28.08.2018

«Littering, das töten kann»

Der Landwirt Peter Kuster staunte nicht schlecht, als er in einem Ballon auf seiner Wiese eine Leuchtdiode (LED) und drei Batterien fand. «So könnte Quecksilber in die Kühe gelangen», sagt Kuster.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerDer Diepoldsauer Landwirt schüttelt den Kopf, als er seinen Fund inspiziert. Er betrachtet die Reste der weissen, zerrissenen Ballonhülle. Blendend weisses Licht geht von einem Ding aus, das man von weiter weg als fette Made deuten könnte. Bei genauerer Betrachtung ist ein kleiner, transparenter Kunststoffzylinder zu sehen, darin drei kleine Knopfzellen. Umweltschützer warnen vor LuftballonsDen Kopf dieser «Made» bildet einen Leuchtdiode. «Das Licht wird noch ein paar Tage zu sehen sein», sagt Peter Kuster. Obwohl Umweltschützer die Luftballons als Gefahrenquelle für Tiere erkennen, ist der Tratthof-Bauer nicht generell gegen Ballons. In einschlägigen Fachschriften werden Luftballons sogar als «indirektes Littering, das töten kann», bezeichnet. Untermalt wird die Aussage mit Bildern von Tieren, die wegen Luftballons verendet sind. Schon ein paarmal hat der Bauer Karten zurückgeschickt, die er, befestigt an Ballonen, fand. Das mit den LEDs und den Batterien aber geht Peter Kuster doch zu weit. Zwei dieser zerplatzten Flugobjekte hat er in der Nähe seines Hofes gefunden. «An einem war nichts mehr befestigt, das Lämpchen mit den Batterien ist Gott weiss wo gelandet», sagt der Landwirt. Gegenstände bleiben im Magen liegenEr sorgt sich um die Gesundheit seiner Kühe. Denn wenn diese die leuchtenden «Maden» zerkauen, landen die Batterien ungeschützt im Magen der Tiere. «Gegenstände wie Nägel, Scherben oder eben Batterien bleiben im Magen der Kuh liegen, sie werden nicht auf natürlichem Weg ausgeschieden», sagt Peter Kuster. Solange man die speziellen Flugkörper in der Wiese erkennt, kann man sie entsorgen. Gehen aber Leuchtballons in einem Maisfeld nieder, gelangen die Batterien und Leuchtdioden unweigerlich in Silierballen und damit ins Viehfutter.Böse auf die Leute, die an Hochzeiten oder anderen Festen elektrische Leuchtballons fliegen lassen, ist Kuster nicht. «Meist steckt Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit dahinter», sagt der Landwirt. Darum sei es wichtig, die Bevölkerung über mögliche Gefahren aufzuklären. Von denen gibt es auch ohne die LED-Ballone schon genug.Norbert Dawidowsky ist Leiter Chemie und Sicherheit sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei der Firma Batrec Industrie AG, einem weltweit tätigen Recyclingunternehmen mit Sitz in Wimmis (BE). Der Chemiker ist überzeugt: von den Knopfzellen gehen gesundheitliche Gefahren aus, wenn sie in den Organismus von Tieren gelangen. Hierbei spiele es keine Rolle, ob die kleinen flachen Batterien Quecksilber oder Lithium enthalten.Batterien können Quecksilber enthalten«Unsere LED-Ballone eignen sich gut als Hochzeitsballone, bei Geburtstagen, Taufen, Verlobungen, Valentinstagen und so weiter und können problemlos mit Luft oder Helium gefüllt werden», wirbt ein Anbieter der speziellen Flugobjekte. Bei einem weiteren Verkäufer solcher Leuchtballons ist zu lesen: «Da die Luftballons eine Batterie enthalten, sollten Sie diese nicht für einen Ballonflug, etc. verwenden.» Eine Zeile weiter heisst es, man könne die Ballons mit Luft oder Helium füllen. Eigentlich ist in der Schweiz Quecksilber in Batterien verboten. Ein minimaler Anteil Quecksilberoxid aber ist nach wie vor erlaubt. Selbst Knopfzellen, die kein Quecksilber enthalten, sind gemäss Fachliteratur gefährlich, wenn sie in einem tierischen oder menschlichen Organismus landen. Bei Lithium-Knopfzellen ist der Elektrolyt, nicht das Lithium gesundheitsschädlich. Obwohl die Knopfzellen einen Stahl- oder Eisenmantel haben, hält die Ummantelung nicht ewig. Vor allem nicht, wenn Magensäure ins Spiel kommt. Verschiedene Organisationen warnen generell vor Luftballons, ganz zu schweigen vor denen mit Akkus. (kla)

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