Zur Kunst des Behördensprechs gehört auch, viel zu schreiben, aber wenig zu sagen. Mitte August diente der Kanton St.Gallen mit einem weiteren Beispiel. Er reagierte auf eine Interpellation der SVP-Fraktion, die fragte, welche Lehren die Regierung aus der Thematik rund um die Subventionsmillionen der Bus Ostschweiz AG ziehe und wer überhaupt die Verantwortung dafür trage, mit fast zwei Seiten Text. Aber kaum mit deutlichen Statements.
Die Regierung schreibt beispielsweise, es sei «unklar», inwiefern sich sämtliche Verwaltungsratsmitglieder des umstrittenen Geschäftsmodells «bewusst waren». Zur Erinnerung: Mit dem «Geschäftsmodell» ist die Buchungspraxis gemeint, wonach die Bus Ostschweiz AG zwischen 2012 und 2019 abgeschriebene Fahrzeuge an eine Tochterfirma verkaufte, um sie dann wieder teuer zurückzumieten. Gleichzeitig kassierte das Unternehmen hohe Subventionsbeiträge. Und strich so Millionengewinne ein.
Doch wer sucht, der findet in der Regierungsantwort dennoch Interessantes. Auf die Frage der SVP, wer die «subventionsrechtlichen Unzulänglichkeiten», die umstrittene Buchungspraxis also, angeordnet habe, antwortet die Regierung mit dem Verweis auf Protokollauszüge des Verwaltungsrates der Bus Ostschweiz AG. Diese waren Bestandteil eines Berichtes der kantonalen Finanzkontrolle. Der Verkehrsbetrieb wendet jedoch ein, dass die «dargestellten Statements einzelner Personen aus dem Zusammenhang gerissen» seien. Es tobt auch ein Streit um Worte.
Millionengewinne dank Subventionen
Und längst einer um Millionen, das hält auch der Kanton fest. Denn er schreibt in der Regierungsantwort weiter:
Es lässt sich zweifelsfrei erkennen, dass in der Tochterfirma gezielt Gewinne zu Lasten des bestellten Verkehrs erwirtschaftet wurden.
Will heissen: Der Kanton wirft der Bus Ostschweiz AG nochmals mit Nachdruck vor, dass sie mit Hilfe der Subventionsbeiträge, die sie für den «bestellten Verkehr», die Leistungen des Verkehrsbetriebes also, erhält, Gewinne einfuhr. Je nach Lesart zwischen 5,5 und 9,4 Millionen Franken.
Die Meinungen gehen nicht nur beim Rechnungsweg auseinander, bei der Deutung der Worte, sondern auch bei der Frage, ob die Bus Ostschweiz AG das Geld überhaupt zurückzahlen muss, ob sie überhaupt widerrechtlich gehandelt hat. Die Regierung verlangt das Geld zurück. Der Verkehrsbetrieb ist sich derweil keiner Schuld bewusst.
Gutachten bringen keine neuen Erkenntnisse
Anfang Sommer hat er zwei unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben. Oder, wie der kantonale Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner sagt: «in Aussicht gestellt». Eine Formulierung, in der die Hoffnung auf Neuigkeiten, auf eine Entscheidung im Streit um die Subventionsmillionen mitschwingt.
Die Gutachten wurden mittlerweile angefertigt. Und Tinner sagt ernüchtert:
Die beiden Gutachten klammern die strittige subventionsrechtliche Problematik explizit aus.
Folglich hätten die Berichte «keinerlei neue Erkenntnisse» zu Tage gefördert. An der Forderung, dass die «zu Unrecht bezogenen Abgeltungen zurückzuerstatten» seien, habe sich deshalb «nichts geändert».
Viel weiter scheint man dementsprechend nicht zu sein – trotz der Gutachten. Zumal die Verhandlungen nicht, wie geplant, nach den Sommerferien wieder aufgenommen wurden. Erst Anfang Oktober trifft man sich wieder. Tinner sagt: «Weil viele Parteien involviert sind, hat man erst dann einen Termin gefunden. Doch an uns hat es nicht gelegen.»
Sicher ist: Die Regierung pocht auf eine Einigung: Ob man einvernehmlich eine Lösung finde oder eine Verfügung zu erlassen sei, «wird sich Anfang Oktober weisen», so Tinner. Oder in anderen Worten: Sollte die Bus Ostschweiz AG beim nächsten Treffen nicht bereit sein, die über neun Millionen Franken zu bezahlen, wird die Regierung mit härteren Bandagen kämpfen. Für eine Stellungnahme war der Verkehrsbetrieb am Montag nicht zu erreichen.
Es gibt noch weitere Schauplätze
Neben dem Verhandlungstisch in der Ostschweiz existiert ein weiterer Schauplatz: Bern. Das Bundesamt für Verkehr hat vor knapp zwei Monaten eine Voruntersuchung gegen die Bus Ostschweiz AG eingeleitet. Dies, weil die Zuständigkeit des Falles wegen zwei Gerichtsurteilen neu beim Bund liegt. Dieser lässt ausrichten, dass er keine Angaben zum Stand der Ermittlungen machen kann, «weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt».
Ebenfalls noch nicht abgeschlossen ist die Arbeit des Wirtschaftsprüfers PWC. Er bewertet die Bus-Ostschweiz-Aktien gegenwärtig. Damit der Kanton seine Anteile von über 40 Prozent alsbald abstossen kann.