12.11.2021

Kokain statt Schmuck im Gepäck

Gegen das Urteil des Kreisgericht Rheintal legte ein 26-Jähriger Berufung ein. Nun verurteilte ihn das Kantonsgericht.

Von Claudia Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Claudia SchmidDas Kreisgericht Rheintal hatte den Beschuldigten im Mai wegen schwerer Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig erklärt. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und einer Landesverweisung von zehn Jahren. Gegen dieses Urteil legte der italienische Staatsbürger Einsprache ein.Beschuldigter akzeptiert SchuldspruchAn der Berufungsverhandlung ging es nicht mehr um den Schuldspruch an sich, da der Beschuldigte die Verurteilung akzeptiert hatte. Im Zentrum stand vielmehr die Höhe des Strafmasses und der Landesverweisung. Vor dem Kantonsgericht erzählte er, weshalb er sich auf den Drogentransport eingelassen hatte.Er habe in Rom studiert, als sein Grossvater krank geworden und die Familie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Dadurch habe das Geld für die Fortführung seines Studiums nicht mehr gereicht. Seine Eltern seien schon früh verstorben. In seinen Heimatort auf Sizilien zurückgekehrt, hätten ihn und seine Geschwister Schulden gedrückt, die auf dem Familienunternehmen lasteten.Lukratives Geld fürDrogentransportGemäss seiner Aussagen kam er 2016 in die Schweiz, weil in Sizilien schwer Arbeit zu finden war. Trotz des Einkommens seien ihm aber die Schulden geblieben. Im Herbst 2020 habe er auf einer Baustelle jemanden getroffen, der ihm gesagt habe, er könne Geld verdienen, wenn er einen Transport mit Gold und Schmuck von Deutschland in die Schweiz mache. Als er die Tasche erhalten habe, sei herausgekommen, dass es sich um Drogen handle. Da habe er aber nicht mehr absagen können, weil er Angst vor Repressionen gehabt habe. Für den Transport seien ihm 20 000 Franken versprochen worden, die er zum Abzahlen der Schulden habe verwenden wollen.Am 16. September 2020 wurde er von der Polizei an der Grenze in Kriessern angehalten. Sie fand in seinem Fahrzeug insgesamt elf Kilogramm Kokaingemisch, verteilt auf mehrere Taschen. Für ihn sei eine Welt zusammengebrochen, als er bei der erstinstanzlichen Urteilseröffnung gehört habe, dass er für fünf Jahre und neun Monate ins Gefängnis müsse, erklärte der Beschuldigte. Es sei das erste und einzige Mal gewesen, dass sein Mandant mit Drogen in Kontakt gekommen sei, erklärte der Verteidiger. Er habe sich vom versprochenen Lohn von 20 000 Franken blenden lassen und gehofft, er könne die Schulden des Familienunternehmens tilgen. Als er gemerkt habe, dass er nicht Schmuck, sondern Kokain transportieren solle, habe er sich nicht mehr verweigern können. Er habe zu jenem Zeitpunkt um sein Leben gefürchtet, wenn er die Zusage zurückziehe. Heute bereue er seine Tat zutiefst. Die von der Vorinstanz gesprochene Strafe bezeichnete der Verteidiger als viel zu hoch. Sein Mandant habe innerhalb der Drogenbande eine untergeordnete Rolle gespielt und keinerlei Entscheidungskompetenzen gehabt. Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, wie viel Drogen er transportiere.Das Strafmass dürfe höchstens drei Jahre betragen und müsse teilbedingt ausgesprochen werden. Strafmildernd müsse das vollumfängliche Geständnis, die Reue, das junge Alter und das straffreie Vorleben berücksichtigt werden. Die Landesverweisung sei auf fünf Jahre zu beschränken.Kantonsgericht mildertStrafmass abDer Staatsanwalt plädierte für die Abweisung der Berufung. Das Kreisgericht Rheintal sei zum Schluss gekommen, dass der Beschuldigte eine tragendere Rolle beim Drogentransport gespielt habe, als er zugebe. Zudem habe es den Hinweis auf die Schulden im Familienunternehmen als Schutzbehauptung klassiert. Das Kantonsgericht St. Gallen gab das Urteil schriftlich bekannt. Es milderte das erstinstanzliche Strafmass auf vier Jahre Freiheitsentzug ab. Die Landesverweisung beträgt neu neun Jahre. Der Beschuldigte hat die Mehrheit der Kosten, die durch das Untersuchungsverfahren und die beiden Gerichtsverhandlungen entstanden sind, zu tragen. Es handelt sich um über 40 000 Franken.

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