10.05.2019

Maria – Mittlerin und Vorbild

Für Katholiken ist der Mai der Marienmonat. Dazu passt gut, dass morgen der weltliche Muttertag ist. Dies gibt mir Gelegenheit, ein paar Gedanken zur Marienverehrung weiterzugeben.

Von Andreas Brändle
aktualisiert am 03.11.2022
Wenn ich jeweils mit meinen Konfirmanden die katholische Kirche in Diepoldsau besuche, kommt irgendwann die Frage von den Jugendlichen: Und wer ist diese Frau da? Vor der Mariafigur stehen brennende Kerzen und es ist augenfällig, dass sie einen besonderen Platz hat in der Kirche.Wer ist Maria aus evangelischer Sicht? Wir sehen den Unterschied schon in der Kirche. Wir Evangelischen haben keine Mariafigur in der Kirche, aber auch keine anderen Heiligen, kein Antonius, kein Franziskus oder wie die anderen Heiligen alle heissen.Allerdings hat die Maria bei den Reformatoren einen hohen Stellenwert. Martin Luther wandte sich zwar entschieden gegen die Vorstellung, dass die Maria als Königin im Himmel regiere und dass Maria eine Mittlerin sei, die Christus oder Gott zuerst für uns Menschen gnädig stimmen müsse. Aber in seiner Auslegung des Magnificats sieht er Maria als Beispiel der menschlichen Demut und Reinheit. Und er hat selber auch Marienpredigten gehalten. Ulrich Zwingli, der Zürcher Reformator, hat eine biblisch begründete Marienverehrung akzeptiert.Der Hauptgrund aber, warum für evangelische Christen Maria wenig bedeutsam ist, liegt in ihrem Sohn. Ein Grundsatz der Reformation heisst: Solus Christus. Allein Christus. Keine Heiligen­verehrung mehr, keine Reli­quienkulte, keine Pilgerreisen, keine Werkgerechtigkeit, also auch keine Marienverehrung. Der Mensch gelangt allein durch das Werk von Jesus Christus zum Heil. Dadurch, dass bei den Evangelischen die Betonung so stark auf Christus liegt, sind Maria, aber auch die Heiligen in den Hintergrund getreten, sie sind verblasst.Für mich ist Maria ein Vorbild in dem Sinne, dass sie Gott dient und ihm zur Verfügung steht, obwohl sie nicht alles versteht, was mit ihr geschieht.Als der Engel ihr ankündigt, dass sie, obwohl sie noch Jungfrau war, schwanger werden würde und Gottes Sohn gebären wird, sagt sie: «Ich diene dem Herrn. Es soll an mir geschehen, was du gesagt hast!» In diesem Sinn kann sie auch für evangelische und andere Konfessionen ein Vorbild sein.Andreas BrändlePfarrer in Diepoldsau

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