Viele Hausbesitzer haben eine Wärmepumpe und auf dem Dach eine Solaranlage. Das Besondere bei Beat und Brigitte Keller ist die Steuerung. An die Anlage sind 18 Geräte angeschlossen. Alles läuft vollautomatisch, ist bei Bedarf aber auch von Hand bedienbar.Dank der Steuerung nutzen die Geräte stets den vorhandenen Strom, wobei eine Priorisierung möglich ist; so hat die Waschmaschine Vorrang gegenüber einem Luftbefeuchter, und nicht anderswo benötigter Strom fliesst beispielsweise dem Elektroauto zu.Bei Kellers wird also der selbst produzierte Strom nicht einfach ins Netz gespeist. Vielmehr führt Kellers System den vorhandenen Strom im eigenen Haus fortwährend dorthin, wo er gerade gebraucht wird. Nur der Überschuss fliesst ins Netz.Keller hat sich gegen Fachleute durchgesetztObschon technikaffin, hatte der 58-Jährige anfangs wenig Ahnung von Energieanlagen. Der Blick hinaus in die Welt motivierte ihn, dies zu ändern, denn er findet: «Schaut man in die Welt hinaus, so sieht man, dass es so nicht weitergehen kann.» Energie wird knapp, der Preis ist stark gestiegen.Auch die Ausbildung der Tochter hat das Bewusstsein geschärft. Nadine Keller, die gerade doktoriert, befasst sich mit Biodiversität. Das hat sich auf die häusliche Umgebung sichtbar ausgewirkt.Als Beat Keller und seine Frau vor drei Jahren beschlossen, ihr 1977 gebautes Haus mit dreifachverglasten Fenstern zu bestücken, alle Wände gut zu isolieren und das Dach zu ersetzen, erachteten sie auch die Anschaffung einer Solaranlage und einer Wärmepumpe als Selbstverständlichkeit. Doch angesichts weitreichender Vorstellungen gab es ein Problem: Die Zusammenführung der Technik.Beat Keller musste sich gegen den Widerstand von Fachleuten behaupten und seine Ideen regelrecht durchsetzen. So hatte er etwa die passende Schnittstelle selbst zu finden – ebenso die nun im ganzen Haus verteilten Stecker mit Adapterfunktion.Er sagt: «Die grosse Kunst bestand darin, Geräte anzuschaffen, die mit dem Steuerungscomputer kompatibel sind», zum Beispiel den beim Generalimporteur bestellten Tumbler mit eingebauter Solarsteuerung.Unter dem Strich 1200 Franken erhaltenDer riesige zeitliche Aufwand hat sich gelohnt – für die Umwelt, fürs gute Gefühl, zudem finanziell. Im Nachhinein hätten auch ins Projekt einbezogene Profis das brachliegende Potenzial erkannt. Viel nützte Beat Keller das von Heiko Schwarzburger geschriebene Buch «Energie im Wohngebäude», das eine ganzheitliche Betrachtung leistet.Während Kollegen erklären, sie hätten zwar eine Solaranlage und trotzdem noch jährliche Stromkosten von 1000 bis 1500 Franken, haben Kellers im letzten Jahr von der Gemeinde 1200 Franken für gelieferten Strom bezahlt bekommen.Das ist umso interessanter, als Kellers (andernorts fehlende) Steuerung sehr bescheidene Mehrkosten von 2000 Franken zur Folge hatte. Ohne diese Steuerung wären Kellers teils auf Strom vom EW angewiesen, mit der Steuerung wird nur in einem «sehr, sehr kleinen» Umfang Strom bezogen, und dies bloss im Winter.Flatterstrom: Die Geräte passen sich anVon den drei Boilern (mit einem Inhalt von insgesamt 1200 Litern) dienen zwei zum Heizen und einer fürs Duschwasser. Mit der Heizung ist ein Pufferspeicher kombiniert, der die Zwischenlagerung der thermischen Energie ermöglicht. «Wir erleben unser Energiesystem als sehr befreiend», sagt der Grenzwächter, der eine pragmatische Meinung vertritt: «Man kann nicht immer warten, bis es in der Schweiz politisch vorwärtsgeht.»Der so genannte Flatterstrom – verpönt, weil unberechenbar – ist Beat Keller hochwillkommen. Er erklärt: «Ich liebe Flatterstrom, meine Geräte passen sich an.» Dank der Steuerung nutzen die Geräte stets den vorhandenen Strom.Beat Keller blickt von seinem Haus am Hang hinaus ins Tal und meint: «Es gibt so viele Möglichkeiten und ich frage mich: Warum nur werden diese nicht genutzt?» Zweittext:«Heute sprechen wir solarisch»Solargruppe Die Auseinandersetzung Beat Kellers mit einer ihm neuen Materie hat nicht nur dem eigenen Haus sehr viel Gutes gebracht, sondern auch zur Gründung einer Solargruppe geführt. Etwa zwanzig Interessierte aus dem Gebiet von St. Margrethen bis Grabs gehören ihr an. Es findet monatlich ein Treffen statt.«Wir sagen jeweils: ‹Heute sprechen wir solarisch›», sagt Beat Keller. Die gegenseitige Unterstützung in technischen Fragen ist aber an keine Termine gebunden. Zum Beispiel gibt es innerhalb der Gruppe einen Steckdosen-Fachmann, einen Spezialisten für die Integration von Wärmepumpenboilern, und Beat Keller selbst weiss bei Elektroheizstäben besonders Bescheid. Erfreut bemerkt er: «Immer mehr Interessierte kommen auf uns zu.»Die Gruppenmitglieder sind via App miteinander verbunden. Das heisst, jeder kann über jede Anlage der anderen laufend im Bilde sein. Er sieht, wie viel Strom verbraucht und wie viel produziert wird, welche Geräte wie angeschlossen und ob sie gerade in Betrieb sind. Entstehe ein Problem, lasse es sich in aller Regel online ergründen und online beheben, sagt Beat Keller. Der Gruppe gehört auch der Marbacher Gemeinderat Koni Hungerbühler an. Der ehemalige Energiedelegierte sagt, natürlich sei es seine Absicht, gewisse Überlegungen zugunsten von erneuerbarer Energie an geeigneter Stelle einzubringen.Statt den Strom, den Hungerbühlers Solaranlage erzeugt, wie früher dem Netz zuzuführen, nutzt er neuerdings wie Beat Keller ein Steuerungssystem.Keller vermutet, dass noch immer weit über neunzig Prozent des Stroms aller Solaranlagen einfach ins Netz gespeist wird. (gb)HinweisFür Kontakt mit der Solargruppe: minake3c@gmail.com