13.09.2022

Kaum Rebnetze gegen Vogelfrass

Schlecht montierte Rebnetze können zur Falle für Vögel und Wildtiere werden. Ein Augenschein vor Ort und Gespräche mit Bernecker Winzern zeigen: Die Wahl des Netzes ist mindestens so wichtig wie die Kontrolle.

Von Iris Oberle
aktualisiert am 02.11.2022
Im Sommer hat die von verschiedenen Trägerorganisationen eingesetzte Arbeitsgruppe Rebnetze über ein neues Online-Meldetool informiert. Dort können Privatpersonen melden, wenn sie Tiere aus Rebnetzen befreit und dabei Netze beschädigt haben. Auch gefangene Tiere oder ungespannte Netze auf dem Boden können gemeldet werden.Die Nachfrage bei einigen Rheintaler Winzern zeigt: Auf herkömmliche, grossmaschige Vogelschutznetze wird meistens verzichtet. Im Weinberg des Weinguts Maienhalde sind nur wenige Rebzeilen mit Hagelschutznetzen geschützt.Kaum noch grobmaschige Netze im EinsatzPeter Indermaur, der das Weingut in der vierten Generation führt, erklärt: «Wir müssen unsere Rebberge kaum vor Vögeln schützen, weil sich diese von den umliegenden Strassen gestört fühlen. Der einzige Zeitraum, in dem wir die Reben vor Vögeln schützen, ist die kurze Zeit, wenn die Starenschwärme über die Felder ziehen. Da setzen wir auf akustische Abschreckung. Ansonsten können wir der Lage wegen auf Vogelschutznetze verzichten.»Auch Roland Lenz, der das Weingut Stegeler bewirtschaftet, setzt auf die schwarzen Seitenhagelschutznetze. Mehr Probleme als die Vögel bereiten dem Winzer, der auch in Zürich und im Thurgau Weinbau betreibt, Dachse und Rehe. Wichtig ist deshalb, dass die Netze gut verschlossen sind. Ähnlich tönt es bei Adrian Wetli vom Weingut Wetli Weine. «Wir verwenden fast ausschliesslich Hagelschutznetze. Weil diese rechts und links der Trauben angebracht werden und nicht bis zum Boden reichen, besteht weder für Vögel noch für Igel eine Gefahr. Bei Neuanlagen werden die Netze fix montiert. In Waldnähe schützen wir die Trauben mit Wespenschutznetzen. Diese sind so engmaschig, dass sie auch vor Kirschessigfliegen schützen. Und auch da gelangen keine Vögel rein.» Einige Vogelschutznetze seien noch in Waldnähe angebracht, doch würden diese sukzessive ersetzt. Tägliche Kontrollgänge seien fester Bestandteil ihres Tagesablaufs, sagt Adrian Wetli.Wenige Altbestände durch Vogelschutznetze geschütztEin kleiner Rebhang mit Vogelschutznetzen findet sich in Berneck. Dort wachsen die Trauben des Tobias Weinguts. Christoph Schmid, der den Traditionsbetrieb in der fünften Generation führt, erklärt: «Wir haben nur noch wenige alte Bestände, die mit Vogelschutznetzen gedeckt sind. Dabei achten wir akribisch darauf, dass diese sehr gut gespannt sind und nicht in Bodennähe kommen. Die Spannung hält die Vögel zurück, und weil die Böden frei sind, besteht auch für Igel keine Gefahr. Zudem benutzen wir grellblaue Netze, welche die Vögel ebenfalls abschrecken.» Direkt neben dem überdeckten Rebhang steht ein weiterer, dessen Trauben mit Wespenschutznetzen geschützt sind. Auch diese Netze sind straff gespannt und oben und unten mit Klammern verbunden. «Manchmal haben wir lediglich Besuch von Dachsen und Füchsen, die versuchen, von unten an die reifen Trauben zu gelangen.Wir kontrollieren sämtliche Netze jeden Tag und verschliessen sie wieder, wenn ein Wildtier es doch mal zu einer Zwischenmahlzeit geschafft hat.» Das Problem sich verheddernder Vögel nimmt Christoph Schmid ernst. «Wir haben im Durchschnitt aber nicht mal einmal pro Jahr den Fall, dass sich ein Vogel in einem Netz verfängt.»Meldetool als Serviceangebot für WinzerPatrick Peyer, Projektleiter Landwirtschaft bei BirdLife Schweiz und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Rebnetze, erklärt die Entstehung des Meldetools: «In der Vergangenheit wurden gefangene Tiere oder unsorgfältig montierte Rebnetze verschiedenen Stellen und Institutionen gemeldet; etwa BirdLife, Pro Igel, dem WWF, der Vogelwarte, dem Tierschutz etc.» Mit dem neuen Online-Tool gingen die Meldungen nun koordiniert ein. Das Tool sei ein Service, der den Winzern angeboten werde, sollte ein Netz beschädigt sein oder nachgezogen werden müssen, so Patrick Peyer. Das Formular von Viti- swiss, dem Schweizerischen Verband für eine nachhaltige Entwicklung im Weinbau, ist über die unten angegebene Website zu finden.Agroscope hat zudem das Arbeitsblatt «Schutz der Rebberge mit Rücksichtnahme auf Vögel und andere Tiere» kürzlich überarbeitet.Hinweis: www.swisswine.ch

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