«Zweifelhafte Inserate» lautete wenige Tage später der Titel zu einem Text, der so begann: «Es ist sonst nicht kaufmännische Gepflogenheit, sich mit den Inseraten der Konkurrenz auseinanderzusetzen. Eine Ausnahme darf aber dann gemacht werden, wenn diese Reklame die Grenzen der Wahrhaftigkeit und Anständigkeit überschreitet, und zwar offensichtlich zum Zwecke, den Gegner in den Augen der Käuferschaft herabzusetzen.»Im Jahr «300 Franken sparen»Die Migros hatte gefragt «Wie sparen Sie im neuen Jahr 300 Fr.?» und sogleich erklärt: durch Einkauf in der Migros. Im Inserat sind die Vorteile in sechs Punkten aufgelistet. Punkt 1: «Unsere Waren sind billiger, zum Teil bedeutend billiger als anderswo.» Sodann war von einem wesentlichen Qualitätsvorteil die Rede.Und die Frische der «frischesten Ware», hiess es, sei gewährleistet durch «unerreicht raschen Umsatz (ein Laden und ein Verkaufswagen verkaufen in drei bis fünf Tagen den Wert eines Wareninventars!)».Schliesslich war im Inserat zu lesen: «Die kommende Zeit schaut uns ernst an. Sie mahnt zum Rechnen und Sparen. Wir wollen Ihnen dabei helfen!» Das Inserat endet mit einem Gedicht. Es beschreibt, wie der Kunde bei der Konkurrenz ein Rabattbüchlein füllt, um am Ende Geld zurückerstattet zu bekommen – derweil die Migros, wie sie zu verstehen gibt, dies selbst nicht nötig habe. Vielmehr gewähre sie angesichts ihrer tiefen Preise den Rabatt schon beim Kauf.Nicht geprüft oder geschwindeltIhre lokale Konkurrenz betrieb hingegen so genannte Rabattvereine. Das waren Selbsthilfeorganisationen von Gewerbetreibenden, die mit Rabatten und anderen Aktionen dazu ermunterten, lokal einzukaufen. Im Text, der das Inserat beanstandet, ist zum Beispiel von Teesamenöl die Rede.Weil die Migros geschrieben hatte, sie lasse die von ihr verkaufte Ware «im eigenen Laboratorium genau prüfen», wurde sie von der Konkurrenz gefragt, ob das auch auf das Teesamenöl zutreffe.Falls nein, sei ihre Behauptung nichts wert.Falls ja, schwindle sie, denn die kantonalen amtlichen Laboratorien hätten «nach ebenfalls genauer Prüfung festgestellt, dass dieses Öl bis zu fünf Prozent mit Mineralöl durchsetzt war».Die Migros «täte gut, sich in ihren Inseraten jenes Spruches zu erinnern: Wer in einem Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen um sich werfen.»«Billigkeitsfimmel krankt an Einseitigkeit»Der Rabattverein Altstätten und Umgebung und der Mittelrheintalische Rabattverein, erfuhr die Leserschaft, hätten ihrer Kundschaft im Dezember total über 65000 Franken ausbezahlt, was immerhin auch ein Beweis dafür sei, dass «die Migros (…) noch lange nicht alle in ihren Bann zu ziehen vermag». Die Konkurrenz der Migros schrieb: «Dieser Billigkeitsfimmel» kranke an bedeutender Einseitigkeit. Die Migros-Konkurrenz fragte: «Müssten nicht unsere Bauern all ihre Produkte billiger verkaufen, müssten nicht unsere Handwerker billigere Arbeit leisten, müssten nicht letzten Endes alle Löhne sinken, wenn die Billigkeit allein massgebend wäre?» Fazit: «Also etwas mehr Wahrhaftigkeit und Bescheidenheit in der Reklame!» In der jüngeren Vergangenheit ist die Migros für originelle statt empörende Werbung bekannt. In ihrem Clip vom 1. April dieses Jahres beugt sich ein Mann von hinten über seine am Computer sitzende Partnerin, küsst sie auf den Hals und meint: «I gang no rasch in Coop.» Als er schon bei der Tür ist und sie sich seiner Worte bewusst wird, fragt sie irritiert «Äh, was?», worauf er ruft: «April, April.»