29.07.2019

«Kündigungswelle» an der Oberstufe

Eltern der Oberstufe Rheineck sind unzufrieden mit der Art der Führung und haben sich beim Kanton beschwert.

Gert BrudererMehrere ehemalige Lehrerinnen und Lehrer sollen die Ansicht der unzufriedenen Eltern teilen. Zwar äussert sich von ihnen niemand, doch die «Kündigungswelle» im letzten Schuljahr lässt sich als starkes Indiz für Unstimmigkeiten werten. Gegenüber den Eltern sollen scheidende Lehrer gesagt haben, die Kündigung habe nichts mit den Jugendlichen und nichts mit dem Team zu tun.Acht Lehrpersonen hätten die Oberstufe verlassen, zwei von ihnen schon im Februar, klagen die Vertreter jener Eltern, die nun dem Amt für Volksschule geschrieben haben. Ihr Fazit: «Ein Klima von Unsicherheit und Resignation blockiert das Team.»Kritik vor allem am SchulleiterKritik wird vor allem an Schulleiter Gregor Loser geübt, der erst vor einem Jahr die Stelle angetreten hat.Doch auch dem Schulrat wird eine unbefriedigende Arbeit bescheinigt. Dass ein Mitglied der Schulkommission das Verhalten unzufriedener Eltern als «kindisch» gezeichnet und gefordert haben soll, den Ball flach zu halten, stösst den Betroffenen besonders sauer auf.Schulkommissionspräsident Oscar Kaufmann nimmt «zu einzelnen Sitzungsvoten, die auch in der Hitze des Diskussionsgefechts fallen können, keine Stellung». Anliegen von Eltern würden aber «sehr ernst genommen, da besteht in der Schulkommission ein breiter, klarer und von allen Mitgliedern getragener Konsens».Beschwerde bezweckt «Qualitätsverbesserung»Die Kinder der unzufriedenen Eltern stammen aus zwei Klassen. Es sind zum einen die Schülerinnen und Schüler der ab diesem August gemischten zweiten Klasse Sek/Real sowie die Jugendlichen der künftigen dritten Sekundarschulklasse. Eltern dieser dritten Klasse haben sich zuerst an den Kanton gewandt, mit 17 Unterschriften. Angesichts der bescheidenen Klassengrösse (15 Jugendliche) sind somit die Eltern mehrheitlich unzufrieden. Eltern der anderen Klasse beabsichtigten ebenfalls, sich mit einer Beschwerde an den Kanton zu wenden, heisst es.Was sie erreichen möchten? – «Eine Qualitätsverbesserung.» Beanstandet wird vor allem, dass «spärlich und lückenhaft informiert» und «Probleme unter den Teppich gekehrt» würden.  Vorkommnisse würden schöngeredet und bagatellisiert, geschätzte Lehrpersonen verunglimpft, ihre Nachfolger dagegen unverhältnismässig gelobt. Statt den Wegzug einer weiteren Lehrerin bekanntzugeben, sei diese auf der neuen Lehrerliste einfach nicht mehr aufgeführt.Auch losgelöst von jedem Vorwurf lassen sich Probleme orten. Zum Beispiel bekommen die künftigen Drittsekschüler, seit sie in der Oberstufe sind, die fünfte Lehrperson in Mathe: Nachdem die erste Lehrerin schwanger geworden war, kam eine Vertretung für sechs Monate, danach ein Lehrer, der inzwischen kündigte. Der nächste Mathelehrer kündigte auf Ende Schuljahr ebenfalls, so dass die kommende Bezugsperson die fünfte ist.Auch die Ergebnisse von Rheinecks Jugendlichen bei der Kanti-Aufnahmeprüfung sind für die Oberstufe kein Ruhmesblatt: von sechs Prüflingen haben nur zwei bestanden.