04.02.2022

Leuchtturm für Appenzeller Wein

Rolf und Jens Junkert bauen in Wienacht ein modernes Weingut, das hinsichtlich Nachhaltigkeit vorbildlich sein soll.

Von Karin Erni
aktualisiert am 02.11.2022
Das Appenzeller Vorderland mit seinen steilen Sandsteinflanken und den vielen Föhntagen war während Jahrhunderten ein Weinanbaugebiet. Doch um 1900 verursachte die eingeschleppte Reblaus grossen Schaden – in der Folge wurden viele Rebberge aufgegeben. Einige davon werden heute wieder erfolgreich genutzt. Die Rebfläche in Ausserrhoden beträgt aktuell knapp fünf Hektar, die Tendenz ist steigend.Neu steigt Jens Junkert mit seinem Vater Rolf aus Wienacht ins hiesige Weingeschäft ein. Die beiden haben im Unteren Kapf in Wienacht ein Grundstück gekauft, auf dem sie ein modernes Weingut erstellen. «Es wird ein Leuchtturm-Projekt in Bezug auf die Nutzung von selbst erzeugter Energie sein», sagt Rolf Junkert. Der Strom für den Eigenbedarf und weitere drei bis vier Haushalte wird mittels Fotovoltaik auf dem Dach produziert. Eine Wärmepumpe heizt die Räume und erzeugt das gebrauchte Heisswasser. Das Regenwasser wird in einem Tank gesammelt und zur Reinigung von Geräten sowie für die Spülung der Toiletten verwendet.Mit dieser Technik wird das Gebäude komplett unabhängig von Energie aus fossilen Brennstoffen, was die beiden freut. Sie haben zur Realisierung des Vorhabens die Firma WeinWerk Wienacht AG gegründet. Die offizielle Eröffnung des Betriebs ist auf Mai 2023 geplant.Sandsteinfelsen perfekt für einen WeinkellerDas Betriebsgebäude, für das derzeit der Aushub erfolgt, wird dreigeschossig. Der Bau soll optimal an die Arbeitsabläufe angepasst werden. Die beiden unteren Stockwerke werden in Massivbauweise erstellt. Zuunterst erfolgt die Anlieferung der Trauben – hier soll bereits in diesem Herbst der erste eigene Wein gekeltert werden. Ein Kühlraum ermöglicht, das Traubengut vor der Verarbeitung zu kühlen oder gar einzutrocknen und somit zu konzentrieren. In den Tiefen des jahrtausendealten Sandsteinfelsens finden die Weine später einen natürlich klimatisierten Lagerraum.Im ersten Stock kommen Weintanks und Holzfässer zur Reifung der unterschiedlichen Weine zu stehen. Auf der obersten Etage wird der Wohnteil in Holzelementbauweise erstellt. Die Aussicht ins Rheintal und über den Bodensee ist von hier oben prächtig.«Nach langer, intensiver Suche haben wir im Vorderland kein geeignetes Gewerbebauland gefunden. Dann kamen wir auf dieses Grundstück am Unteren Kapf», erklärt Rolf Junkert. Für die Weinproduktion zuständig sein wird Jens Junkert. Er hat nach der Matura in Trogen die Fachhochschule für Önologie im waadtländischen Changins absolviert und auf Weingütern in Neuseeland, Österreich und Frankreich Erfahrung gesammelt. Dann war er mehrere Jahre in zwei Betrieben in der Ostschweiz tätig. Als Önologe hat er diverse Preise gewonnen.Seit Anfang dieses Jahres ist Jens Junkert Pächter zweier Rebberge, die der Ortsgemeinde St. Margrethen gehören. Die Reben befinden sich zum grösseren Teil im Ortsteil Romenschwanden und unterhalb der Burgruine Grimmenstein. Jens Junkert plant, die Rebanlagen zu modernisieren und kontinuierlich mit innovativen Sorten neu zu bestocken. Diese sollen im hiesigen Klima mit stark reduziertem Pflanzenschutz qualitativ gute Erträge erzielen.Nebst den Trauben aus dem St. Gallischen sollen im neuen Weingut auch bald eigene Trauben aus dem Appenzeller Vorderland verarbeitet werden. Auch dabei handelt es sich um neue, resistente Sorten, die einen naturnahen Weinbau ermöglichen. Mehr über ihr ungewöhnliches Projekt wollen sich die beiden Ausserrhoder Weinbauakteure im Moment noch nicht entlocken lassen.Was sind Piwi-Sorten?Im Weinbau werden erhebliche Mengen an Pflanzenschutzmitteln gegen Mehltaupilze ausgebracht, um einen möglichen Befall zu unterbinden und die Ernte zu sichern. Laut Analysen des statistischen Amtes der EU ist der Pflanzenschutzmitteleinsatz im Weinbau mit Abstand der grösste im Vergleich zu allen anderen landwirtschaftlichen Produkten.Piwi-Reben weisen ei­ne hohe Widerstandsfähigkeit gegen Pilzkrankheiten auf und ermöglichen eine deutliche Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Die neuen Sorten entstehen durch Züchtung und Selektion. Gentechnische Methoden sind ausgeschlossen.

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