02.02.2021

Klein-Budget-Sanierung «ist illusorisch»

In Eichberg hat sofort die Diskussion eingesetzt, als bekannt wurde, dass der Bau eines neuen Rathauses geprüft wird.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Die Grundaussage des Gemeinderats lautet so: Die errechneten Kosten für ein Sanierungsprojekt sind mit 3,4 Mio. Franken praktisch gleich hoch wie die (mit einer Volumenstudie ermittelten) Kosten für einen Neubau. Deshalb ist der Gemeinderat dafür, den Bau eines Neubaus zu prüfen und zu diesem Zweck einen neuen Projektierungskredit von 150000 Franken ins Budget aufzunehmen. Über diesen soll an der Urne abgestimmt werden.«Totale Fehlplanung, unnötiger Prunkbau»Der Aufschrei aus der Bevölkerung ist umgehend erfolgt. In Leserbriefen war von einem unnötigen «Prunkbau» und einer «totalen Fehlplanung» die Rede. Der Grundtenor lautet so: Eine energetische Sanierung sollte doch für einen Bruchteil der genannten Sanierungssumme zu haben sein.Inzwischen hat sich auch die SVP-Ortspartei zu Wort gemeldet. In ihrer Medienmitteilung schreibt sie, der Vorstand habe sich über die 3,4 Mio. gewundert, zumal doch die Bausubstanz, wie es heisse, in einem guten Zustand sei. Die Partei will wissen, weshalb die Kosten so hoch sein sollen, welche Mängel das Gebäude habe und weshalb diese nicht kostengünstig zu beheben seien. Die SVP vermisst Transparenz und äussert die Meinung, eine gute bis sehr gute Bausubstanz lasse sich «ohne weiteres» energetisch verbessern.«Das Haus wäre als Ganzes zu sanieren»Entschieden widerspricht solchen Klein-Budget-Vorstellungen der einheimische Architekt Michael Fenk, der das Sanierungs(sieger)projekt zusammen mit dem Altstätter Architekt Daniel Eggenberger entwickelt hat. Fenk sagt, sanieren könne man nur das Gebäude als Ganzes oder nichts. Die Vorstellung, mit einer halben Million oder einer Million auszukommen, sei völlig unrealistisch.Eine Besonderheit ist die Tragkonstruktion aus Beton. Diese sei zwar hochwertig, Anpassungen führten aber zu hohen Kosten. Werde das Gemeindehaus energetisch erneuert, sei die gesamte innere Verkleidung zu entfernen, sagt Fenk - Böden, Decken, Wände, Fenster. Denn zu dämmen sei von innen her. Hinzu kommt: Wird saniert, sind die heutigen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.Die nach Auskunft des Architekten unumgängliche ganzheitliche Betrachtung schliesst neben dem energetischen Aspekt den Brandschutz, die Entfluchtung und die Statik ein. Seit dem Bau des Gemeindehauses vor 50 Jahren hätten sich die statischen Normen geändert, sagt Michael Fenk.Ein Neubau enthielte keine Wohnung mehrEin gewichtiger Aspekt betrifft die im Gemeindehaus bestehende Viereinhalb-Zimmer-Wohnung, die extern vermietet ist. Bei einer Sanierung des Gebäudes sei zwangsläufig auch diese Wohnung betroffen, sagt Michael Fenk. Hingegen stellt sich der Gemeinderat einen Neubau - zonenkonform - ohne Wohnung vor. Ein Neubau bliebe strikt auf den Bedarf der Verwaltung beschränkt.Ursprünglich war der Gemeinderat von einem Sanierungs- und Umbauprojekt für ungefähr 2,5 Mio. Franken ausgegangen. Als die errechnete Summe sich mit 3,4 Mio. als deutlich höher erwies, hat Gemeindepräsident Alex Arnold «lange mit sich gerungen», wie er sagt. Der Preis sei ernüchternd gewesen. Inzwischen hält der Gemeinderat einen Neubau für die klar bessere Lösung als eine gleich teure Sanierung.[caption_left: Gemeindepräsident Alex Arnold hat lange mit sich selbst gerungen und zieht nun die Idee, neu zu bauen, den Sanierungsplänen vor. Der Neubau hätte einen quadratischen Grundriss.]Ist es nicht auch eine Möglichkeit, einfach nichts zu tun und das Gemeindehaus in seiner heutigen Form weiter bestehen zu lassen? Ausgeschlossen sei dies nicht, antwortet Michael Fenk, aber gewisse Bestandteile des Gebäudes hätten die Lebensdauer erreicht, und eine energetische Sanierung, wiederholt er, habe letztlich ihren hohen Preis.Für Alex Arnold steht der Handlungsbedarf ausser Frage. Neben den genannten Gründen verweist er auf das Fehlen eines Lifts oder die unzeitgemässe Raumaufteilung. Ein Neubau wäre