«Qualifikation wichtiger als Schnellbleiche»Dass Gregor Loser über keine Schulleiterausbildung verfügt, verstärkt die Kritik an ihm. Er selbst hält fest, die Schulkommission habe seine fachliche Qualifikation und seine Berufs- und Führungserfahrung für wertvoller gehalten als eine Schulleiter-Schnellbleiche für Nicht-Fachpersonen, was Schulkommissionspräsident Oscar Kaufmann mit der Aussage bestätigt, Gregor Loser sei «bestens qualifiziert». Sein anfängliches 35-Prozent-Pensum wurde per 1. Januar für den Rest des vergangenen Schuljahres auf 45 Prozent erhöht.Als unbefriedigend werten Eltern zudem, dass sie mit ihrem Begehren, das Schulqualitätskonzept einzusehen, keinen Erfolg gehabt hätten. Ein lokales Qualitätskonzept zu haben, ist für jede Schule Pflicht. Nach Auskunft von Oskar Kaufmann wird das Qualitätskonzept derzeit gemäss den kantonalen Vorgaben neu erarbeitet.«Über Abgänge wurde informiert»Loser und Kaufmann waren zunächst nicht bereit, sich zur Beschwerde durch Eltern gegenüber dieser Zeitung zu äussern, liessen sich aber rasch umstimmen und beantworteten die schriftlich an sie gerichteten Fragen.Im Vordergrund steht jene nach dem «Lehrer-Exodus» im letzten Jahr.Trifft es zu, dass Rheinecks Oberstufe im letzten Schuljahr acht Lehrkräfte verlor, nachdem sieben von ihnen gekündigt hatten? Kaufmann schreibt: Nein. Auf Ende des ersten Semesters hätten zwei Lehrpersonen die Schule verlassen. Vier Lehrpersonen hätten das Arbeitsverhältnis aufgelöst, darunter seien auch natürliche Abgänge. Ein befristeter Arbeitsvertrag sei auf eigenen Wunsch einer Lehrkraft aus familiären Gründen nicht verlängert worden.Nach Kaufmanns Darstellung wurde über die Abgänge informiert. Wegen des Amtsgeheimnisses und zum Schutz der Persönlichkeit hätten aber keine weiteren Umstände bekanntgegeben werden dürfen.Krisenintervention war einbezogenIn ihrer Beschwerde ans Amt für Volksschule listen die Eltern auf, was alles der Schulleiter ihres Erachtens besser hätte machen sollen.Erwähnt ist unter anderem ein damals publik gewordener Polizeieinsatz an der Schule, wobei es um gestohlene Mobiltelefone ging. Die Eltern bemängeln, dass trotz «diverser Polizeieinsätze» eine Information der Eltern ausgeblieben sei. Der Schulleiter verweist darauf, dass es sich bei der polizeilichen Arbeit nicht um Schulisches handle. Loser beruft sich zudem auf den Datenschutz und auf Persönlichkeitsrechte.Die Eltern beanstanden zudem, bestehende Regeln wie die Helmpflicht würden nicht durchgesetzt und «problematisches Verhalten» einzelner, auffälliger Jugendlicher habe «keine oder nur eine zögerliche Reaktion» zur Folge. Auch der plötzliche, dauerhafte Verzicht auf die (inzwischen wieder benützte) Pausenglocke ist erwähnt.Weil Unstimmigkeiten an Rheinecks Oberstufe schon länger bestehen, hatten Eltern auf eine Aussprache gedrängt. Dass der am 21. Mai tatsächlich durchgeführte Elternabend erst auf Druck zustande kam, begründet Gregor Loser damit, dass kein Grund für einen Sonder-Elternabend bestanden habe. Dem «Wunsch einer kleinen Elterngruppe» sei dann aber vom Schulkommissionspräsidenten «aus Kulanz stattgegeben» worden.Oscar Kaufmann nahm an der Veranstaltung ebenso teil wie eine Vertretung der Krisenintervention.In einem Brief vom 14. Juni an Oscar Kaufmann halten Eltern fest, der Anlass sei «sehr konstruktiv» gewesen. Die Eltern hatten am Ende ein «positives Gefühl» und «spürten das Wohlwollen des Schulkommissionspräsidenten».Im Brief fahren sie fort: «Und nun passiert einfach nichts. Für uns Eltern ist das inakzeptabel.»Nun aber ist der Kanton eingeschaltet.

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