27.09.2022

Laura entpuppte sich als Polizist

Ein 45-Jähriger hat eine vermeintlich 14-Jährige beim Chatten mit pornografischen Sätzen eingedeckt, was ihn teuer zu stehen kommt. Zu verantworten hatte er sich vor dem Kreisgericht Rheintal in Altstätten.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Der Einzelrichter hat den ledigen und kinderlosen Mann, der seit über einem Jahrzehnt in einer festen Partnerschaft lebt, mit einem lebenslänglichen Verbot belegt: Der in der Gastronomie tätige Mann darf keiner beruflichen und keiner organisierten ausserberuflichen Tätigkeit nachgehen, mit der ein regelmässiger Kontakt zu Minderjährigen verbunden ist. Dass er dem Richter versicherte, abgesehen vom drei Jahre zurückliegenden Vorfall nie etwas Vergleichbares getan zu haben, weder davor noch danach, nützte ihm nichts. Der Schuldspruch betrifft zwei sogenannte Katalogdelikte (versuchte sexuelle Handlungen mit einem Kind und Pornografie), die zwingend das erwähnte lebenslange Verbot zur Folge haben.«Wenn hesch’s dir ‘s letschtmol gmacht?»Unter dem Pseudonym «Silas» betrat der im oberen Rheintal lebende Mann an einem Freitagnachmittag im Juni 2019 den Chatraum einer Internetplattform. Hier wandte er sich an «Laura_14_zh». Der damals 42-Jährige gab sich als 16-Jähriger aus und liess sich von «Laura» gleich zu Beginn ihr Alter von 14 Jahren bestätigen. Sodann lenkte er die Unterhaltung mit der Einstiegsfrage «Hesch Luscht uf en heisse Chat?» ohne Umschweife auf sexuelle Themen.Die Anklageschrift listet dreissig Aussagen auf, die der Einzelrichter dem Angeklagten lückenlos vorlas. Dieser hatte sich unter anderem mit diesen Sätzen an seine Chatpartnerin gewandt: «Uf was stohsch denn so bim Sex? (…) Wenn hesch’s dir denn ‘s letschtmol gmacht? (…) Wirsch du amel fescht nass? I lieb’s, wenn was uselauft (…) I ha min i dä Hand, er isch mega härt. Fang a, Baby» – und so weiter.Während der ganzen Chat-Konversation ging der Beschuldigte davon aus, dass es sich bei «Laura» um ein 14-jähriges Mädchen handelte. Die Staatsanwaltschaft folgerte in ihrer Anklageschrift: «Durch seine Handlungen, welche einzig der Befriedigung seiner sexuellen Gelüste dienten, wollte der Beschuldigte ein 14-jähriges Mädchen in sexuelle Handlungen einbeziehen.» Es sei ihm bewusst gewesen, dass sexuelle Handlungen mit einer weniger als 16 Jahre alten Person strafbar sind.«Ich hatte es nicht auf ein Kind abgesehen»«Laura» war – in gewisser Weise zu des Täters Glück – ein Beamter der Kantonspolizei Zürich, der eine verdeckte Überwachung durchführte. Glück insofern, als der elektronische Kontakt sexuellen Inhalts mit einer 14-Jährigen also nicht wirklich stattfand. Wären es nicht «nur» versuchte sexuelle Handlungen mit einem Kind gewesen, hätte dem Mann bei einer Überführung eine deutlich höhere Strafe geblüht als die auferlegte bedingte Geldstrafe von 19500 Franken (bei einer Probezeit von zwei Jahren) und die zu bezahlende Busse von 3000 Franken, mit der die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit unterstrichen werden soll. Hinzu kommen die vom Täter zu tragenden Untersuchungskosten von total 3185 Franken.Der Angeklagte, der ohne Verteidiger vor dem Richter erschien, bewertete seine Tat als einen «Riesenscheiss», mit dessen Folgen er nun leben müsse, den er aber nie mehr machen werde. Er habe «nünt studiert» und es nicht auf ein Kind abgesehen gehabt. Hätte die Jugendliche gesagt, sie sei 18, hätte er «nicht aufs Chatten mit ihr verzichtet, weil sie kein Kind gewesen wäre», meinte er. Aus Langeweile habe er gehandelt, «I würd’s gern rückgängig mache», es tue ihm «wahnsinnig leid». Er sagte auch, aufs Alter der Chatteilnehmenden sei sowieso kein Verlass.Wieso er dann nach dem Alter gefragt habe, fragte der Richter. Die Antwort: «Weiss au nöd.» Und weshalb hat er den Chat nicht gleich am Anfang abgebrochen? «Nichts studiert, habe einfach gechattet.»Dass er sich als 16-Jähriger ausgegeben hatte, begründete er dem Richter so: «Mit einem dreissig Jahre Älteren hätte sie sich wohl nicht abgegeben.» Angeschrieben habe er nicht nur «Laura», sondern mehrere Chatteilnehmende, nach dem Motto: Mal sehen, wer antwortet.Im Alltag hat der Mann nicht mit Kindern zu tunDie Frage des Richters, ob er im Verlauf der Konversation sexuell erregt gewesen sei, beantwortete der Angeklagte kurz und bündig mit Nein. «Us Gwunder» habe er gehandelt – und nicht, um sich während des Chats zu befriedigen, behauptete er. Zu jungen Mädchen fühle er sich «absolut nicht» hingezogen. So sei bei ihm zu Hause denn auch nichts Belastendes gefunden worden.Mit Minderjährigen hat der Mann weder beruflich noch in seiner Freizeit regelmässig zu tun. In einem Verein ist er nicht engagiert. Das lebenslange Verbot bedeutet beispielsweise, dass er keine Lernenden betreuen dürfte, sollte dies ein Thema sein. Bei einem Verstoss gegen das Verbot drohte ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

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