25.04.2019

Kampfwahl ums Rheinecker Stadtpräsidium: Alle wollen ein lebendigeres Städtli

Wie kommt Rheinecks Altstadt zu mehr Leben? In welche Richtung soll die Stadt sich orientieren? Wie viel soll ihr Präsident verdienen? Das sind drei von vielen Fragen an die Präsidentschaftskandidaten.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererAm Dienstag gab es im «Hecht» Antworten. Die drei potenziellen Nachfolger des Stadtpräsidenten Hans Pfäffli beteiligten sich an der von Ralph Dietsche geleiteten Podiumsdiskussion. Es sind dies der von der Findungskommission vorgeschlagene Urs Müller (Thal, FDP), der nach der Ablehnung auf eigene Faust kandidierende Marco Ramsauer (Buchs, parteilos) sowie die einheimische Angelika Margadant, die sich nicht bei der Findungskommission beworben hatte und ebenfalls keiner Partei angehört.Wie kommt die Stadt zu mehr Einfluss?Eine Fusion soll für Rheineck kein Thema sein, darin ist man sich einig. Die Stadt bewältige ihre Aufgaben allein bestens, meinte Ramsauer, und Müller verwies darauf, dass die Verwaltung nicht nur gut, sondern günstiger arbeite als jene der Nachbargemeinden. Politisch blickt Angelika Margadant primär in Richtung Rheintal, doch man solle offen sein nach allen Seiten.Müller widersprach, indem er das Rheintal als «wirtschaftlich zwar interessant für Rheineck» bezeichnete, doch um als Stadt politisch mehr Einfluss zu haben, sei die Orientierung nach Rorschach ratsam. Sein Herz schlage fürs Rheintal, die politische Vernunft weise indes in die andere Richtung.Die Frage aus dem Publikum, wohin der Gwerbler am besten den Blick richte, beantwortete Ramsauer kurz und bündig: «In Richtung Geldverdienen.» In alle vier Richtungen, empfahl Margadant, und Müller nannte einige Beispiele einheimischer Firmen, die regional vorbildlich verankert seien.Mehr Leben ins Städtli bringenEine Kernfrage ist sicher, wie Leben nach Rheineck zu bringen wäre und was sich touristisch bewirken liesse. Angelika Margadant nannte als Beispiel die Foxtrail genannte Schnitzeljagd für Familien und sieht die Notwendigkeit, der «Stadt ein Profil zu geben», damit sie anders wahrgenommen werde. Die an Rhein-eck vorbeirollenden Velofahrer seien ins Städtli zu holen – das finden alle. Urs Müller erinnerte daran, dass Rheineck in der Schweiz der erste Ort sei, von der der Jakobsweg nach Rorschach und St. Gallen führe. Das damit ausgelöste Raunen im Publikum galt Müllers Vorstandstätigkeit in der Freikirche ICF, worauf der Moderator erst am Ende einging.Müller stellte den Gewerbetreibenden mehr Gestaltungsfreiraum in Aussicht, während Margadant, nach ihrer Vision gefragt, erklärte: «Wir haben ja schon einiges erwähnt. Was sonst siehst du noch, Marco?» Gelächter übers geschickte Weiterspielen des Balls. Ramsauer meinte, im Grünau-Gebiet liesse sich «etwas ganz Schönes hinstellen», samt Unterführung – etwas Neues, das gut mit dem Städtli harmoniere.Einen Schritt rückwärts machenDie Frage nach Prioritäten im Amt beantwortete zunächst einzig Müller mit einem politisch konkreten Geschäft, nämlich der Ortsplanung samt Zonenplanung, die rasch anzupacken sei, denn die Stadt solle möglichst bald von den Vorteilen des neuen Baugesetzes profitieren können. Ramsauer führte sodann eine Verkehrslösung beim Pöstli als dringlich an, wobei er zwei geplante Strassenverengungen im Zusammenhang mit einer neuen Tempo-30-Zone kritisierte. Angelika Margadant sagte, es gebe durchaus «einige Baustellen», von denen der Kindergarten ein Beispiel sei. Nach dem Nein der Bürgerschaft zu einer zentralen Lösung sei eine Evaluation nötig, man müsse «die Leute ins Boot holen», die Bedürfnisse klären und ein mehrheitsfähiges Projekt erarbeiten. Grundsätzlich wichtig sei der Erhalt der