14.02.2021

Künftig den Weg vereint gehen

Die Reformierten von Rheineck und St. Margrethen arbeiten längst eng zusammen. Nun prüfen sie eine Fusion.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Es sind die Zahlen, die die Reformierten in Rheineck und St. Margrethen zum Handeln bewegen. Beide Kirchgemeinden haben inzwischen weniger als 1000 Mitglieder: St. Margrethen hat aktuell 940, Rheineck 685. Das ist zu wenig, um eigenständig zu bleiben.So sieht es auch die Kan­tonalkirche. Sie leistet keinen Finanzausgleich A an Kirchgemeinden, die unter der kritischen Marke liegen. Sie über-nimmt einen Fehlbetrag nur teilweise und nach Massgabe der Aufwendungen für Amortisationen, Zinsbelastungen und den ordentlichen Unterhalt von Immobilien im Verwaltungsvermögen (Finanzausgleich B).Auf das Geld mögen weder Rheineck noch St. Margrethen verzichten. Letztgenannte hatte 2020 statt der budgetierten 610000 nur 564113 Franken Steuereinnahmen. In Rheineck lagen sie mit 480000 Franken über dem Budget von 468000. Die Entwicklung ist aber un­gewiss.Über die Verlobung zweier Nachbarn abstimmenDass es so weit kommen würde, überrascht weder Paul Gerosa, Präsident St. Margrethen, noch Barbara Schenkel, Kuratorin Rheineck. Beide Kirchgemeinden arbeiten längst eng zusammen. Die Liste der gemeinsam durchgeführten Aktivitäten ist beachtlich. Man lernt sich besser kennen und nutzt gegenseitig den jeweiligen Aufwand des Nachbarn für sich mit. «Wir haben jahrelang die Zusammenarbeit im Wissen gesucht, dass irgendwann ein Zusammenschluss auf uns zukommt», sagt Paul Gerosa. «Sind Gemeinsamkeiten erprobt, ist eine Fusion leichter umzusetzen.»Vor einigen Tagen wandten sich beide Kirchenvorsteherschaften (Kivo) mit je einem Brief an ihre Mitglieder. Aus ihnen geht hervor, dass bald die Glocken zur Hochzeit läuten könnten. Zuerst haben die Kirchbürger aber über ihre Verlobung zu befinden. An den Bürgerversammlungen am 28. März wollen sich die Kivo beauftragen lassen, entsprechende Verhandlungen zu führen und einen Vertrag auszuarbeiten. Erst wenn er von beiden Seiten gutgeheissen wird, ist der Weg zur Fusion frei. «Es wäre ideal, könnte sie per 1. Juli 2022 vollzogen werden. Dann beginnt eine neue Amtsperiode», sagt Paul Gerosa. «Das wäre aber sehr sportlich.»Es bleiben zwei Pfarrämter bestehen«Wir hätten in einer vereinigten Kirchgemeinde mehr Gestaltungsspielraum, da nicht mehr jedes Ressort doppelt besetzt werden müsste», sagt Barbara Schenkel. In Rheineck sucht die Kivo seit fast einem Jahr einen Präsidenten oder eine Präsidentin. Ausserdem sind noch zwei weitere Sitze zu besetzen. Die Kuratorin hofft, bis zur Bürgerversammlung Kandidaten gefunden zu haben. Eine vereinigte Gemeinde hätte nur noch eine Vorsteherschaft.Die Präsenz der Pfarrpersonen möchte Paul Gerosa nicht einschränken. Ihm schwebt eine Kirchgemeinde mit zwei Pfarrkreisen vor. An beiden Orten bliebe das Pfarramt bestehen. Rebstein-Marbach handhabt es so. Diese Fusion wurde vor sechs Jahren vollzogen.«Der Vorteil läge bei den Finanzen. Ich rechne zwar kaum mit Einsparungen. Aber wir erhielten mehr Geld aus dem Finanzausgleich», sagt Paul Gerosa. Auch der Steuerfuss bliebe jeweils unverändert bei 28 Prozent, dem Höchstsatz.Die Rheinecker sind aus einem weiteren Grund froh um das gute Einvernehmen. Seit Ende November sind sie ohne eigenen Pfarrer. Das Pfarrehepaar Eva Nörpel-Hopisch und Sven Hopisch aus St. Margrethen führt das Pfarramt aushilfsweise als Pfarrverweser. «Die Gründung einer Pfarrwahlkommission haben wir zurückgestellt, bis das Abstimmungsergebnis vorliegt», sagt Barbara Schenkel.Damit sich möglichst viele Kirchbürger einbringen können, lädt die Rheinecker Kivo zu zwei, je auf fünfzig Teilnehmer begrenzte, Vorversammlungen ein. Barbara Schenkel erwartet, dass auch emotional diskutiert wird. «Eine Fusion löst Verunsicherung aus», sagt sie. «Ängste, die Heimat, Identität und Autonomie zu verlieren.» Hinzukomme das Bestreben der konservativen und liberalen Lager der eigenen Gemeinde, die Veränderung zu nutzen, um sich neu zu positionieren. In der Auseinandersetzung mit St. Margrethen erwarte sie das nicht. «Eine Fusion böte uns die Chance, eine Mitte in der theologischen Ausrichtung zu finden.»Sollten die Bürger Ende März Nein sagen, dürften die Kivo nicht mehr verhandeln. «Das wäre nicht clever», sagt Barbara Schenkel. Details könnten gar nicht diskutiert werden.Versammlungstermine:Beide Kirchgemeinden haben am Sonntag, 28. März, Bürgerversammlungen angesetzt. An denen wird über das Vorgehen bezüglich Zusammenschluss abgestimmt. Rheineck beraumt je eine Vorversammlung am Freitag, 19. März, um 19 Uhr und am Samstag, 20. März, um 9.30 Uhr im Kirchgemeindehaus an. St. Margrethen führt die Vorversammlung am Montag, 22. März, um 19 Uhr in der Kirche durch. Sollte sie ausgebucht sein, führt sie am Dienstag, 23. März, eine weitere durch. Allerorts wird eine Anmeldung vorausgesetzt.

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