auf zwei Stockwerke mit Büros (EG und 1. Stock) sowie ein UG mit Tiefgarage beschränkt, den Grundriss stellt man sich quadratisch vor. Die 1267 Quadratmeter grosse Parzelle enthielte eine Platzreserve.Kleine Verwaltung auf Austausch angewiesenFür Eichbergs Verwaltung sind (inklusive Gemeindepräsident mit 60-Prozent-Pensum) sechs Mitarbeitende für Eichbergs Verwaltung tätig, insgesamt sind es gerade mal 410 Stellenprozent, nach einer Erhöhung um 30 Prozent im November. Dazu kommen drei Lernende. Dieser Personalbestand dürfte konstant bleiben.Weil jede Stelle seit Arnolds Amtsantritt vor acht Jahre schon einmal neu zu besetzen war, hat er erfahren, dass es nicht ganz leicht ist, für eine so kleine Verwaltung qualifiziertes Personal zu finden. Zwar seien die Jobs sehr abwechslungsreich und ein weiterer Vorteil bestehe in der Möglichkeit, Verantwortung zu tragen. Jedoch wecke der verbreitete Wunsch nach persönlicher Entwicklung das Bedürfnis, auch in grösseren Gemeinden Erfahrungen zu sammeln, und manche potenzielle Interessentinnen und Interessenten würden wohl von der bescheidenen Gemeindegrösse von einer Bewerbung abgehalten.Mit einem Neubau verknüpft der Gemeinderat die Überlegung, eher auf Grossraumbüros zu setzen – nicht um Platz zu sparen, sondern um den gegenseitigen Austausch zu erleichtern und zu fördern. Auch hierfür ist der Grund im kleinen Personalbestand zu suchen. Praktisch jeder ist jemandes Stellvertreter, und der Betreuung der Lernenden kommt grosse Bedeutung zu.In diesem Zusammenhang ist auch eine Frage von Bedeutung, vor der Eichberg sich (wie andere kleine Gemeinden) nicht drücken kann. Es ist die Frage, ob die Eigenständigkeit für Eichberg sinnvoll bleibt. Alex Arnold sagt, mit der Diskussion über einen Rathaus-Neubau werde zwangsläufig auch dieses Thema verknüpft sein. Neuer Projektierungskredit ist umstrittenFür die ursprünglich geprüfte Rathauserneuerung war ein Projektierungskredit von 150000 Franken gesprochen worden. Der bisher benötigte und mit der Jahresrechnung 2020 verbuchte Betrag von 80000 Franken werde nur noch leicht steigen, sagt Alex Arnold.Ins neue Budget soll erneut ein Kredit von 150000 Franken aufgenommen, um den Neubau zu planen. Der Gemeinderat will dieses Frühjahr an der Urne über das Budget und somit auch über den Projektierungskredit befinden lassen. Die Absicht ist es, das Neubauprojekt an der Bürgerversammlung im nächsten Jahr vorzulegen, wobei natürlich auch eine Urnenabstimmung verlangt werden kann.Eichberg, dessen jährlicher Umsatz bei 7,5 Mio. Franken liegt, verfügt über ein verhältnismässig stolzes Eigenkapital von 5,5 Mio. Franken. Die geschätzten Kosten für einen Rathaus-Neubau entsprechen ungefähr 4 Steuerprozent. Der Steuerfuss der Gemeinde betrug 2017 noch 139 Prozent und sank seither in drei Schritten auf 119 Prozent im letzten Jahr.Die SVP erinnert in ihrer Medienmitteilung daran, dass für die nächsten Jahre wegen der Corona-Pandemie weniger Steuereinnahmen zu erwarten seien. Die Partei stört, dass derzeit nicht an einer Versammlung über ein Sanierungsprojekt diskutiert werden kann. Der Projektierungskredit für einen Neubau sei deshalb nicht ins Budget für dieses Jahr aufzunehmen. Falls er doch im Voranschlag erscheine, wünscht sich die SVP eine Ablehnung des Kredits, weil sich über ihn derzeit nicht an einer Bürgerversammlung diskutieren lasse. Sanierungsprojekt - Kosten (in Franken)Vorbereitungsarbeiten: 238'000 (Rückbau)Gebäude: 2'669'000Zu diesen Gebäudekosten gehören:Baugrube: 12'600 Rohbau 1: 605'700 (v.a. Baumeisterarbeiten, Gerüst, Fassade) Rohbau 2: 478'700 (Fenster, Aussentüren, Spengler-, Bedachungsarbeiten, Sonnenschutzanlagen) Elektroanlagen: 275'300 HLK-Anlagen: 149'900 (Heizung, Lüftung, Klima) Sanitäranlagen: 105'300 Lift: 44'000 Ausbau 1: 326'400 (Gipser-, Metallbauarbeiten, Innentüren, Wandschränke, Schliessanlagen) Ausbau 2: 228'100 (v.a. Deckbeläge, Estrich-Unterlagsbögen, Wandbeläge, Malerarbeiten)Honorare: 443'000Weitere Kosten:Umgebung: 138'000 Baunebenkosten: 85'000   

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