19.10.2020

Kunden akzeptieren Maskenpflicht

Die Menschen tragen Masken, obwohl nicht alle überzeugt sind. Das zeigen Reaktionen in Läden und Gastronomie.

Von vdl/hb
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist Montagmorgen. Seit ein paar Stunden stellt sich nicht mehr die Frage, ob jemand beim Einkaufen eine Maske tragen möchte oder nicht. Es ist Pflicht. Am Sonntagmittag hat der Bundesrat eine entsprechende Verordnung erlassen. Wir haben uns umgehört, ob es funktioniert, die neue Regelung derart kurzfristig umzusetzen.  Mehrere Passanten gehen durch den Schmidheiny-Park in Heerbrugg. Ein junger Mann ist auf dem Weg zum Fitnessstudio. Er bedeckt gerade Mund und Nase mit einer Hygienemaske, findet es gut, dass «endlich» eine einheitliche Regel gilt. In Vorarlberg gelte sie ja auch längst. Dort gehen schliesslich auch viele Schweizer einkaufen. «Die Zahl der Ansteckungen steigt, und wir müssen uns im öffentlichen Raum gut schützen», sagt er. Das gehe nur, wenn alle am gleichen Strick  zögen. In der Poststelle ergibt ein Augenschein: Alle Kundinnen und Kunden tragen bereits eine Maske beim Eintreten oder holen es nach. Ebenso im Bahnhofsgebäude. Ohne Ausnahme trägt hier jeder eine Maske und wahrt gleichzeitig den Sicherheitsabstand in der Warteschlange. Saskia Sterr ist Verkäuferin im Avec Shop. «Für mich ist es nicht relevant, dass nun jeder eine Maske trägt. Ich stehe hinter der Plexiglasscheibe», sagt die junge Frau.Kunden fühlten sich auch vorher sicher«Ich bin angenehm überrascht, dass die meisten Kundinnen und Kunden von Anfang an gewusst haben, dass sie den Schalterraum nur mit Maske betreten dürfen», sagt René Federer, Niederlassungsleiter der St. Galler Kantonalbank, Heerbrugg. Sowohl die Angestellten als auch die Kunden fühlten sich vorher bereits sicher. «Wir haben genug Platz und den Abstand immer gewährleistet. Ausserdem sind  Trennscheiben zwischen Beratern und Kunden errichtet.» René Federer erachtet dennoch die allgemeine Maskenpflicht als richtig. Es gibt auch kleinere Niederlassungen als die in Heerbrugg, und die Leute müssen nicht überlegen, wo was gilt. Der Niederlassungsleiter begrüsst es, dass jetzt jene Menschen nicht mehr als Exoten gelten, die eine Maske tragen. «Sie wurden oft komisch angeschaut.» Es sei häufig unausgesprochen die Frage aufgetaucht, ob derjenige infiziert sei oder Panik verbreiten wolle. Bevor die Papeterie und Buchhandlung am Morgen ihre Türen geöffnet hat, ist das Team der Moflar AG zusammengekommen. «Alle haben deutlich gemacht, dass sie sich an die Regel halten werden», sagt Geschäftsleiterin Doris Eschenmoser. «Alle sind dagestanden und haben sich gegenseitig darin  bestärkt, jedem Einzelnen so freundlich, anständig und respektvoll wie üblich gegenüberzutreten», sagt sie. «Es ist schade, dass wir einander nicht mehr wie gewohnt ein Lächeln schenken können.» Doris Eschenmoser beschreibt den persönlichen Kontakt als eine Stärke des Detailhandels. «Wir möchten den Leuten das Gefühl geben, dass sie uns nicht nur als Kunden, sondern auch als Menschen willkommen sind.» Sie hofft, dass der Umsatz wegen der Maskenpflicht nicht einbrechen wird. Dies hätten einige Geschäfte aus dem Kanton Zürich gemeldet.  