08.12.2018

Leserbriefe: Schreiben nach Gehör und Amnesty-Erfolge

«Betreff: Schreiben nach Gehör abschaffen», Ausgabe vom 29. November <br/>Vor etwas mehr als einem Jahr informierte eine meiner Teamkolleginnen der Rheintaler Regionalgruppe von Amnesty International Schweiz über die damalige Erfolgsmeldung aus Russland. Mittels Appellbriefen aus der ganzen Welt wie auch durch die über 130 Teilnehmenden an dem von uns angebotenen Briefschreibservice wurden damals russische Behörden zur Freilassung der Menschenrechtsaktivistin Valentina Cherevatenko aufgerufen. Die Mitteilung aus Russland, dass das Verfahren gegen sie eingestellt wurde, kam – mittels eingeschriebenen Brief – bei so manch überraschten Appellbriefeversendern an.

Vier Kantonsräte, alle Lehrer, haben anscheinend die vergiftete Luft aus dem Norden aufgeschnappt und es sogar zustande gebracht, aus allen Fraktionen im Kantonsrat Unterschriften für ihre Interpellation zu erhalten. Bevor aber Verbote gefordert werden, wäre es wünschenswert, zuerst zumindest eine Ahnung davon zu haben, wie es zu einer solchen Forderung gekommen ist.1. Hat jemals jemand anders als nach Gehör geschrieben? Bereits im fünften Schwangerschaftsmonat ist das Gehör so weit entwickelt, dass es Klänge aufnehmen, erinnern und verarbeiten kann. Wer je etwas auf ein Papier schreiben oder in eine Tastatur tippen will, weiss, dass es zuvor im Kopf tönt.2. Ende 1950 wurde die 1933 von Arthur Kern für Gehörlose sehr detailliert erarbeitete «Ganzheitsmethode» für den Erstleseunterricht im Kanton Zürich und weiteren Kantonen übernommen, d. h. optisch werden sogenannte Wortbilder gemäss ihren graphotaktischen Regelungen bearbeitet.3. Folge davon: 1970 brach der sogenannte Legasthenieboom aus. Fürs Lesen reicht es, von einigen optisch hervorstechenden Schriftzeichen die Umsetzung in Laute zu wissen, die genaue verlangte Reihenfolge (Graphotaktik) ist egal.4. Gegensteuer ab den 1980er-Jahren, phonologische Bewusstheit: Du musst ganz genau hinhören, welche Klänge aufeinander folgen.5. Konrad Duden hat 1901 die Grundregeln der deutschen Rechtschreibung festgelegt. Den Schriftsetzern des ausgehenden 19. Jahrhunderts war es verleidet, jedem deutschen Dichter seine eigene Rechtschreibung setzen zu müssen.6. Ab 2012 schalten sich die Linguisten ein. Man beachte die Seiten 479 – 484 in dem von Afra Sturm verantworteten Schweizer Schülerduden von 2015.«Die Kinder haben ein Recht darauf, von Anfang an korrekt unterrichtet zu werden». Das setzt das Wissen der ver- antwortlichen Lehrpersonen voraus.Barbara Müller Gächter, Kapfstrasse 4 b, Balgach Erfolgsmeldungen Amnesty International RheintalBetreffend Idil Eser Direktorin und Taner Kilic, dem Ehrenvorsitzenden von Amnesty International Türkei, sammelte AI weltweit Unterschriften für die Freilassung jener beiden sowie auch wir im letzten Jahr während der Herbststandaktion in Heerbrugg. Idil Eser kam im Frühjahr mit weiteren am selben Menschenrechtsworkshop Beteiligten aus der U-Haft. Sie folgte der Einladung von AI Schweiz und nahm an der GV der Schweizer Sektion teil, wo sie sich dann für das Engagement aller für ihre vorläufige Freilassung bedankte. Bei Taner Kilic dauerte es länger, doch auch er wurde aus der U-Haft entlassen und konnte endlich wieder seine Ehefrau und die Kinder in die Arme nehmen. Freigesprochen wurde er noch nicht, aber zumindest ist er nicht mehr im Gefängnis.Anlässlich des Adventsmarkts Heerbrugg am letzten Samstag konnten wir so auf skeptische Fragen, ob das Appellbriefeschreiben überhaupt was bringe, mit solchen und anderen Erfolgsmeldungen aufwarten. Denn wiederum reagierten russische Behörden auf die Briefe unserer Teilnehmerinnen unseres Briefschreibservices. So bekamen gar einige dereinst einen Brief zugestellt, in dem mitgeteilt wurde, dass man das Anliegen an die entsprechende Stelle weitergeleitet habe.Vor wenigen Wochen erhielten dann wieder einige einen Brief aus Russland. Darin wurde darüber berichtet, dass der junge Whistleblower Aleksandr Eivazov nun wieder auf freiem Fuss sei, lediglich eine Haftstrafe bekam, die bereits mit der U-Haft abgegolten war. Auf der Urgent Action Homepage von Amnesty International Schweiz bedankte sich AI Schweiz bei allen für ihr Engagement in dieser Sache.Solche Mitteilungen freuen natürlich all jene, die sich auf irgendeine Weise dafür einsetzen, dass Menschen, die zum Teil lediglich für die Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungsfreiheit festgenommen oder auch aufgrund von andern fadenscheinigen Festnahmegründen von ihrer Regierung inhaftiert werden.Esther Nufer, Rebstein, Aktivmitglied der AI-Gruppe Rheintal

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