43 Jahre – ein halbes Menschenleben lang – gehörte Pius Graber der Feuerwehr an. So lange leistet kaum jemand Feuerwehrdienst. Dies hängt im Fall von Graber freilich auch mit seiner Funktion als Materialwart zusammen, die als Teilzeitstelle in Ergänzung zu seiner Tätigkeit als Feuerschutzbeamter der Gemeinde organisiert ist. Nächstens geht er nun in Frühpension, weshalb er auch den Austritt aus der Feuerwehr eingereicht hat.Ein Feuerwehrler mit PioniergeistIn der langen Zeit, die Pius Graber Feuerwehrdienst leistete, zunächst als Soldat, später als Offizier, Zugführer, Material- und Beschaffungswart und während 23 Jahren auch als Instruktor, hat sich Graber ein Wissen erarbeitet, von dem die Feuerwehr Oberriet enorm profitieren konnte, betont deren Kommandant, Hugo Langenegger. Graber verdanke man Ideen, die die Arbeit der Feuerwehr dermassen erleichterten, dass sie schweizweit zum Standard geworden seien. Langenegger nennt als Beispiele die Modulaufbauten auf den Fahrzeugen oder Änderungen an den Rettungsbrettern, die deren Handhabung verbesserten. Graber sei es auch gewesen, der die Beschaffung eines Pick-ups angeregt habe, weil er den Nutzen des vielseitig nutzbaren Fahrzeugs für die Feuerwehr erkannt habe. Die Oberrieter Feuerwehr sei damals eine der ersten mit einem solchen Fahrzeug gewesen. Heute kenne er keine grössere Feuerwehr, die nicht einen solchen Pick-up im Fuhrpark hätte, meint Langenegger.Auch in baulichen Belangen habe man Grabers Meinung geschätzt, sagt Roman Ammann, Gemeinderat und Präsident der Feuerschutzkommission. Gerade auch bei der jüngsten Erweiterung des Feuerwehrdepots. Ammann nennt Graber einen Querdenker. Er habe Entscheide und Gegebenheiten kritisch hinterfragt und mit seiner Meinung nicht hinterm Berg gehalten, aber stets der Sache verpflichtet.Nicht so lange wie Graber, aber mit 23 Jahren immer noch länger als viele anderen, leistete Rolf Lüchinger Feuerwehrdienst, die letzten elf Jahre als Zugführer des Zugs 3, des Kriessner Zugs. Lüchinger sei kein Mann der vielen Worte, aber der guten Taten, lobt Roman Ammann und hebt Lüchingers Leidenschaft für die Feuerwehr, sein Verantwortungsbewusstsein und seine Einsatzbereitschaft hervor. Für Rolf Lüchinger sei der Feuerwehrdienst sowohl Hobby als auch Herausforderung gewesen – und Befriedigung, wenn sich im Ernstfall zeigte, wie viel der Dienst in der Feuerwehr der Allgemeinheit nützt.Man darf nicht die Gesichter sehen – nur den EinsatzDabei wird man allerdings auch mit Bildern konfrontiert, die man nur schwer verkraftet. Besonders weil die Feuerwehr Oberriet Strassenrettungsstützpunkt ist und auch ausrückt, um tödlich Verunglückte zu ber- gen. «Man darf sich dann nicht auf die Gesichter fokussieren, sondern muss sich auf den Einsatz konzentrieren», sagt Pius Graber. Und nicht zuletzt sei es wichtig, mit den Kameraden über den Einsatz zu sprechen, ihn miteinander zu verarbeiten. Kameradschaft bedeutet in der Feuerwehr mehr als Geselligkeit! Auch deswegen wurde bei der letzten Erweiterung der Mannschaftsraum im Depot Oberriet ausgebaut, sagt Roman Ammann.Was für alle gilt, die Feuerwehrdienst leisten, gilt für Leute wie Pius Graber und Rolf Lüchinger, die eine dermassen lange Zeit im Sold der Feuerwehr stehen, besonders: Sie investieren viel Freizeit dafür. Deshalb sei es wichtig, dass der Dienst mit Freude geleistet werde und man dabei nicht einfach nur «funktioniere», betont Hugo Langenegger. Und nicht zuletzt müsse das private Umfeld stimmen: Ohne das Verständnis der Familie sei ein solches Engagement über so viele Jahre nicht möglich.Umgekehrt bedeutet dies, dass Pius Graber und Rolf Lüchinger nun wesentlich mehr Zeit haben werden als bisher. Langweilig werde es ihnen aber nicht, beteuern beide. Lüchinger hält Schafe und Pferde. Vor allem den Pferden will er sich nun mehr widmen und mit ihnen auch Holz rücken.Lesen statt löschenGraber wiederum findet, dass es ganz schön sein wird, abends auch mal daheimbleiben zu dürfen und nicht mehr an Sitzun- gen zu müssen. Ausserdem gebe es um sein Haus immer etwas zu tun. Auf die Zeit mit sei- nen Grosskindern freut er sich ebenfalls. Ausserdem hat er von der Feuerschutzkommission ein Bänkli geschenkt bekommen. Darauf wird er sich vielleicht setzen, sobald es wieder wärmer wird, um zu lesen. Er lese nämlich viel, sagt Graber, heute schon sicher ein Buch pro Woche. «Künftig werden es vielleicht zwei pro Woche sein.»