15.04.2019

Kartage wie anno dazumal

Im Berggebiet von Oberriet wird das Karwochenbrauchtum gepflegt wie nirgendwo sonst in der Gegend. Hier wird in der Kirche Kobelwald wie anno dazumal wieder ein Heiliggrab aufgestellt.

Von Ruedi Loher
aktualisiert am 03.11.2022
Ruedi LoherZum fünften Mal seit der Wiederentdeckung der Heiliggrab-Kulissen 1995 auf dem Kirchendachboden ist dieser barocke Bühnenbau dieses Jahr in der Kirche Kobelwald wieder zu sehen. Ab Karfreitag bis Ostermontag wird die Kirche damit zu einem Schaufenster alter Tradition.Das Kobelwälder Heiliggrab ist weit über die Gemeindegrenze hinaus bekannt und geniesst mittlerweile eine schon fast wallfahrtsmässige Verehrung, so wie in früheren Tagen.In Kobelwald darf das Heiliggrab weiterlebenIm Bistum St. Gallen gibt es nur noch wenige komplett erhaltene Heiliggräber. Schätzungsweise dürften es noch um die 25 sein. Geringer ist die Anzahl der nur noch in Teilen existierenden. Heute gehört Kobelwald zu den glücklichen Pfarreien, die eine rührende, weit über hundert Jahre alte Kulissenanlage besitzt, hergestellt 1883 in der Werkstatt Kraft-Mayr im oberbayrischen Freising. Einst war es ein Muss in katholischen Kirchen, die symbolhafte Passionsszenerie während der Karwochentage anschaulich bereitzustellen. Ihr Verschwinden wegen der Liturgiereform in den 1950er-Jahren ist zumindest in brauchtümlicher Hinsicht bedauerlich.Die Regeln der sogenannt «drei höchsten Tage» waren streng einzuhalten. Seelenruhig sass man in der Stube, während in der Nähe des Kruzifixes die Karfreitagskerze flackerte. Das Armenseelenlicht wurde für Schutz und Segen in Haus und Hof extra aufgestellt. Ausserdem stand für Jung und Alt ein öfterer Kirchenbesuch an; deswegen war der Schulbesuch etwas eingeschränkt. Mäuschenstill war es in der Kirche; scharenweise kamen Leute zur Anbetung. In der Grabnische lag der tote Heiland, aus Holz gesägt und bemalt, so die berühmte Kulissendarstellung in der Dorfkirche Kobelwald.Am Karsamstag, während der Osternachtfeier um 19.30 Uhr, wird dann, wie früher, der Grablegechristus verschwinden und der Auferstandene manuell hochgezogen und im hell beleuchteten Wolkenband als Sieger dargestellt. Diese Christusfigur, ebenfalls aus Holz gesägt und von Künstlerhand reichlich bemalt, ist das Prunkstück der Grabdarstellung.Mit vollem Kirchenglockenklang, Orgelmusik und Volksgesang geht die Karwoche in der Holzrhode zu Ende. Nicht aber für das Heiliggrab: Die Ausstellung geht am Ostersonntag und Ostermontag weiter; jedermann ist zum Besuch eingeladen.HinweisDas Heiliggrab in der Kirche Kobelwald kann von Karfreitag bis Ostersonntag zwischen 8 und 20 Uhr sowie am Ostermontag zwischen 8 und 17 Uhr besichtigt werden.

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