Susi MiaraWas früher bei vielen Jugendlichen ein Highlight war, stösst heute kaum mehr auf Interesse: die Jungbürgerfeier. So waren letzten Samstag an der Auer Jungbürgerfeier nur zwölf junge Erwachsene (13 Prozent der diesjährigen «Jungbürger») anwesend, angemeldet waren 15, drei Personen sind ohne Abmeldung gar nicht erst erschienen. Die Verantwortlichen konnten das Desinteresse nicht verstehen, liess doch das Programm praktisch keine Wünsche offen: Verpflegung an der VIP-Bar, Getränke à discrétion und freier Eintritt zum Open Air «Sommer im Park». Das bedeutet: Wer keine Lust auf die Jungbürgerfeier hat, kommt trotz eines attraktiven Rahmenprogramms nicht.Mehr Zusagen wegen Smartphone-VerlosungWas sollen also die Gemeinden bieten, damit das Interesse steigt? In Ebikon zum Beispiel wurde unter den Teilnehmenden ein Smartphone verlost. Dadurch konnte die Gemeinde die Beteiligung von acht auf 30 Prozent steigern.In Au musste bereits vor einem Jahr die Feier mangels Anmeldungen abgesagt werden. Warum die jungen Bürgerinnen und Bürger so desinteressiert sind, weiss Gemeindepräsident Christian Sepin nicht. Er vermutet, dass die junge Generation lieber anderweitig konsumiert oder sonst in den Ausgang geht, als sich an einer Jungbürgerfeier Reden anzuhören. «Jemanden, der schon alles hat, mit etwas Speziellem zu begeistern ist schwierig», sagt Sepin. «Vielleicht ist die Jungbürgerfeier aber auch nur noch ein alter Zopf und nicht mehr gefragt.»Oberriet spannt mit Altstätten zusammenDieses Problem kennen auch andere Gemeinde im Rheintal. In Rüthi, Berneck, Balgach und Thal melden sich immerhin noch etwa 50 Prozent der Jungbürger zu den Anlässen an. In Oberriet sinken die Zahlen jährlich: Kamen im Jahr 2012 noch 55,7 Prozent, waren es letztes Jahr nur noch 36,2 Prozent. Dieses Jahr organisiert die Gemeinde deshalb ihre Jungbürgerfeier erstmals zusammen mit der Stadt Altstätten. Marbach und Rebstein führen bereits seit 2011 die Feier gemeinsam durch. Sie findet alle zwei Jahre statt. Letztes Jahr nahmen daran 26 der 63 Jungbürger aus Marbach teil (40 Prozent). Aus Rebstein kamen etwa 20 Prozent. In Diepoldsau findet die Feier jährlich mit einer Beteiligung von 25 bis 30 Prozent statt. Noch weniger Interesse zeigen die Rheinecker Jungbürger. Im Durchschnitt nehmen zwischen fünf und zehn Prozent an der alle zwei Jahre stattfindenden Feier teil. «Seit einigen Jahren versuchen wir, die Jungbürger mit einem sportlichen Programm wie Gokart, Armbrustschiessen oder Curling zur Teilnahme zu bewegen», sagt Stadtschreiber Gabriel Macedo. Trotzdem seien die Zahlen rückläufig. Statt jährlich nur noch alle zwei Jahre«Die Jugendlichen meinen, es handle sich bei der Jungbürgerfeier um einen biederen, formellen Anlass», vermutet Macedo. Er erinnert sich daran, dass früher die Jungbürgerfeiern immer eine Möglichkeit boten, alte Schulfreunde zu treffen. Heute seien die Jugendliche so mobil und vernetzt, dass sie immer und überall die Möglichkeit haben, sich zu treffen und auszutauschen. Trotzdem hält der Stadtrat an der Feier fest, entschied sich jedoch dafür, sie nur noch alle zwei Jahre durchzuführen. «Wir haben seit einem Jahr ein Facebook- und Instagram-Konto», sagt Macedo. Über diese beiden Kanäle versuche man, jüngere Rheineckerinnen und Rhein-ecker zu erreichen. Diese Woche startet zum Beispiel eine Umfrage auf Facebook, mit der Frage, wie die nächste Jungbürgerfeier aussehen soll. «Auf die Antworten sind wir jetzt schon gespannt», sagt Macedo.In St. Margrethen wird die Feier alle zwei Jahre durchgeführt. Ungefähr zehn Prozent melden sich jeweils an. 2016 musste der Anlass aufgrund der wenigen Anmeldungen abgesagt werden. Daraufhin wurde die Jungbürgerfeier 2017 mit drei Jahrgängen durchgeführt. Aufgrund der spärlichen Rückmeldungen war im letzten Jahr eine Online-Anmeldung mittels QR-Code möglich.Auch Philipp Scheuble, Gemeindepräsident aus Rüthi, hat sich bereits Gedanken über das Desinteresse der jungen Erwachsenen gemacht. «Viele wollen keinen Termin, der erst in drei Monaten stattfindet, fix abmachen.» Er könne sich auch vorstellen, dass viele, im Gegensatz zu früher, heute nach der Schulzeit viel mehr voneinander wissen, weil sie ständig über Facebook etc. in Kontakt sind. «Zu meiner Generation war die Jungbürgerfeier wie eine Klassenzusammenkunft. Nach der obligatorischen Schulzeit haben sich manche aus den Augen verloren», sagt Schäuble. Heute weiss man dank Facebook und Insta-gram immer, wer wo und wann Ferien macht, wo er lebt und was er beruflich macht. «Das war bei uns noch nicht so, deshalb haben wir das Wiedersehen an der Jungbürgerfeier auch geschätzt.»Keine Jungbürgerfeier in WidnauAusser in Widnau wurde die Jungbürgerfeier bis jetzt in keiner Rheintaler Gemeinde abgeschafft. Widnau entschied vor vier Jahren, auf die Feier zu verzichten, nachdem sich nur noch 19 Prozent der Jungbürger angemeldet hatten und dann viele der angemeldeten Jugendlichen dem Anlass fernblieben, ohne sich abzumelden. Die Verantwortlichen machten die Erfahrung, dass frühzeitige An- oder Abmeldungen anscheinend nicht mehr zeitgemäss sind, weil die Jugendlichen ganz kurzfristig entscheiden, was am Abend gemacht wird. Da eine Jungbürgerfeier jedoch vorbereitet werden muss, erschwere dies die Planung. Die Behördenmitglieder hatten Zweifel, ob die Form einer offiziellen, von der Gemeinde ausgerichteten Jungbürgerfeier noch zeitgemäss sei. Dass in Widnau keine Jungbürgerfeier mehr stattfindet, scheint niemanden zu stören. «Mir sind bis jetzt keine Reklamationen wegen der abgesetzten Jungbürgerfeier bekannt», sagt Gemeinderatsschreiber Andreas Hanimann. In Au will man es nochmals versuchen. «Wir warten das nächste Jahr ab und entscheiden dann, wie es weitergeht», sagt Christian Sepin.