Gert BrudererMit Bezug auf die Befürchtungen Marbachs vor dem Zusammenschluss, es könnte benachteiligt werden, sagt Pfarrer Renato Tolfo: «Marbach hat nichts verloren, beide Kirchen haben gewonnen. Wir sind aber noch nicht da, wo wir hin sollten.»Den Anstoss zur Fusion hatte die Erkenntnis gegeben, dass grössere Kirchgemeinden zufriedener sind. Das war bei einer Visitation der Kirchgemeinden durch die Kantonalkirche festgestellt worden. Grössere Gebilde seien besser in der Lage, Bedürfnisse breit abzudecken, lautete das Fazit.Sich darin einig sein, wofür die Kirche einstehtDoch welches sind überhaupt die Bedürfnisse? Was macht die Kirchgemeinde aus? Wie lauten ihre Kernanliegen, welches sind ihre Ziele? Um Antworten auf solch grundlegende Fragen zu finden, führt die Kirchgemeinde eine Befragung ihrer Angestellten sowie ihrer freiwilligen Mitarbeitenden durch. Es geht darum, die Schwächen, Stärken, Chancen aufzulisten.Mit dem angestrebten Gemeindekonzept sind die Durchleuchtung des bestehenden Angebots und dessen Bewertung verbunden. Es soll ein breiter Konsens darüber herrschen, wofür die Kirche einsteht, was sie braucht, was sie sich leisten soll. Auch geht es um die Schärfung des Bewusstseins.Tolfo sagt, als eigenständige Kirchgemeinde wäre Marbach heute schlechter gestellt, doch das Bewusstsein hierfür sei zu wenig ausgeprägt. Das liege auch daran, dass vor der Fusion zu wenig klar hervorgehoben worden sei, was der Verzicht auf den Zusammenschluss bedeutet hätte.Jugendarbeit aufgewertetVor der Fusion waren in beiden Dörfern Pfarrpersonen mit einem Pensum von je 100 Prozent tätig. Indem sie ihr Pensum herabsetzten, Renato Tolfo auf 90, Andrea Hofacker auf 80 Prozent, bereiteten sie finanziell den Weg zur Aufwertung der Jugendarbeit. Die frei gewordenen Mittel kamen der Diakon-Stelle zugute, die zunächst nicht als der heutige 90-Prozent-Job gedacht war (+ 10 Prozent Unterricht).Doch was der Diakon leistet, nimmt jemand, der keine Kinder hat, nicht unbedingt wahr. Denn der Fokus seiner Arbeit ist auf den Kinder- und Jugendbereich gerichtet, der vor der Fusion vernachlässigt worden war und den zu stärken seither das Ziel ist.Sehr gut laufe es mit den Oberstufen-Erlebnisprogrammen, sagt Renato Tolfo, aber auch Ferienlager, kindergerechte Gottesdienste, die Bildung eines Teams für Familiengottesdienste und ökumenische Bestrebungen mit Blick auf den Nachwuchs sind wichtige Anliegen. Teil des ökumenischen Programms ist ein Start-Event vom Samstag, 30. März, für Bambinis (Kindergarten bis 2. Klasse) und Kids (3. bis 6. Klasse) aus beiden Dörfern. Die Kinderfeiern für den kleinsten Nachwuchs sind schon länger konfessionsübergreifend, denn in vielen Familien gehören die Eltern längst nicht mehr der gleichen Konfession an. Bei vier von fünf Hochzeiten und vier von fünf Taufen, sagt Renato Tolfo, sei nur der eine Elternteil evangelisch.Mehr Freiwillige dringend nötigWas die Kirchgemeinde am dringendsten braucht, sind Freiwillige. Menschen, die bereit sind, mitzuhelfen, sei es in einem Familiengottesdienst-Team, zugunsten ökumenischer Veranstaltungen, für die Überbrin-gung von Gratulationswünschen, wenn jemand über achtzig Geburtstag hat, für Suppentage, Seniorennachmittage, Erntedankfeste, Bastelanlässe und manches mehr.Die Mitwirkung der heute gewiss über 80 Freiwilligen werde sehr geschätzt, es seien aber mehr erforderlich. So ist es bislang in Marbach nicht gelungen, ein regelmässiges Kirchenkafi durchzuführen, wie es in Rebstein nach dem Gottesdienst praktisch immer besteht, bei Taufen samt Apéro.Nach dem Zusammenschluss der Kirchgemeinden fand eine Veranstaltung statt, bei der es um die Gewinnung weiterer Freiwilliger ging. Doch in dieser Sache sei man seither leider nicht vorangekommen, sagt Renato Tolfo. Ebenso sei die Förderung von Jugendlichen nach der Konfirmation «ein weisses Feld». Das sei sehr schade, denn ohne spezifische, gute Angebote gehe der Bezug zur Kirche verloren.Zahl der Gottesdienste wird ein Thema seinZwangsläufig wird auch die Zahl der Gottesdienste ein Thema sein. Während andere Kirchgemeinden zum Teil noch einen Gottesdienst pro Monat haben, findet in Rebstein und Marbach an drei von vier Sonntagen des Monats ein eigener Gottesdienst statt.In Rebstein nehmen in der Regel 30 bis 40 Gläubige teil, bei Sonderprogrammen mehr, und das Kirchenkafi ist stets gut besucht. In Marbach kommt es vor, dass keine 20 Gläubige den Gottesdienst besuchen. Für nur in Rebstein durchgeführte Gottesdienste war den Marbachern anfänglich ein Fahrdienst angeboten worden, doch das Interesse war zu spärlich – und das Angebot entfiel.Das für dieses Jahr angestrebte Gesamtkonzept soll eine Kerngruppe erarbeiten, die sich aus Kirchbürgern beider Dörfer zusammensetzt. Die Pfarrerin Andrea Hofacker ist federführend und als einziges Kerngruppe-Mitglied bei der Kirchgemeinde angestellt. Entstehen soll das Konzept unter externer Begleitung und mit einem klaren Vorsatz: Wie es weitergeht, wird nicht von oben diktiert.