11.06.2019

«Man könnte auch mal was weglassen»

Kantonsrat. Wahlkampf ist für sie Mannschaftssport. Man müsse aber nicht gewählt werden, um etwas bewirken zu können, ist Carmen Bruss überzeugt. Gestern ist die Diepoldsauer SVP-Politikerin für Marcel Dietsche im Rat nachgerückt.

Von Interview: Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Längst nicht jeder, der sich einmal auf eine Wahlliste hat setzen lassen, schafft es in den Kantonsrat. Haben Sie damit gerechnet, nun, mehr als drei Jahre nach den letzten Wahlen, doch noch im Rat Platz nehmen zu können? Nicht wirklich. Wobei ich damals bereits ohne grosse Erwartungen zu den Wahlen angetreten bin. Ich sah mich als Listenfüller, der vielleicht den Spitzenkandidaten zur einen oder anderen zusätzlichen Listenstimme verhilft. Es war für mich so etwas wie Mannschaftssport. Ich bin zudem nach wie vor überzeugt, dass man auch ohne Mandat politisch etwas bewirken kann. Und doch sind Sie jetzt hier. Wie haben Sie sich heute Morgen gefühlt, als Sie aus dem Haus gingen, um nach St. Gallen zu fahren? Es war schon ein spezieller Moment. Mir wurde bewusst, welche Umstellung das Amt für mich bedeutet. Bisher war ich frei, kümmerte mich um Pferde und Haushalt und dazwischen, wann immer ich wollte, um meine politischen Anliegen. Nun werde ich viel mehr Zeit am Stück für die Politik aufbringen. So lange zu sitzen ist für mich ungewohnt.Auf die Session hin haben Sie zur Vorbereitung viel Papier bekommen. Wie viel davon haben Sie gelesen? Schon der kurzen Zeit wegen längst nicht alles. Angesichts des Stapels ging mir durch den Kopf: Hoffentlich verliere ich nicht jene Themen aus den Augen, die mir wirklich wichtig sind. Ich werde Prioritäten setzen müssen. Aber ich denke, so geht es jedem im Rat – jeder hat seine Spezialgebiete.Sie sind auch sonst sehr aktiv, sammeln Unterschriften wie kaum ein zweiter politisch Interessierter. Stecken Sie dort nun etwas zurück? Nein. Wenn ich mich in etwas verbeisse, dann hat das Vorrang.Wofür sammeln Sie aktuell Unterschriften? Dafür, dass man selbst übernommene Krankheitskosten in der Steuerabklärung voll abziehen darf, ohne weiteren Selbstbehalt. Mit den Krankenkassenprämien, der Franchise und dem Selbstbehalt, den einem die Krankenkasse bereits auferlegt, wird man schon genug zur Kasse gebeten. Es geht mir dabei auch um Gerechtigkeit: Wer arbeitet und Steuern zahlt, soll nicht schlechter gestellt sein als Leute, die nicht arbeiten und alles bezahlt bekommen.An der Hauptversammlung der SVP Rheintal im April haben Sie gegen die Parteileitung aufbegehrt und gefordert, dass das Klima auch für die SVP ein Thema sein müsse – weil es die Bevölkerung beschäftige. Morgen steht eine Klimadebatte an: Welche Position werden Sie vertreten? Ich werde weiterhin dazu stehen. Die Umwelt ist mir wichtig.Das werden SP und Grüne erfreut zur Kenntnis nehmen. Manche ihrer Anliegen sind auch meine. Der Unterschied liegt in der Art und Weise, die Probleme zu lösen. Wenn einfach versucht wird, noch mehr Geld vom Büezer zu holen, um dieses und jenes zu finanzieren, habe ich damit meine Mühe.Wofür wollen Sie sich im Kantonsrat einsetzen? Dafür, dass dem Bürger so viele Freiheiten wie möglich gelassen werden.Macht man im Kantonsrat nicht das Gegenteil? Jedes neue Gesetz, jede neue Regelung schränkt doch ein? Man könnte vielleicht auch einmal etwas weglassen. Oder wenigstens die Bürokratie vereinfachen.Hinweis: Mehr zu Carmen Bruss’ politischer Aktivität auf der Homepage der von ihr ins Leben gerufenen Interessengemeinschaft www.patriotenschweiz.ch.

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