Schulen, auch der Oberstufe.Müller sprach von der Erfordernis, einen Schritt zurück zu tun und verschiedene denkbare Varianten mit Hilfe einer Arbeitsgruppe zu prüfen; Ramsauer meinte, die dezentrale Lösung sei beizubehalten. Nach Sparpotenzial in Rheineck gefragt, erklärte er, wo Rheineck sparen könnte, wisse er noch nicht, hingegen sei ihm klar, in was er investieren würde – die Tourismusförderung. Urs Müller sieht ein gewisses Sparpotenzial darin, das Alters- und Pflegeheim sowie die Spitex näher zusammenzubringen. Angelika Margadant nannte das Planungs- und Baugesetz, von dem etwa Strassengestaltungen oder Bachsanierungen abhängen. In Verbindung zum Beispiel mit Ausschreibungen und Auftragsvergaben bestehe wohl ein gewisser Spielraum zum Sparen. Wichtig seien generell die «detaillierte Analyse und Dossierkenntnis».Religion war nur kurz ein ThemaEine Zuhörerin gab zu bedenken, dass mit dem Amt des Stadtpräsidenten entsprechende Kenntnisse der politischen Arbeit nötig seien, was Abläufe und die Zusammenarbeit mit anderen Stellen betreffe. Dem hielt Margadant entgegen, in unserem Milizsystem bewährten sich immer wieder auch Politiker, die aus ganz anderen Bereichen kämen. Stadträtin Katharina Linsis Frage, ob die Stadträte Ressorts betreuen sollten, verneinte Müller. Margadant hingegen sagte, für Ressorts spreche doch einiges, und Ramsauer meinte: «Frau Linsi, Sie händ’s wieder gschafft, mir ä Frog z’stelle, wo-n-i nöd beantworte cha.»Der Lohn, den Urs Müller sich vorstellt, liegt bei 180'000 Franken plus Spesen. Ein solches Salär läge rund 15'000 Franken unter jenem Pfäfflis. Angelika Margadant brachte ein allenfalls kleineres Pensum fürs Stadtpräsidium ins Spiel, ohne zu urteilen. Ramsauer meinte kurzum: «Der Lohn wird schon stimmen, sonst würd’s ja keiner machen.»Zum Schluss kam der Glaube zur Sprache. Wieso hat Urs Müller nicht von Anfang an gesagt, dass er im Vorstand der Freikirche ICF mitmacht? Der Glaube sei ihm wichtig, aber Privatsache, weshalb er es nicht für wichtig gehalten habe, ihn zu erwähnen, sagte Müller. «Als Stadtpräsident wäre ich für alle da.» Margadant und Ramsauer betonten die Wichtigkeit, Kirche und Staat auseinanderzuhalten. Auf weitergehende Aussagen zum Thema wurde verzichtet.Hinweis Die Wahl findet am 19. Mai statt. Die drei BewerberMetzger mit Schalk: Marco Ramsauer,  der unermüdliche Metzger, ein Subunternehmer und «Mann des Gewerbes», bringt selbst Veganer zum Lachen, denn ihm sitzt der Schalk im Nacken. Allerdings lässt sich mitunter vermuten, dass seine Komik auch unfreiwillig sein könnte. Ramsauer spricht jedenfalls frei von der Leber weg und sagt oft Überraschendes wie diesen Satz: «Der Sprung, der mir noch fehlt, ist nicht so gross wie der, den ich schon hinter mir habe.» (gb)Frau mit Gestaltungsfreude: Angelika Margadant,  die Bildungsexpertin mit einem Master in Schulentwicklung, ist in ihre Kandidatenrolle schnell hineingewachsen. Gestaltungsfreudig kann sie auch an scheinbar Nebensächlichem das Wichtige erkennen. Margadant setzt auf Offenheit sowie die Innovationskraft der Bevölkerung. Es klingt wie die verinnerlichte Regel Nummer eins, wenn sie erklärt: «Wer wissen möchte, was im Rathaus läuft, darf gern mich wählen. (gb)Chef mit Witz: Urs Müller,  der Prototyp des verwaltungsfreudigen Chefs mit klarer Priorität und einem Flair für Zahlen, setzt diese beim Argumentieren gezielt ein. Als lernfreudiger Realist, der keine hohen Erwartungen weckt, paart Müller staatsmännisches Auftreten mit erfrischendem Witz. Dem Rheinecker Gewerbe stellt er die Beseitigung administrativer Schranken und mehr Gestaltungsfreiraum in Aussicht – jedenfalls, «soweit das möglich ist». (gb)

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