von der Jury für ihre Fotografie. Der deutsche Fotograf und Jurymitglied Lars Neumann kommentierte: «Ein Hammerbild, im wahrsten Sinne des Wortes.» Neben Ruhm und Ehre sowie dem Mitgliedsbeitrag erhielt sie als Preis einen Gutschein für einen Workshop. «Den setze ich für eine Fortbildung im Bereich Bewegtbild ein», sagt sie. Mit regelmässigen Workshops hält sie sich auf dem Laufenden. Der Sieg hat sie bestärkt, im nächsten Jahr an einem europäischen Live-Porträt-Wettbewerb teilzunehmen. «Schliesslich brauche ich eine neue Herausforderung, um mein Glück weiter zu schmieden», sagt sie.