26.01.2021

«Manchmal kommen um die 50 Vögel»

Brigitte Ehrenbold hilft Greifvögeln über den Winter. Die Ämter sind nicht begeistert.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Vögel haben es Brigitte Ehrenbold angetan. Nicht die herzigen Singvögel, sondern die erhabenen Greifvögel, besonders die imposanten Rotmilane mit ihrem auffälligen Gabelschwanz. Wie andere Leute Meisen und Rotkehlchen, füttert sie die Milane. Freilich nicht mit Körnern, sondern mit Fleischresten aus der Metzgerei. «Damit wir uns recht verstehen: keine minderwertigen Abfälle, sondern frisches Fleisch», betont ihr Mann, Heinz Ehrenbold. Zähe Sehnen würden sie vorher wegschneiden, und auch womöglich schlecht verträgliche Innereien verfütterten sie keine.Ausgelegt wird das Fleisch auf einer Wiese ob Altstätten, am Waldrand etwas abseits des Wohnquartiers Wieswanne, wo Ehrenbolds daheim sind. Die Vögel lassen nicht lange auf sich warten. Wenn kein Fotograf dabei sei, flögen sie manchmal schon heran, wenn sie noch am Auslegen sei, erzählt Brigitte Ehrenbold, «die Milane kennen mich mittlerweile». An manchen Tagen seien es um die 50, die sich das Fleisch holten.[caption_left: Brigitte Ehrenbold liegen die Vögel am Herzen. Sie füttert sie täglich.]An diesem Nachmittag allerdings stürzen sich als erstes einige Bussarde aufs Fleisch; Milane sind fast gleichzeitig aber auch zur Stelle. Einzelne setzen sich ab, um das Fleisch weiter zu zerkleinern; andere greifen es sich im Flug und gleiten damit davon. Auch ein Schwarm Krähen ist gleich da. Für sie hat Brigitte Ehrenbold Ghackets und Hörnli mitgebracht. Es dauert keine Viertelstunde, bis die mehreren Kilo Fleisch weg sind. Einzig die Krähen haben an diesem Tag einige Hörnli übrig gelassen.«Wildtiere sollten sich selbst überlassen werden»Die Ämter freut Brigitte Ehrenbolds Leidenschaft für die grossen Vögel nicht. Dominik Thiel, der Leiter des kantonalen Amts für Natur, Jagd und Fischerei, ist sich zwar bewusst, dass die Tiere vielen Leute am Herzen liegen. Grundsätzlich sollten Wildtiere aber sich selbst überlassen werden, betont er. Selbst wenn dies bedeute, dass in strengen, schneereichen Wintern manche nicht überleben. So ist die Natur.Sinnvoller als die Fütterung wäre aus Sicht der Schweizerischen Vogelwarte ohnehin, zu einer strukturreichen Landschaft zu schauen, die einer Vielzahl von Kleintieren einen Lebensraum bietet – damit wäre auch Greifvögeln geholfen, sagt Biologe Livio Rey. Brigitte Ehrenbold füttert die Greifvögel zudem nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über. Täglich. In den Augen von Jagdverwalter Thiel ist dies «masslos» und in der Art und Weise auch nicht artgerecht. Eine Handhabe hat er aber nicht: Das Jagdrecht verbiete Wildtierfütterungen nicht grundsätzlich.Laut Vogelwarte ist für das Füttern von Greifvögeln allerdings eine Bewilligung des kantonalen Veterinärdienstes nötig. Adrian Fäh, Leiter der Abteilung Tiergesundheit im Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen, bestätigt dies. Er beruft sich dabei auf die Verordnung über die Entsorgung tierischer Nebenprodukte.«Die Leute auf den Ämtern, das sind keine Tierfreunde»Eine solche Bewilligung hat Brigitte Ehrenbold nicht. Sie verweist vielmehr auf Auskünfte von Fachleuten, nach denen das Füttern von Greifvögeln unproblematisch und im Kanton St. Gallen erlaubt sei.Nach vielem Zureden von Vertretern verschiedener Ämter will sie nun aber doch mit dem Füttern aufhören. Weniger, weil die Behörden es sagen. «Das sind keine Tierfreunde», meint sie. Sondern weil sie und ihr Mann schon über 70 sind und die Fleischaufbereitung kraftraubend ist. Einstellen will sie die Fütterung allerdings nicht von einem Tag auf den andern. Ihr grosses Herz für die Vögel lässt das nicht zu: «Das kann man denen nicht antun», sagt sie und will die Tiere darum bis zum Frühling nach und nach von der Fütterung entwöhnen.

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