22.07.2021

Leserbriefe: Forstprozession, Hochwasserschutz, Marienburg-Projekt

Das alte VersprechenIn der Zeitung vom Samstag macht sich Chefredaktor Gert Bruderer leicht lustig darüber, dass nur jeder 360. Altstätter an der Forstprozession mitmache. Meine Frau und ich sind ab und zu dabei, wenn im Sommer um 5 Uhr morgens die Prozession stattfindet. Wir beteiligen uns nicht nur, weil wir gläubig sind, sondern auch, weil wir ein Versprechen halten wollen. Vor Hunderten von Jahren haben die Altstätterinnen und Altstätter hoch und heilig versprochen, dass sie diese Prozession zu Maria auf dem Forst unternehmen werden, wenn die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt die Pest überstehen würden. Zu einem Gottesdienst gehört das Läuten einer Kirchenglocke. Jenen Menschen, die wegen der Glocke um 5 Uhr aufwachen, möchte ich sagen, dass sie ruhig weiterschlafen sollen. Denn andere halten für sie das alte Versprechen ein. Jeder und jede der 15 bis 30 Betenden vertritt dabei 360 Altstätterinnen und Altstätter, die im Sinne der Rechtsnachfolge das Versprechen ihrer Ahnen eigentlich auch einhalten sollten. Die Schlafenden mögen sich im Bett erfreuen, dass andere für sie so früh unterwegs sind, das alte Versprechen halten und dafür beten, dass es allen Altstätterinnen und Altstättern auch in Zukunft gut gehe, auch den schlafenden.Christoph Mattle, AltstättenHochwasserschutz im RheintalÜberall in Mitteleuropa führten die Unwetter der vergangenen Wochen zu verheerenden Schäden, vielerorts zu Todesopfern. Das Rheintal wurde zum Glück grösstenteils verschont, aber der fortschreitende Klimawandel lässt die Gefahr einer Hochwasserkatastrophe auch hier immer stärker ansteigen. Neben wirksamen Klimaschutzmassnahmen muss deshalb gerade auch das Rheintal dringend effektive Hochwasserschutzmassnahmen ergreifen – natürlich mit einem Fokus auf den Rhein, wobei aber auch der Binnenkanal und kleinere Gewässer nicht vergessen werden sollten.Wichtig ist vor allem, dass den Gewässern mehr Raum als heute gegeben wird: Wir sollten genügend Flächen als Auengebiete ausscheiden, die im Ernstfall überflutet werden können. Solche Gebiete sind nicht nur als Hochwasserschutz, sondern auch als Biodiversitätsflächen und Naherholungsgebiete äusserst wertvoll. Der Bedarf an solchen Flächen ist gross, die wenigen naturnahen Bereiche am Rhein, z. B. der Alte Rhein in Diepoldsau, werden momentan förmlich überrannt. Es wäre für Mensch und Natur besser, wenn sich der Ansturm etwas verteilen könnte.Die Politik hat den Handlungsbedarf erkannt, scheint sich aber dem Ernst der Lage nicht ganz bewusst zu sein. Das sich in der Entwicklung befindende Rheinregulierungsprojekt Rhesi schreitet zu langsam voran und ist zudem in der momentanen vorgesehenen Variante nicht genügend: Es wurden schlicht zu viele Abstriche gemacht, als dass dieses Generationenwerk seine Hochwasser- und Naturschutzfunktionen vollumfänglich erfüllen könnte. Wir sollten hier nicht der täuschenden, rein finanziellen Argumentation derjenigen folgen, die vor allem von ihren Eigeninteressen getrieben das Projekt ablehnen: Wirksamer Hochwasserschutz kostet zwar, ein Nichtstun kostet jedoch langfristig viel mehr. Zudem würde die anfangs vorgeschlagene Variante mit grösseren Auenflächen auch zu einer höheren Lebensqualität im Rheintal führen. Wir sollten hier ein klares Zeichen für die Zukunft setzen, anstatt uns an Lösungen von gestern festklammern!Thomas Kuster, jglp RheintalMammutprojekt frisst MammutbaumKürzlich bin ich an der Marienburg in Thal vorbeigefahren. Dabei sind mir die hohen Bauvisiere aufgefallen, die weitherum sichtbar in die Parklandschaft der Marienburg gepflanzt worden sind. Zu den Bäumen in der Marienburg gehört ein auch der Mammutbaum, der mit über 40 Metern Höhe der höchste Mammutbaum in der Schweiz ist. Er wurde als Geschenk der Königin Viktoria von England vor über 150 Jahren gepflanzt. Die Bauvisiere für das Überbauungsprojekt der Marienburg stehen derart nahe bei diesem Mammutbaum, dass er die Bautätigkeit wohl kaum überleben wird. Die verantwortlichen Leute dieses Bauprojektes und die Leute, die solche Projekte bewilligen zulasten der historischen Parklandschaft in der Marienburg mit europäischer Bedeutung, möchte ich mit einem Zitat von Max Frisch fragen: «Was bedrückt Sie mehr: ein Profit, der nach moralischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen ist, oder der Verzicht auf solchen Profit?»Diego Crescenti, Rheineck

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.