Schwarzer Rauch steigt über dem Flughafen Altenrhein auf. Es ist 18.58 Uhr, als der Flieger aus Wien aufsetzt. Dabei bricht das linke Fahrwerk ein, die Maschine schlittert unkontrolliert über die Rollbahn. Brennende Trümmer sind überall verstreut, Dutzende Passagiere werden verletzt, gar mit Toten ist zu rechnen.Es ist ein unheimliches Bild, das sich am Montagabend auf dem Flugfeld bietet, doch alles ist Teil einer Übung. Wenige Augenblicke nach der Bruchlandung treffen Rettungskräfte ein, die Feuerwehr kämpft mit den Flammen und die Polizei hat alle Hände voll zu tun. Schaulustige drängen sich am Zaun rund um das Flughafengelände, der Verkehr kommt zum Erliegen und in der Ankunftshalle, wo Angehörige der Passagiere warten, spielen sich tumultartige Szenen ab. Denn im Flugzeug befanden sich viele Jugendliche, die von den Berufsweltmeisterschaften zurückgekehrt sind. Darunter auch ein frischgebackener Weltmeister.Erschreckend real wirkt das Szenario. Doch die rund 50 «Verletzten» sind geschminkte Statisten, Todesopfer werden durch Puppen symbolisiert. Die Übung folgt einem Drehbuch, das Hollywood in nichts nachsteht.Psychologische Hilfe für Verletzte und AngehörigeWas im Übungs-Drehbuch «Kormoran» steht, weiss Bruno Künzler nicht. Als Gesamteinsatzleiter versucht er, Ordnung in das Chaos zu bringen. Bei ihm laufen die Fäden zusammen. Er ist unter Druck, denn nach einer Stunde ist das Ausmass des Unfalls noch immer nicht abzuschätzen.Rund um das Wrack des Flugzeugs herrscht wegen des auslaufenden Kerosins Explosionsgefahr. Deshalb bietet Künzler Spezialfahrzeuge der Feuerwehr in Wil auf. Es ist dunkel geworden, grelle Scheinwerfer leuchten die Umgebung rund um das verunglückte Flugzeug aus. In einer Lagebesprechung berichtet Günter Bildstein, Leiter der Sanität, von bis zu 30 Verletzten, fünf davon schwer. Diese Handvoll muss umgehend in ein Spital, deshalb bietet Künzler weitere Rettungskräfte aus der ganzen Ostschweiz auf, dazu die Rega. Die umliegenden Spitäler haben bereits ihre Kapazitäten gemeldet.Auf dem Rollfeld wurde ein Zelt aufgebaut, wo nach dem Abtransport der Schwerverletzten nun die Leichtverletzten betreut werden. Vor allem die Psychologische Erste Hilfe ist gefordert. Nicht nur die Verwundeten, auch die Angehörigen in der Ankunftshalle müssen betreut werden. Diese versuchen verzweifelt, an Informationen zu gelangen. Noch werden 14 Personen vermisst. Der Feuerwehrkommandant berichtet von geschockten Insassen, die auf dem Rollfeld umherirrten. Künzler fordert Passagierlisten an. Jetzt wird klar, dass drei Personen bei der Bruchlandung getötet wurden. Künzler fordert die Staatsanwaltschaft an. Auch die Stelle für Flugunfalluntersuchungen wird aufgeboten, das Bundesamt für Zivilluftfahrt involviert. Ein Ziel der Übung ist es, zu testen, wie diese Organisationen zusammenarbeiten.Wem gehört der Schuh?Unterdessen sind Kriminaltechniker eingetroffen. Auf der Piste liegen Gepäckstücke herum: Koffer, Handtaschen, ein Schuh. Was sagen die Trümmer über die Unfallursache aus? Die Techniker sichern erste Spuren. Über den Köpfen der Rettungskräfte surrt eine Drohne. Die Feuerwehr benutzt sie, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.Vor Ort tummeln sich nun auch Dutzende Journalisten, ebenfalls Statisten. Wie rasch kann ihnen die Polizei gesicherte Angaben machen? Wie gehen die Polizisten mit aufdringlichen Fotografen um? Diese Fragen soll die Übung klären. Denn die Reporter lechzen am Eingangstor zum Flugplatzareal nach Informationen: Wie viele wurden verletzt, wer sind die Toten, wieso kam es zum Unglück? In einer Pressekonferenz werden erste Erkenntnisse zur fiktiven Katastrophe bekannt gegeben. Punkt 23 Uhr ist der Spuk vorbei. Die Übung wird für beendet erklärt. Während die Einsatzkräfte durchatmen, zieht der Übungsleiter ein erstes – positives – Fazit.