«Zum Schrotthändler? Das darf auf keinen Fall passieren». Der ehemalige SBB-Mitarbeiter Egon Minikus konnte es kaum glauben, als er erfuhr, dass einigen alten Zügen der Appenzeller Bahnen die Verschrottung drohen soll. Der Pensionär aus Speicher hat mit dem rund 40-jährigen Rollmaterial noch grosse Pläne. Diese sollen ihn und drei Kompositionen ins westafrikanische Kamerun führen.Sein Vorhaben, altes Schweizer Rollmaterial nach Afrika zu exportieren, zielte zunächst auf ein anderes Land. Auf der für den Güterverkehr genutzten Eisenbahnstrecke zwischen Kapstadt und Bredasdorp in Südafrika sollten mit Schweizer Rollmaterial Touristikzüge angeboten werden. Bereits für dieses Projekt schielte Minikus auf alte Züge der Appenzeller Bahnen. Technisch war die nötige Umstellung von der Meterspur auf die für Südafrika benötigten 1067 Millimeter jedoch zu aufwendig und auch Sicherheitsbedenken hätten bestanden. Das Projekt wurde bis auf weiteres auf Eis gelegt.An seiner Vision, Schweizer Rollmaterial nach Afrika zu liefern, hält Minikus weiterhin fest. «Aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetzes schafften Schweizer Bahnen eine Fülle von neuen Zügen an. Diese Welle von neuem Rollmaterial führt wiederum zu einer Welle von altem, qualitativ noch gutem Rollmaterial, welches auf den Markt kommt», erklärt Minikus. Den gesetzlichen Anforderungen wie Niederflureinstieg genügten die Züge zwar nicht mehr, technisch seien sie aber noch einwandfrei. Sein Plan sieht nun vor, neun Personenwagen sowie jeweils drei Trieb- und Steuerwagen, die bei der AB ausgemustert werden, über Rotterdam und dann per Schiff nach Kamerun zu verfrachten. Das westafrikanische Land verfügt bereits über ein Meterspurnetz, grosse technische Umbauten wie im Fall von Südafrika wären daher nicht nötig.Zusage aus Kamerun bis Ende Oktober erwartet
«Länder wie Kamerun, Äthiopien oder Senegal lechzen nach Personenzügen», erläutert Minikus. Verschlimmert habe sich die Situation in Kamerun insbesondere durch ein schweres Bahnunglück, welches den Intercity Bahnverkehr zwischen Yaoundé und Douala, für den die Züge aus dem Appenzellerland angedacht sind, zum Erliegen gebracht habe. Englische und französische Medien berichteten bezüglich des Unglücks von etwa 70 Toten. Eine definitive Zusage seitens der kamerunischen Staatsbahnen, dass die Finanzierung der Züge gesichert ist, stehe zwar noch aus, gibt Minikus zu. Bis Ende Oktober sei aber mit einem Entscheid zu rechnen. Über ein Netzwerk an Eisenbahnexperten, auf welches der 72-Jährige nicht näher eingehen will, sei ihm das Interesse der kamerunischen Staatsbahnen an Schweizer Rollmaterial zugesichert worden.Trams nach Osteuropa – Züge verschrottet
Egon Minikus Vision geht derweil noch weiter. Zu seinen Plänen gehört, eine Organisation aufzustellen, welche sich mit dem Export von in der Schweiz ausrangiertem Rollmaterial in Entwicklungsländer befasst. Minikus sieht ein solches Vorhaben als Möglichkeit für die Schweiz, nachhaltige Entwicklungsarbeit zu leisten. Ausser bei städtischen Trams, die in grosser Anzahl nach Osteuropa verkauft worden seien, habe man diese Option bis anhin zu wenig bedacht und altes Rollmaterial verschrottet.Seitens der Appenzeller Bahnen bestätigt Mediensprecherin Sabrina Huber, dass Egon Minikus als Mittelsmann an die AB gelangt ist. «Ein Verkauf der Züge an ein Bahnunternehmen in Kamerun ist für die AB denkbar», so Huber. Gegenüber Minikus sei auch eine Preisvorstellung kommuniziert worden. Mitte Oktober erwarte man die Rückmeldung, ob der Deal zu Stande kommt und die Appenzeller Züge künftig in Westafrika verkehren werden.