23.06.2020

Kasse weg, Vertrauen missbraucht

Vandalen haben in Au ein Strassenlädeli heimgesucht. Trotzdem halten die Betreiberinnen an ihrem Projekt fest.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelAn der Emserenstrasse 25 steht seit März ein charmantes Verkaufshäuschen, betitelt mit «Gaumefreud». Drei junge Frauen aus Au erfüllten sich den Traum eines kleinen «Hoflädeli», in dem sie selbstgemachte Konfitüren, Sirup und allerlei saisonale Spezialitäten verkaufen. Katharina Sieber, Chiara Biser und Patricia Bischof steckten in den Aufbau dieses Häuschens viel Zeit und Leidenschaft, ebenso in die Herstellung der Produkte.Kürzlich mussten sie einen Rückschlag hinnehmen. In einem Leserbrief wandten sie sich daraufhin an die Redaktion.Kleine Beute, grosser Schaden«In den vergangenen Wochen stellten wir vermehrt fest, dass Produkte aus unserem Häuschen ohne Bezahlung mitgenommen wurden.» Den Frauen war klar, beim Betreiben eines solchen Lädelis mit Einbussen rechnen zu müssen. Die Bezahlart basiert auf Vertrauen. Passanten können sich jederzeit bedienen, das Geld werfen sie in eine Kasse ein. Doch nicht nur das Vertrauen wurde missbraucht. Katharina Sieber machte eine Entdeckung, die sie und ihre Freundinnen nachdenklich und traurig zugleich stimmte. «Die Kasse, mit stabilen Metallplatten festgeschraubt, wurde gewaltsam aus dem Häuschen herausgerissen.» Die Kasse war leer. Die Vandalen hinterliessen aber ein beschädigtes Verkaufshäuschen und entmutigte Betreiberinnen. «Dieser Vorfall demotiviert», sagt die 22-Jährige. Sie überlegten sich, das Häuschen abzubauen. «Was sehr schade wäre, konnten wir bis anhin doch vielen Menschen mit unseren Produkten eine Freude bereiten», sagt Patricia Bischof. Besonders während Corona erfuhr das Angebot grosse Wertschätzung. Manche stellten leere Configläser zurück in das Häuschen, gefüllt mit einer süssen Aufmerksamkeit.Direktverkaufsstände sind beliebt. Dass sie je nach Standort zu Diebstahl verleiten, lasse sich nicht vermeiden. «Es gibt schlicht freche Leute», sagt Hans Oppliger, Mitarbeiter am Landwirtschaftlichen Zentrum Salez. Es empfiehlt sich, Direktverkaufsstände in der Nähe belebter Orte zu platzieren.Mischrechnung gleicht Verluste ausAuf Bauernhöfen käme es in der Regel kaum zu Diebstählen. Die guten Erfahrungen gründen auf Kundennähe. Meist wird bemerkt, wenn sich jemand an einem Direktvermarktungsstand bedient. Wer etwas kauft, zeigt sich oft grosszügig und bezahlt mehr als den Verkaufspreis, was den Verlust durch Langfinger ausgleicht. Somit entsteht eine Mischrechnung, die den Aufwand entschädigt. Überwachungskameras zu installieren sei eine weitere Möglichkeit, Diebe fernzuhalten. Wobei rechtliche Grundlagen beachtet werden müssen, sagt Hans Oppliger. Auch eine bargeldlose Bezahlung mit Twint würde sich anbieten. Katharina Sieber kennt das Verfahren über QR-Code, ist aber zurückhaltend betreffend einer Registration. Barzahlung liesse sich nicht ersatzlos streichen, da auch technisch weniger versierte Menschen Zugang zu den Produkten erhalten sollen.Die gestohlene Kasse ist ein Delikt, das grundsätzlich angezeigt werden kann. Die drei Freundinnen sehen davon ab. «Die Täter ausfindig zu machen, ist sehr unwahrscheinlich und der Aufwand wäre zu gross», sagt Patricia Bischof. «Wir sagten uns, ein Leserbrief dürfte mehr bewirken als eine Anzeige», so die 18-Jährige.Trotz der Enttäuschung soll es demnächst wieder ein Angebot im Verkaufshäuschen geben. «Die Freude am Lädeli überwiegt», sagen die kreativen Frauen. Ihnen schwebt bereits die nächste saisonale «Gaumefreud» vor: Zucchettichutney und Tomatensugo.HinweisInstagram Account: Gaumefreud

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