Am 15. August feiern wir ein bedeutsames Fest in der katholischen Kirche: Die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel. Zu den theologischen Voraussetzungen dieses Festes liesse sich ein dickes Buch schreiben – ich beschränke mich hier auf einige wenige Aspekte.Maria, die Mutter Jesu, hat immer schon starke Gefühle ausgelöst. Mütter haben sich mit ihren Schmerzen identifiziert, und was Tugend, Schönheit und auch Weiblichkeit angeht, wurde sie entsprechend der Ideale der jeweiligen Zeit dargestellt. Man suchte bei ihr mütterlichen Schutz, aber auch einen weiblichen Part des Göttlichen.Die historische Frau ist eine andere als die Maria der Glaubensgeschichte. Sie hiess Mirjam, kam aus Nazareth, war Jüdin und wurde die Mutter Jesu. Sie gehörte wohl später zu den Anhängern Jesu, erlebte mit ihnen den Auferstandenen und war dann Mitglied der Jerusalemer Gemeinde. In den biblischen Texten wird sie zum einen als Mutter, zum anderen als Glaubende beschrieben.Bei all den Bildern, die Aspekte des Lebens von Maria thematisieren, kann man zwei grobe Linien unterscheiden, die erstaunlich aktuell sind: Die eine zeigt eine Frau, deren Demut betont wird: Sie hat sich Gottes Willen gebeugt, sie hat ergeben das Leben angenommen, das er für sie vorgesehen hat. Die andere betont die sozialkritische und prophetische Kraft Mariens. Sie kennen wir aus dem Lukasevangelium. Höhepunkt ist ihr Gesang des Magnifikats (Lk 1, 46 – 55, vgl. Ijob 12, 19, Ijob 5, 11): «Meine Seele preist die Grösse des Herrn, (...) er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen (...).»Da ist eine Spannung in dieser Person, die wir nachvollziehen können: Als Christen, egal ob Frau oder Mann, leben wir unser Leben in dieser Spannung: Wir müssen demütig, widerständig, je nachdem, das annehmen, was uns geschieht: Krankheiten, Todes-, Unglücks-, Glücksfälle; und gleichzeitig sind wir dazu berufen, wie Maria, sozial, kraftvoll aufzutreten und das zu sagen, wozu jede/r von uns auf ganz eigene Art berufen ist.Das Geheimnis von Maria kann uns dabei helfen, unseren eigenen Weg mit Christus zu gehen. Und der verläuft nicht langweilig und in vorgefassten Bahnen, sondern fordert uns immer zu neuer Positionierung heraus. Wir sind aufgerufen, eigenständig zu handeln und selbstbewusst zu mahnen – Jüngerinnen und Jünger Jesu zu sein.Was an Maria anspricht, ist das Bild einer Frau, die uns ei-ne Schwester im Glauben sein kann; das Leben einer authentischen Frau, die zu Gottes Wirken in der Welt Ja sagt.Sie zeigt uns, dass der Glaube immer ein persönliches Wagnis ist.Armin ScheuterPastoralassistent in Kobelwald