Hildegard BickelBeide Frauen schliessen diesen Sommer ihre Ausbildung ab. Als wären die bevorstehenden Prüfungen nicht herausfordernd genug, stellten sie sich zusätzlichen Aufgaben. Eine hervorragende Leistung gelang der 19-jährigen Lina Kugler, angehende Carrosseriespenglerin. Sie gewann die Regionalmeisterschaft, an der sich alle zwei Jahre die besten jungen Berufsleute messen. «Der erste Platz kam unerwartet», sagt Lina Kugler. «Ich hatte kein gutes Gefühl. Aber es genügte.» Sie war die einzige Frau unter neun Teilnehmenden. Zugelassen wird, wer eine Empfehlung der Fachlehrpersonen erhält. Am Wettkampftag Ende März galt es, einen Auftrag zu erarbeiten. Schweissen, Kotflügel bearbeiten, Beulen entfernen. «Als wir fertig waren, hatten alle schmutzige Gesichter», sagt Lina Kugler. Die grösste Herausforderung sei der Zeitdruck gewesen. In der Mittagspause hatte sie kaum Hunger, Anspannung und Konzentration waren hoch. Am Tag darauf sei sie total erschöpft gewesen. Nun hört sie manchmal Sprüche, dass sie es als einzige Frau den Männern gezeigt habe. Lina Kugler betont, keine Genugtuung zu empfinden, das andere Geschlecht hinter sich gelassen zu haben. «Es war ein Sieg für mich», sagt sie. Am Wettkampftag habe eine gute Stimmung geherrscht, ohne Konkurrenzdenken. Mit ihrem Erfolg qualifizierte sie sich für die Schweizer Meisterschaften Anfang September in Bern. «Camaro» in Weiss mit goldenen FelgenLara Bösch nahm an einer Vorauswahl der Regiomeisterschaft teil. Bedingt durch eine Alterslimite war es der 22-Jährigen nicht möglich, an der Meisterschaft selber teilzunehmen. Die angehende Carrossierielackiererin befindet sich in der zweiten Ausbildung, nachdem sie bereits eine Lehre im Detailhandel abgeschlossen hat. Ihr Wettkampfauftrag glich einer Projektarbeit. Lara Bösch arbeitete an einem Sportwagenmodell, einem Camaro, den sie mit ihrem Namen beschriftete, weiss lackierte und mit goldenen Felgen zu einem Schmuckstück verschönerte. In der Schule erledigte sie die Planungsarbeit, im Betrieb ging es an die praktische Umsetzung. In Winterthur gaben die rund 26 Teilnehmenden aus zwei Berufsschulklassen ihren Werken den Feinschliff. In Lara Böschs Klasse sind nebst zehn Männern vier Frauen vertreten, was einem höheren Frauenanteil als bei den Spenglerinnen und Spenglern entspricht. Bewertet wurden die Modelle von Lehrpersonen, Lehrmeistern und Experten. Lara Bösch erreichte den ausgezeichneten zweiten Rang. Zum Sieg fehlte ihr nur ein Punkt. Trotz kritischer Fehlersuche überwiegt bei Lara Bösch die Freude und die Bestätigung, gut auf die Lehrabschlussprüfung vorbereitet zu sein. Beide Frauen erhielten viele Gratulationen. Auch Kurt Gehring, Geschäftsführer der Carrosserie Rheintal in Rebstein, ist stolz auf die beiden Lernenden: «Es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir wollen jungen Leuten die Chance geben, sich in der Berufswelt zu beweisen.» Das Team zeige motivierten Einsatz, helfe sich gegenseitig und trage zu einem guten Betriebsklima bei. «Freude am Beruf ist entscheidend, dann kommt auch der Erfolg», ist Kurt Gehring überzeugt.