27.09.2018

Kohlrabi kennt man in Somalia nicht

Die Initianten des interkulturellen Gartens sind mit der ersten Gartensaison mehr als zufrieden. Acht Migranten konnten gemeinsam mit den Mitgliedern des Vereins Vitas eine reiche Ernte einbringen.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
Susi MiaraDer interkulturelle Garten an der Zollstrasse, unterhalb des Zollamts, ist ein Ort, wo sich Menschen unterschiedlicher Kulturen treffen können. Der Verein Vitas (Verein interkulturelle Tätigkeit Au) ermöglicht dort Migranten, eigene Beete zu bepflanzen. Neben den gärtnerischen Aktivitäten wird aber auch das gesellige Miteinander intensiv gepflegt.Im Mai gründeten sechs Freiwillige, hauptsächlich Kursleiter der Quartierschule, den Verein für interkulturelle Tätigkeiten. Eines der ersten Projekte war der interkulturelle Garten, mit dem Ziel, gemeinsam mit den Migranten einen Gemüsegarten zu pflegen und zu bewirtschaften. Acht Menschen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien, Afghanistan und ein schweizerisch-rumänisches Ehepaar liessen sich von dieser Idee begeistern und sind heute noch mit vollem Elan dabei.Die Teilnehmer kannten einige Gemüsesorten nichtBule Kaltu aus Somalia lebt mit ihrer Tochter Ramla gleich nebenan. Sie durfte eine ihr zugeloste Parzelle selbst bewirtschaften und pflanzte dort Tomaten, Gurken, Kartoffeln, scharfe Peperoni und Bohnen an. Gartenarbeit war ihr bis anhin fremd und auch einige Gemüsesorten kannte sie nicht. «Leider haben wir die Pflanzen eingekauft, ohne uns mit den Teilnehmern abzusprechen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen», sagt Paul Ackermann, Präsident des Vereins Vitas. Kohlrabi zum Beispiel kannte Bule Kaltu nicht. Katrin Dussex habe ihr dann gezeigt, wie man es zubereitet und es habe ihr auch gut geschmeckt. Selbst habe sie aber Kohlrabi auch später nie gekocht. Obwohl Bule Kaltu im Sommer jeden Tag die Pflanzen giessen musste, habe sie es genossen, frisches Gemüse aus dem Garten zu holen.Agos Mogos aus Eritrea hat gemeinsam mit seinem Freund Zerit eine Parzelle mit Kartoffeln, Tomaten, Krautstielen, Zucchetti, Peperoncini und Salat bepflanzt. Jeden Freitag war er im Garten, beim Giessen habe er sich mit seinem Freund abgewechselt. «Agos ist ein guter Koch und einer der fleissigsten Gärtner», lobt Paul Ackermann. Dem Eritreer hat aber nicht nur die Arbeit im Garten Spass gemacht, sondern auch die Gespräche mit anderen Migranten und vor allem mit den Einheimischen. «Wir haben sogar Most in St. Margrethen gepresst», sagt Paul Ackermann. Total seien 300 Liter zusammengekommen. Den Most, abgefüllt in Fünfliter-Ballons, verkauft der Verein via Internet und am Auer Weihnachtsmarkt.Den Umgang mit fremden Kulturen gelerntAuch die Mitglieder des Vereins haben während dieser intensiven Zeit viel über fremde Kulturen gelernt und so gegenseitig voneinander profitiert. «Was bei den Migranten fehlt, ist die Eigeninitiative», sagt Paul Ammann. «Sie warten, bis der Chef kommt und ihnen sagt, was zu tun ist.» Daran wird jetzt aber intensiv gearbeitet.Bereits hat der Verein weitere Tätigkeiten geplant. Ab Mitte Oktober findet jeden Mittwoch von 14 bis 16 Uhr der Begegnungspunkt im katholischen Pfarreiheim in Heerbrugg statt. Es wird genäht, gebastelt, gespielt, gemalt und vor allem deutsch gesprochen.Der Verein sucht noch Helferinnen und Helfer. Informationen dazu findet man auf der Homepage www.vitas-sg.ch.

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