04.07.2022

Maria Pinardis Flucht nach vorn

Auf einer kleinen griechischen Insel baut Maria Pinardi drei Häuschen – ihr künftiges Seminarzentrum. Die Erfüllung ihres Traums verbindet sie mit einer privaten Sammelaktion.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Das Land ist schon gekauft. Die 51-Jährige besitzt 5000 Quadratmeter auf Lipsi, einer griechischen Insel, die knapp halb so gross ist wie Maria Pinardis Herkunftsort. Die einstige TV-Journalistin entstammt einer Altstätter Baumeisterfamilie und hat (stets für den Eigengebrauch) mehrere Bauprojekte verwirklicht.Auf dem Kapf ob Lüchingen bewohnte sie ihr erstes Haus, auf Altstättens Breite eine im Rohbau gekaufte, selbst gestaltete Wohnung. Seit einem Jahrzehnt haust sie zusammen mit ihrem elfjährigen Sohn in Pany, einem Bergparadies 1250 Meter über Meer, im mittleren Prättigau.In den Sog einer Politaffäre geratenDer bevorstehende Umzug nach Griechenland ist eine Flucht nach vorn, der Aufbruch in eine neue Lebensphase, nachdem sie im Fürstentum Liechtenstein in den Sog einer Politaffäre geriet. Das «Liechtensteiner Volksblatt» schrieb am 1. April 2021, Maria Pinardi sehe sich «als Verfolgte – als ‹Kollateralschaden› einer Affäre, mit der sie gar nichts am Hut haben sollte». Die Rheintalerin hatte die ehemalige Aussenministerin Aurelia Frick beraten, deren Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit als zu hoch und als angeblicher Amtsmissbrauch beanstandet wurden. Das Verfahren ist noch nicht zu Ende.Maria Pinardi verwendet das Bild eines Hexenprozesses: Alle, die um den Scheiterhaufen standen, hätten den Blick gesenkt, sagt sie und meint in der jüngsten Zeit eine Rückkehr zur Normalität feststellen zu können. Dennoch resümiert sie knapp: Ihre Geschäftsgrundlage wurde «in Schutt und Asche gelegt».Entlastende Aspekte kamenin den Medien zu kurzDie Medien hatten es nicht gut mit ihr gemeint, sondern sie als Teil der Affäre dargestellt. Das kritisierte Walter Kranz in einem Leserbrief mit deutlichen Worten. Der ehemalige Präsident des Vereins für Menschenrechte Liechtenstein, der dem Prozess als Beobachter beiwohnte, bemängelte eine sehr einseitige Darstellung. Wichtige entlastende Aspekte hätten keine Erwähnung gefunden. Die Berichterstattung des «Liechtensteiner Vaterlandes» nannte Walter Kranz beschämend. Zum Beispiel sei nicht erwähnt worden, dass Maria Pinardi die ganze Geschichte als innerparteilichen Streit sieht, der «am falschen Ort mit juristischen Spitzfindigkeiten ausgetragen» werde.[caption_left:So wird das Seminarzentrum auf Lipsi aussehen. Das Grundstück mit den drei Gebäuden hat eine Fläche von 5000 m2.]Ihren künftigen griechischen Wohnort hat Maria Pinardi vor 16 Jahren entdeckt. Zuvor hatte sie zusammen mit ihrem damaligen Gatten auf dem Gätziberg ein Schiff gebaut. Mit diesem war sie nach dem Ende ihrer Ehe mit einem Kollegen im Mittelmeer unterwegs, zwei Jahre lang, in der Mitte des ersten Jahrzehnts, vor allem im östlichen Meeresteil. Vor dieser Reise hatte die Altstätterin alles weggegeben, nur die Skier wurden bei der Mutter eingestellt.«Die eigene Geschichte neu erzählen»Maria Pinardis bewegte Geschichte mündet auf ihrer Webseite pinardi.ch in den Titel «Die eigene Geschichte neu erzählen». Durch all die beruflichen und privaten Erfahrungen hat sie sich «immer mehr für die tieferen Zusammenhänge des Lebens» zu interessieren begonnen. Also hat sie «ein Konzept entwickelt, wie man seinen eigenen Glaubenssätzen auf die Spur kommt – den bewussten und den unbewussten». Es geht darum, «erkannte Glaubenssätze, die man verändern möchte», auch wirklich zu verändern. Auf Lipsi beabsichtigt Maria Pinardi Seminare anzubieten. Ihrer Einschätzung nach ist das Bedürfnis, zur Ruhe zu kommen, sich mit sich selbst zu beschäftigen, verbreitet.[caption_left:Maria Pinardi bezeichnet ihr Seminarzentrum als Ort zum Tanken neuer Energie.]Crowdfunding soll helfen, das Projekt zu stemmenDank ihres Hauses im Bündnerland (als bestehender Sicherheit für die Bank) konnte Maria Pinardi das Land auf Lipsi erwerben und ihr neues Bauprojekt in Angriff nehmen. Weil sie ihr «kleines Seminarzentrum», in das ihre Lebens- und Berufserfahrungen einfliessen sollen, anfangs nicht alleine stemmen kann, hat sie sich für ein Crowdfunding entschieden – eine «private Sammelaktion mit Gewinnmöglichkeit». Unter den Teilnehmenden werden ein- bis vierwöchige Aufenthalte auf Lipsi verlost. Maria Pinardi sieht es so, dass «aus etwas Gutem wieder etwas Gutes entsteht». Sie werde Menschen, denen es schwerfällt, sich Ferien und/oder Seminarteilnahmen zu leisten, die Unterkunft je nach Situation zum Selbstkostenpreis oder kostenlos anbieten und es ihnen so ermöglichen, neue Energie zu tanken.Hinweis:pinardi.chsammelnfuerlipsi.com

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.