10.04.2022

Keine Impfdiskussionen mehr

Am 1. April endeten die Corona-Schutzmassnahmen. Fünf junge Menschen berichten, wie sie die Pandemie bewältigt haben, was schwierig war und worauf sie sich jetzt freuen.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Während der Wirtschaft während Corona unbürokratisch geholfen wurde, mussten viele Jugendliche die Pandemie allein meistern. Erst nach den Krawallen in St. Gallen im März und April letzten Jahres geriet diese Altersgruppe in den Fokus öffentlichen Interesses. Einige Erwachsene zeigten Verständnis, andere fanden die Reaktionen übertrieben. Die Pandemie hat in vielfältiger Weise Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Studien belegen, dass die Suizidgefährdung stieg und psychische Probleme bei jungen Menschen zunahmen. Aber nicht alle Kinder und Jugendliche sind im gleichen Masse betroffen.«Ich konnte mich nie von meiner Oma verabschieden»Wie für viele Jugendliche ging es für Mare Hellermann aus Altstätten zu Beginn der Pandemie ins Homeschooling, was für sie allerdings kein Problem darstellte. «Ich konnte meinen Tag selbst planen und einteilen», sagt die 18-Jährige. Da sie Anfang Woche das meiste erledigte, konnte sie danach ihren Hobbys frönen. Sie sei selten im Ausgang, lieber liest sie, singt oder schreibt Gedichte, weshalb es ihr nicht schwerfiel, zu Hause zu bleiben. Trotzdem fühlte sie sich mit der Zeit etwas beengt.[caption_left: Mare Hellermann. (Bild:pd)]Was sie aber fuchste, war, dass sie ihren 18. Geburtstag nur im engsten Familienkreis feiern durfte. Das Schlimmste war jedoch, dass ihre Oma während der Pandemie starb und sie nicht an der Beerdigung teilnehmen durfte. «Ich konnte mich nie richtig von ihr verabschieden», sagt die FMS-Schülerin. Das belastet sie bis heute. Obwohl sie sich impfen liess, hätte sie sich gewünscht, dass das Impfen nicht so gepusht worden wäre. «Ich fühlte mich beinahe gezwungen, mich impfen zu lassen», sagt sie. Die ständigen Diskussionen haben sie genervt und hätten die Gesellschaft nur gespalten. Nun freut sie sich auf eine maskenfreie Zeit, möchte reisen und hofft, dass sie ohne Coronamassnahmen in die ISME einsteigen und danach Philosophie studieren kann.«Homeschooling stellte meinen Alltag auf den Kopf»Durch die Einschränkungen konnte Albin Rutz aus Rebstein nicht mehr den normalen Alltag leben, den er gewohnt war. Weil er sich dazumal eher tagsüber mit seinen Freunden traf, statt abends in den Ausgang zu gehen, betrafen ihn die Einschränkungen unterschiedlich stark. «Im Lockdown, als wir Homeschooling hatten, war mein Alltag auf den Kopf gestellt worden», sagt der 14-Jährige.[caption_left: Albin Rutz. (Bild:pd)]Plötzlich konnte er seine Aufgaben selbst einteilen und manchmal nach Belieben ausschlafen. Via soziale Netzwerke blieb er in Kontakt mit Kollegen. Gemeinsam mit seinen Freunden spielte er oft Videospiele. Ihn habe der Lockdown nicht gross gestört, so Albin Rutz. Er glaubt, dass ältere Jugendliche eher benachteiligt waren durch die Massnahmen und Beschränkungen. Er hätte sich gewünscht, dass vermehrt mit Empfehlungen statt mit Pflichten gearbeitet worden wäre. Trotzdem habe er während der Pandemie viel gelernt. «Viele Menschen zeigten Toleranz gegenüber Risikogruppen und blieben zu Hause», sagt der Sekundarschüler. Viele hätten aber auch Verständnis für diejenigen gehabt, die wieder raus aus dem Haus wollten. Obwohl er sein Zuhause und die Familie schätzen gelernt hat, freut er sich, seine Freunde ohne Bedenken zu treffen.«Die Isolation in den Sommerferien war blöd»Die Coronakrise hat Nico Pache aus Widnau nicht wirklich belastet, gibt er an. Er fand die Diskussionen ob, wann und wo Masken getragen werden müssen, allerdings mit der Zeit lästig. Auch das Homeschooling fand er nicht ideal, da er im normalen Unterricht besser lerne. «Besonders doof fand ich, dass ich in den Sommerferien Corona hatte und deswegen eine Woche lang in meinem Zimmer bleiben musste», sagt der 12-Jährige. Er hätte es lieber während der Schulzeit gehabt.[caption_left: Nico Pache. (Bild:pd)]Der Widnauer glaubt nicht, dass Corona jemals ganz verschwinden wird. Vielleicht mutierte das Virus zu einer harmlosen Grippe. In Bezug auf ärmere Länder hätte er sich gewünscht, dass ihnen Impfstoffe schneller zugekommen wären. «In einigen Regionen haben wahrscheinlich Menschen noch nie etwas von Corona gehört und sterben, ohne zu wissen woran», sagt Nico Pache. Mit Blick nach vorn freut er sich auf das nächste Schullager und hofft, dass wegen Corona im nächsten Winter nicht wieder das Skilager abgesagt werden muss.«Das Feiern mit Freunden habe ich vermisst»Der Alltag von Selda Akbaba aus Widnau hat sich mit dem Lockdown im März 2020 drastisch verändert. Statt in die Schule zu gehen und viel Zeit mit den Freundinnen zu verbringen, gab es das Homeschooling, Abstandsregeln und Kontaktreduzierung. Sie sei viel mit ihrer Familie in der Natur spazieren gegangen oder habe mit ihrer Oma, als diese noch lebte, telefoniert. «Ich habe bewusst darauf verzichtet, oft mit Freundinnen abzumachen, damit ich mich und meine Familie vor dem Virus schützen konnte», sagt die 15-Jährige.[caption_left: Selda Akbaba. (Bild:pd)]Obwohl sie das Händeschütteln und sich Umarmen vermisst habe, spürte sie die Solidarität in der Gesellschaft. Besonders positiv fand sie die Einkaufshilfen für ältere Menschen oder Risikopersonen. «Das Feiern mit Freunden, Partys und unbeschwerte Abende habe ich vermisst», sagt Selda Akbaba. Umso mehr freut sie sich, mit Freundinnen wieder shoppen oder etwas trinken gehen zu können sowie auf verschiedene Anlässe, die im Sommer stattfinden sollen. Während der Pandemie habe sie gelernt, mit den Massnahmen umgehen zu können und einander zu helfen. «Die Gesundheit ist unser höchstes Gut, darauf sollten wir achtgeben», sagt die Widnauerin.«Die Maskenpflicht hat mich sehr gestört»Zu Beginn der Pandemie seien alle vorsichtiger gewesen, erinnert sich Josia Heiniger aus Au. «Mit Ausnahme des Trainings, welches wir im Verein nicht mehr durchführen konnten, störte mich nur die Maskenpflicht», sagt der 16-Jährige. Sport hätte er zu Hause gemacht. Während des Homeschoolings sei es vorgekommen, dass ihm die Decke auf den Kopf fiel. «In dieser Zeit fühlte ich mich von der Aussenwelt abgeschnitten», sagt Josia Heiniger. Das sei die schlimmste Phase der Pandemie gewesen. Die Maske empfand er als belastend, da er wegen ihr ständig müde und unkonzentriert war, was sich auch auf seine Noten ausgewirkt hat. Er freut sich, wieder Sport im Verein zu machen.

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