15.04.2020

Kirchenrat setzt Vorsteherschaft ab

Die Rheinecker Kivo hat zu wenig Mitglieder, der Konflikt mit dem Pfarrer ist zu gross. Der Kirchenrat verordnet einen Neustart.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Der Kirchenrat hat die gesamte Kirchenvorsteherschaft (Kivo) von Rheineck abgesetzt und eine Kuratorin eingesetzt. Barbara Ill-Schenkel aus Trogen leitet die evangelische Kirchgemeinde seit dem 2. April.Die Nachricht verwundert, ist nicht zu erwarten gewesen. Der aktuelle «Kirchenbote», das Mitteilungsblatt der evangelischen Kirchgemeinden, ist kurz vor Ostern erschienen. Keine Silbe deutet darauf hin, dass die Exekutive der Kantonalkirche eine solch weitreichende Entscheidung fällen könnte. Im Gegenteil: Felix Schumacher ist ausdrücklich als Präsident der Evangelischen Kirchgemeinde Rheineck aufgeführt. Wie stets seit seiner Wahl im März 2012. Das Amt bekleidet er jetzt nicht mehr. «Der Entscheid kam Knall auf Fall», sagt Kirchenratspräsident Martin Schmidt. Das ausschlaggebende Gespräch fand am 24. März statt. «Als der ‹Kirchenbote› Redaktionsschluss hatte, dachten wir noch, wir kriegten es hin.»Zu wenig, zu klein, zu schwierigEs ist nicht ein Grund allein, der zur Auflösung der Kivo geführt hat. Es sind drei, die sich im Laufe eines Jahres aufgebaut haben:• Die Kirchgemeinde liegt mit etwas mehr als 700 Mitgliedern seit einem Jahr deutlich unter der magischen Grenze von 1000 Kirchbürgern. In der Kantonalkirche müssen sich kleinere Gemeinden mit einer Fusion befassen. Das verlangt der Finanzausgleich.• Eine weitere Regel sieht vor, dass eine Kivo mindestens fünf Mitglieder (inklusive Präsident und Pfarrer) haben muss. Seit einem Jahr sind in Rheineck nur drei Sitze besetzt. Laut Kirchengesetz muss der Kirchenrat in solch einem Fall eine Kuratur (Fremdverwaltung) einsetzen.• Die Zusammenarbeit zwischen der Kivo und dem Pfarrer Christian Wermbter läuft nicht immer reibungslos. «Der Pfarrer hat sich nicht uneingeschränkt an Teamentscheide gehalten», sagt Martin Schmidt. Der Konflikt sei latent gewesen, aber noch nicht eskaliert.Engagierte Kivo sollte nicht entmachtet werden«In der Kantonalkirche haben wir wenig Erfahrung mit einer Kuratur», sagt Martin Schmidt. Bisher ist sie nur in Wartau angewendet worden. Um die drei verbleibenden und engagierten Kivo-Mitglieder nicht vor den Kopf zu stossen, verzichtete der Kirchenrat zunächst darauf, eine Verwaltung von aussen zu beauftragen. «Wir wollten die Kivo nicht entmachten und versuchten es mit einer Halbkuratur.»In diesem unüblichen Konstrukt zog der Kirchenrat Barbara Ill hinzu. Die Coachin und Psychologin erhielt den Auftrag, die Kivo im Konflikt mit dem Pfarrer zu beraten. Gleichzeitig war sie in jede Entscheidung einbezogen. Es hat nicht geklappt, Kuratur und Beratung miteinander zu verbinden. «Das nehme ich auf meine Kappe», sagt der Kirchenratspräsident selbstkritisch. Barbara Ills Rolle war nicht klar definiert. Anfangs schien es so, als wäre der Konflikt lösbar gewesen. In den letzten Monaten spitzte er sich aber zu und die Kivo wandte sich hilfesuchend an den Kirchenrat. Nun hat er die Reissleine gezogen und die Behörde abgesetzt. «Felix Schumacher hat einvernehmlich reagiert. Er hätte es gerne im Miteinander geschafft. Aber er sagte auch, dass dem Team langsam die Kraft ausgeht», sagt Martin Schmidt.Neuwahlen im Juni an der UrneEs mag nicht verwundern, dass es der Kivo bisher nicht gelang, Kandidaten für die freien Sitze zu rekrutieren. Erschwerend wirkt, dass das Gemeindeleben heruntergefahren ist und die Kirchbürgerversammlung am 22. März abgesagt wurde.An der Urnenabstimmung am 14. Juni stimmen die Kirchbürger nicht nur über Jahresrechnung, Budget und Steuerplan ab, sie wählen auch eine neue Kivo und einen neuen Präsidenten. Vorausgesetzt, es finden sich Kandidatinnen oder Kandidaten. Wahlvorschläge können bis 21. April beim Sekretariat der Kirchgemeinde eingereicht werden.Es ist jetzt nicht vom Tisch, dass die Kirchgemeinde zu fusionieren hat. «Sie muss aber warten», sagt Martin Schmidt. Mögliche Bräute sind die beiden Nachbargemeinden. St. Margrethen ist neu auch unter die magische Marke gerutscht, hat nur noch 973 Kirchbürger. Thal-Lutzenberg hat eine komfortable Ausgangslage. Der grossflächigen Kirchgemeinde gehören 2600 Bürger an. «Rheineck ist keine so attraktive Braut, dass St. Margrethen und Thal laut Halleluja rufen würden», sagt Martin Schmidt. Erklärtes Ziel des Kirchenrates ist es, Barbara Ill möge es gelingen, den Konflikt zu lösen und bis zur Bürgerversammlung 2021 fünf wählbare Kandidatinnen und Kandidaten zu finden.Das dann neu errichtete Gremium sollte sich mit der Fusion befassen. «Das wäre entweder einer Dreier-Fusion (Rheineck, Thal und St. Margrethen) oder ein Zusammenschluss der beiden unterbesetzten Kirchgmeinden Rheineck und St. Margrethen», sagt Martin Schmidt.

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