Karl Schwendener hat sich von der Maskenpflicht nicht abhalten lassen, seine Einkäufe in der Papeterie wie geplant zu erledigen. «Jetzt kann ich meine Masken mit den Musiknoten zeigen», sagt er. Das Schmunzeln verbirgt der frühere Leiter der Musikschule Unterrheintal nicht hinter der Maske. «Wir hoffen, dass es bald vorbei ist», sagt Doris Eschenmoser. Ältere Menschen tun sich schwerIm Marbacher Dorfladen bei Nadja Dintheer herrscht am Montagmorgen erstaunlich wenig Betrieb. «Es ist ziemlich  ruhig – anders als sonst», sagt die Geschäftsführerin. Manche Kunden würden sich nicht so recht mit Maske in die Läden trauen. Besonders ältere Menschen sind gehemmt. Einige haben keine Maske dabei und äussern sich widerwillig: «Müssen wir nun wirklich eine tragen? Ich kaufe doch nur ein Brot.» Nadja Dintheer stellt in solchen Fällen kostenlos Einwegmasken zur Verfügung. Sie greift derzeit auf ihren privaten Vorrat zurück, da am Samstag alle Masken ausverkauft waren, aufgrund der seit Samstag geltenden Maskenpflicht für Gastropersonal.  Doch sie merkt, wie Senioren beim Atmen beeinträchtigt sind und deshalb die Maske oft unterhalb der Nase tragen. Auch Nadja Dintheer ist es unangenehm, die Maske zu tragen. «Ich bin während elf Stunden im Geschäft. Beim Sprechen läuft mir die Brille an.» Bei Tätigkeiten, die sie ohne Kundenkontakt ausführt, legt sie die Maske weg.  Die Umsetzung der Maskenpflicht kam zu schnell, sagen vereinzelte Kunden. Es wird bedauert, auch in Dorfläden eine Maske tragen zu müssen. Besser akzeptiert ist die Abstandsregelung. Oft warten Kunden vor der Tür, bis der gebotene Abstand im Laden eingehalten werden kann.  Im Restaurant Traube in Rebstein setzt sich Inhaberin Maria Mulas nach dem Mittag mit Kaffee und Handy an den Tisch. Ein Chat mit erfahrenen Gastronomen läuft heiss. «Ein Bankett nach dem anderen mit mehr als 15 Personen wird abgesagt, Geburtstagsfeste, Klassentreffen, Vereinsanlässe», liest sie vor. «Es ist fast wie ein zweiter Lockdown.»  In der «Traube» lief es kürzlich erfreulich gut. «Ich brauchte temporär Verstärkung im  Service», sagt Maria Mulas. «Doch ich scheute mich davor, verbindliche Verträge zu unterschreiben.» Nun ist sie froh darüber. Bereits am Samstag gab es erste Absagen, am Montag kamen nur wenig Gäste zum Essen. Beim Eintreten in das Restaurant merkt ein Gast, dass er die Maske vergessen hatte, entschuldigt sich und holt sie im Auto.  «Die Gäste machen mit und halten sich an die Maskenpflicht.» Das erspart dem Personal unangenehme Situationen. «Wir diskutieren nicht, die Weisungen sind klar», sagt Maria Mulas. Es sei gut, habe der Bund gesprochen. Hauptsache man könne weiterhin arbeiten und die Angestellten beschäftigen. «Wenn auch mit weniger Gästen und weniger Umsatz.» Das Take-away-Angebot, das sich bereits im Frühjahr bewährte, wird beibehalten. Die Stoffmaske macht den UnterschiedBis auf drei Personen kamen am Montag bereits alle Gäste mit Maske zum Mittagessen, sagt Irene Neubauer, Geschäftsführerin Hotel Forum Widnau. Sie ist froh, gilt eine generelle Maskenpflicht. «Unser Team arbeitet seit drei Wochen auf frei­williger Basis mit Masken. Das brachte uns bisweilen in Erklärungsnot.» Weil auch ein Hotelbetrieb mit internationalen Gästen geführt wird, sollten sich  die Mitarbeitenden bestmöglich schützen.  Eine Maske zu tragen, empfindet Irene Neubauer als Gewöhnungssache. «Es ist nicht so schlimm.» Das Team trägt schwarze Stoffmasken, um den Spitaleindruck der blauen Einwegmasken zu vermeiden. Die Gäste sollen sich trotz Einschränkungen wohl fühlen. «Wir müssen noch länger mit der Situation leben», sagt Irene Neubauer. Auch sie erwartet Absagen von grösseren Feiern, bleibt aber zuversichtlich. «Das Bedürfnis der Menschen, auswärts essen zu gehen, bleibt.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.