17.10.2022

Kita-Plätze haben ihren Preis

Die Kosten für Kinderbetreuung belasten das Familienbudget oft enorm. Dennoch sind Plätze in der Kita sehr gefragt.

Von Interview: Hildegard Bickel
aktualisiert am 02.11.2022
Berufstätige Eltern zahlen für qualifizierte, familienergänzende Kinderbetreuung in den Kindertagesstätten einen entsprechenden Preis. Sollen ausreichend Personal, angemessene Löhne und flexible Öffnungszeiten gewährleistet sein, können nicht auch noch die Kosten sinken. Denn obwohl viele Eltern die Kosten als zu hoch empfinden, an der Qualität der Be­treuung der Kinder darf es nicht mangeln. Subventionen des Kantons und der Gemeinden helfen, die Betreuung zu be­zahlen. Ob Familien Anspruch darauf haben, ist abhängig von ihrem Wohnort und ihrer Einkommens- und Vermögenssi­tuation.Ein Beispiel soll zeigen, wie viel eine Familie bezahlt, die zwei Kleinkinder im Alter von zwei Jahren und dreieinhalb Jahren in einer Kindertagesstätte der SDM, der Sozialen Dienste Mittelrheintal, betreuen lässt. Die Kinder verbringen zwei ganze Tage in der Kita. Die Kosten orientieren sich am steuerbaren Einkommen und sind in Tarifstufen eingeteilt. Stufe D befindet sich im mittleren Feld der Skala. Wenn zwei Kinder derselben Familie in den Kitas der SDM betreut werden, wirkt sich der Geschwisterrabatt vorteilhaft aus, sagt Julia Leibacher, Bereichsleiterin Kinderbetreuung SDM und dipl. Kindheitspädagogin HF. «Sie sind beide eine Stufe tiefer eingeteilt – in diesem Fall Stufe C statt D.»Die Kantonssubventionen kommen seit 2021 zum Tragen. Welchen Einfluss hat das auf die Rechnungen an die Eltern?  Julia Leibacher: Die Subventionen des Kantons reduzieren die Betreuungskosten aktuell um rund 20 Prozent. Nicht zu vergessen ist aber der erhebliche Kostenanteil der Kitas der SDM, den die SDM-Gemeinden selber tragen, dies sind insgesamt rund 1,24 Mio. Franken pro Jahr. Können Sie aufzeigen, wie sich die Kosten der Kinderbetreuung in den letzten Jahren entwickelt haben? Leibacher: In den Tarifstufen D und F haben sich die Monatspauschalen für die Ganztagesbetreuung inklusive Essen in den letzten 15 Jahren zwischen 25 und 30 Prozent erhöht.Während für gutverdienende Eltern die Kosten weniger ins Gewicht fallen, dürfte für geringverdienende ein Platz in der Kita trotz Subventionen immer noch hoch sein. Leibacher: Die Tarifstufe A ist ein eigentlicher Sozialtarif. In dieser Tarifstufe kostet die Ganztagesbetreuung eines Kindes durch qualifizierte Fachpersonen inklusive Verpflegung 38 Franken pro Tag.Regionale Firmen beteiligen sich an den Kosten der Kindertagesstätten mit bezahlten Plätzen. Wie lautet das Prinzip? Leibacher: Es handelt sich um einzelne Firmen, die bestimmte Platzkontingente kaufen, die sie dann intern an ihre Mitarbeitenden weitergeben. Derzeit sind 31,4 Plätze an verschiedene Firmen in den SDM-Gemeinden verkauft. Kinderbetreuung ist sehr gefragt. Können die Kindertagesstätten der SDM der Nachfrage überhaupt gerecht werden?Leibacher: Die Kitas sind gut ausgelastet. Aber je nach Standort können sogar spontane Anfragen berücksichtigt werden. Wenn zum gewünschten Zeitpunkt, am gewünschten Standort oder an den gewünschten Tagen kein Platz frei ist, bemühen wir uns, mit den Eltern gute Alternativen zu finden. Zum Beispiel einen Start an anderen als den gewünschten Kita-Tagen oder der Besuch ei­nes anderen als des gewünschten Kita-Standortes.Wie früh melden Eltern ihre Kinder in der Kita an?Leibacher: Eltern, die einen Säuglingsplatz wollen, melden sich oft im vierten Schwangerschaftsmonat an. Im Übrigen erfolgt die Anmeldung nach Bedarf. Die Belegung der Kitas wird jeweils auf  Beginn des Schuljahres hin neu geplant, weil die Kinder im Kindergartenalter dann in die Volksschule eintreten und nicht mehr in den Kitas, sondern im Schülerhort betreut werden. Bei Kündigungen unter dem Jahr können die Plätze in der Regel nahtlos wiederbesetzt werden. Es findet ein Umdenken in Erziehungsfragen statt. Auch Väter bringen sich vermehrt ein und betreuen ihre Kinder. Ist das in den Kitas spürbar?Leibacher: In der direkten Betreuung merken wir einen geringen Unterschied. Bei der Kommunikation mit den Eltern, etwa beim Informieren und der Anmeldung des Kita-Platzes, hat es eine Zunahme an Kontakten mit Vätern gegeben. In den vergangenen Jahren konnte beobachtet werden, dass die Väter unter der Woche die Kinder häufiger betreuen.Mindestens zwei Tage betreuen Manche Eltern bemängeln, dass sie in den Kitas der SDM ihr Kind mindestens zwei ganze Tage pro Woche betreuen lassen müssen. Die Mindestanwesenheit sei zu hoch.Julia Leibacher nimmt Stellung: «Die Kitas der SDM sind zertifizierte QualiKitas. Sie stellen das Wohl des Kindes ins Zentrum und setzen sich dafür ein, dass jedes Kind sein persön­liches Potenzial entfalten und Lebenskompetenzen erwerben kann. Die Konstanz in der Kindergruppe ist diesbezüglich von grosser Bedeutung. Aus pädagogischer Sicht wirkt sich die Mindestanwesenheit von zwei Tagen positiv auf die soziale Entwicklung der Kinder aus. Die Kitas der SDM halten deshalb an diesem Prinzip fest. Die Kitas bieten keine stundenweise Betreuung, wie dies beispielswei­-se Kinderhütedienste machen, sondern professionelle und pädagogisch reflektierte, qualitativ hochstehende Angebote zur Betreuung und Begleitung der ihnen anvertrauten Kinder.»Die Kitas der SDM betreuen aktuell 191 Kinder im Alter zwischen vier Monaten und vier Jahren an den fünf Standorten, Au, Balgach, Berneck, Diepoldsau und Widnau mit insgesamt 102 Plätzen. In den letzten drei Jahren wurde das Angebot um 18 Plätze vergrössert. Mit dem bevorstehenden Umzug der Kita Diepoldsau ins Zentrum Rheinauen im Sommer 2023 werden nochmals rund zehn zusätzliche Kita-Plätze geschaffen. Das ist eine Erhöhung der Kapazität um 50 Prozent seit 2010.Hinweis: www.s-d-m.ch

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