01.02.2019

Lieder, die sich in die Ohren bohren

Bilderbuch-Verleger Jürg Loser macht jetzt auch Musik. Zwei erste Lieder sind online, «Kräbele» ist in den ersten fünf Tagen schon über tausend Mal angeklickt worden.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererWer Schlager nicht mag, sollte die Finger von der Computermaus lassen, wenn er den Song auf Youtube vor sich auf dem Bildschirm hat. Es könnte ihm sonst gleich ergehen wie Patrick Steiger, dem Altstätter Künstler, der für die Buchreihe «Türli und Flidari» die Bilder macht.Jürg Loser hatte ihm das Lied im Atelier ein einziges Mal vorgespielt. Nach einem Monat meinte Steiger zum Verleger, nun sei es ihm tatsächlich passiert, dass er «Kräbele» plötzlich im Garten vor sich hingesummt habe. Ob einem das Stück gefällt oder nicht: Es bleibt hängen.Zwei nächste Lieder schon gemeldetVon verschiedener Seite ist Jürg Loser zu seinem «Ohrwurm» gratuliert worden. In Clubs, Bars und Skihütten werden «Kräbele» und «Chum Häla Häla» bereits gespielt. Nun hofft der in Altstätten lebende Montlinger, dass die Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz das Lied verwenden.Bei der Verwertungsgesellschaft Suisa, die für Komponisten, Texter und Verleger von Musikwerken die Nutzungsrechte vertritt, hat Jürg Loser schon vier Lieder angemeldet – also auch schon jene Songs, die er im Frühling oder im Sommer erscheinen lässt. Mit dem vierten nimmt er Abschied von der Schlagerwelt, indem er zu Rock/Pop in englischer Sprache wechselt.Als die Lieder erst in der Rohfassung vorlagen, hätten Musikerkollegen und DJs bereits Interesse gezeigt, sagt Loser. Im Tonstudio des Rheintalers Johannes Eberhard in Winterthur habe er sie deshalb abgemischt und endbearbeitet. Bei «Kräbele» ist Bruder Andi an der Handorgel zu hören, alles andere macht Jürg Loser selbst: Er singt und spielt die Instrumente.Früher bei Bands Saiten gezupftDass der Bilderbuch-Verleger nun auch Lieder veröffentlicht, hat zwar selbst in seinem Bekanntenkreis teilweise Verwunderung ausgelöst. Doch Jürg Loser hat einen starken musikalischen Hintergrund. Bis 1998 war er zehn Jahre lang Gitarrist der damaligen Band The Session Brothers, danach wirkte er je drei Jahre als Bassist bei der Hilarious Blues und Funk Band sowie in der Pipeline Blues Band.Gesungen hat Jürg Loser früher ein einziges Mal – an einem Bernecker Badifest. Als ihm vom Wind der Text davongetragen wurde, fasste er den Entschluss, aufs Singen künftig besser zu verzichten. Es blieb dabei.Das Label heisst Flidari MusicErstaunen löst ausserdem aus, dass Jürg Loser sein Label Flidari Music getauft hat. Es bestehe kein Zusammenhang mit dem Türli-Verlag und dessen Bilderbuchreihe «Türli und Flidari». Unter Flidari sei kein Name zu verstehen, sondern ein Typ, der vor Lebensfreude strotzt und dabei vergisst, sich Sorgen zu machen, lautet Losers Erklärung. Ob er selbst ein Flidari ist? Das fragten viele, sagt er und ergänzt: «Nei, aber i schaff dra.»Warum kommen die Lieder gerade jetzt? Die Grundidee für zwei Titel habe er schon lange mit sich herumgetragen, sagt Loser, ne­ben «Kräbele» eben auch «Chum Häla Häla». So rufen Bauern die Kühe und Rinder.Als Loser eines Tages mit Kollegen in der «Habsburg» sass, fing jemand von einem berühmten Musiker zu reden an. Dieser Musiker soll einst mit Bezug auf Bob Dylan gemeint haben, was der punkto Gesang könne, das könne er auch – und tatsächlich sei er zum Weltstar geworden.Keineswegs von der Idee inspiriert, selbst ein Star zu werden, aber zur Auffassung ermuntert, Ideen am besten gleich ohne Scheu umzusetzen, nahm Jürg Loser daheim ein Blatt Papier zur Hand und schrieb in einer Stunde seine beiden ersten Songs, die nun in rund 250 MP3-Download-Shops erhältlich sind.Alles sehr unkompliziertJürg Loser sah schnell bestätigt, dass seit seiner Zeit als aktives Bandmitglied eine enorme Entwicklung stattgefunden hat. Ein eigenes Musiklabel mir nichts, dir nichts im Büro zu gründen und Songs auf den Markt zu bringen, notabene samt eigenem Videoclip, sei angesichts des Internets und der technischen Möglichkeiten heute verblüffend unkompliziert. Dass die Kamera in dem Videoclip einigen Frauenkörpern entlang langsam nach oben gleitet, dürfte aber nicht einhelliges Wohlwollen bewirken.Jürg Loser versteht seinen musikalischen Vorstoss vor allem als Spassprojekt. Ob allenfalls mehr daraus wird? Die unbestreitbare Ohrwurmqualität der ersten Songs schliesst es nicht aus.

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