13.06.2019

Lieber im Training als im Ausgang

Am Samstag endet die Fussballsaison. Für Altstättens Trainer Adrian Brunner ist das Spiel in Weesen ein Abschluss. Er macht eine Fussballpause – und kann auf eine erfolgreiche Zeit zurückblicken.

Von Beni Bruggmann
aktualisiert am 03.11.2022
Beni Bruggmann«Ich schätze den Menschen Adi Brunner sehr», sagt Altstättens Präsident Bruno Ritter. «Er weiss, was das Team will, und er schafft Zusammenhalt», sagt Captain Ramon Gächter. «Ich bewundere seine kurzen, prägnanten Ansprachen», sagt Giuseppe Castrovinci, der lange Assistenztrainer war. In Altstätten nimmt einer Abschied, den man sehr geschätzt hat.«Er kann gut kommunizieren, und er bringt immer wieder originelle Ideen», sagte im Jahr 2013 Widnaus Trainer Misko Rankovic über seinen langjährigen Co-Trainer. Adi Brunner war in Widnau sieben Jahre Spieler und fünf Jahre Assistent. Das war Brunners Lehrzeit. Darauf fol­-gen vier Jahre in Altstätten, die man die Brunner-Ära nennen muss. Da hat einer menschlich neue Massstäbe gesetzt und sportlich überzeugt. Jetzt verlässt er «seinen» FCA, weil der Verstand stärker ist als das Herz.Mit hohem Anspruch ist er in seine Trainerkarriere gestartet: «Ich wollte meine Spieler mit gradliniger Führung und qualitativ gutem Training dazu bringen, dass sie lieber ins Training kommen als in den Ausgang zu gehen.» Wer weiss, wie sehr gerade Fussballer den Ausgang lieben, wird das als unerreichbar bezeichnen. Brunner ist seinem Ziel sehr nahe gekommen, weil er auf dem Platz mit Fachwissen und Engagement ein gutes Team gebildet hat, und weil er neben dem Platz liebevoll für seine Fussballer gesorgt hat. Beispiele gibt es mehrere.Die Kabine wurde in Teamarbeit zur StubeKabine und Sitzungszimmer auf der Gesa wurden in Teamarbeit zu einem heimeligen Ort. Ein Rasenteppich bildet den Boden. Es gibt bequeme Sitzgelegenheiten. Jeder Spieler hat seinen eigenen Kasten für die Sportkleider, die regelmässig gewaschen werden. Playstation und TV-Apparat gehören ebenso zur Ausstattung wie die Kaffeemaschine. Wer zwischen Arbeitsschluss und Trainingsbeginn nicht nach Hause gehen kann, überbrückt hier die Zeit.An Auffahrt hat er seine Spieler am Morgen zum Training aufgeboten. Aber statt sich selber zu bewegen, verfolgte das komplette FCA-Team die Leichtathleten beim Gesa-Cup. Und natürlich feuerten die Fussballer Riccarda Dietsche, die als Sprinterin in der Schweiz zu den Besten gehört, besonders an. Sie ist die Schwester von Torhüter Andrin Dietsche. Dass Auffahrt auf diese Weise für die Spieler zu einem gemütlichen Tag wurde, ist klar, ganz nach des Trainers Motto: «Festen und feiern im Team und im Tenü.»«Es gibt bei uns keine Bussen», sagt Brunner, «und es sind immer 16 oder mehr Spieler im Training.» Auch er ist (fast) immer dort, obwohl er einen besonders weiten Weg auf die Gesa hat. Er wohnt zwar in Kriessern, aber er arbeitet in Sirnach. «Da ist es nicht leicht, rechtzeitig anzukommen. Der Verkehr in St. Gallen rollt nicht immer.» Zweimal, sagt er, habe er es in diesem Jahr nicht geschafft: «Daniel Vogt, mein Vertreter im Notfall, war zur Stelle.»Am Gesa-Cup feuerten die FCA-Spieler die Athleten anAdi Brunner wird in ein paar Tagen 40-jährig. Er hat eine Lehre als Elektromonteur gemacht, später am NTB in Buchs Systemtechnik studiert und dann in verschiedenen Firmen gearbeitet, von 2000 bis 2004 in der Firma Rey Automation in Sirnach, die weltweit tätig ist. Und dort ist er – nach einem Umweg über weitere Firmen – heute wieder engagiert, als Stellvertreter des Chefs, als COO, weil der Seniorchef zu seinem Sohn gesagt hat: «Hol den Adi zurück!» Wenn Brunner vom Beruf erzählt, spürt man: Da ist einer nicht nur vom Fussball begeistert.Wenn der Papi vom Geschäft heimkommt, rasch etwas isst und dann ins Training fährt, sind in Kriessern nicht alle glücklich. Sohn Colin (10) kommt liebend gerne mit auf den Fussballplatz, aber die siebenjährige Mayleen steht dann an der Tür und fragt: «Papi, musst du gehen?» Und Papi weiss, dass er eigentlich nicht gehen muss. Anfang dieses Jahres ist der Entscheid gefallen: Ich höre auf.Sein Herz sagt: Es ist zu früh. Du hast noch Ideen. Tatsache ist: Im Team herrscht eine sehr gute Stimmung. Und im Verein auch. Aber der Verstand sagt: Jetzt ist der richtige Moment. Mayleen und Mami Tanja dürfen sich freuen. Und wenn Mayleen dann grösser ist, wird in Altstätten einer sagen: «Hol den Adi zurück!»

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