An der Schafschau des Schafzuchtvereins Oberriet-Hirschensprung sagt Zuchtbuchführer Pius Städler aus Lüchingen, vier Oberstufenschüler hätten Interesse, als Jungzüchter einzusteigen. Sie betätigen sich heute schon.«Di Junge helfed viil», sagt Josef Hutter, einer von nur noch drei Kriessner Schafzüchtern. Das Nachwuchsproblem ist eines, das nicht nur die Züchter kennen: In der Lehre wird die Freizeit knapper und ergibt sich die Gefahr, dass neue Interessen alte Leidenschaft verdrängen.Wer am Montagvormittag als Aussenstehender den Blick über die Schafschau-Wiese in Kriessern schweifen lässt, über die Rücken von 250 Tieren hinweg, kommt nicht auf die Idee, die Schafzucht als bedrohtes Hobby wahrzunehmen. Auf den zweiten Blick und in Erinnerung an früher sind aber Alarmzeichen erkennbar. Die Züchter sind in die Jahre gekommen, die Zahl der vorgeführten Tiere hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten ungefähr halbiert, und für den Wert der Schafe gilt das Gleiche. Nicht mehr zwei- bis dreitausend Franken kostet ein schöner Bock, sondern die Hälfte.Selbstverständlich geht es nicht ums Geld. Aber es ist ein Aspekt. Statt Ende Jahr mit einem Tausender im Plus zu sein, müsse er heute froh sein, wenn er keine roten Zahlen schreibe, sagt Josef Hutter.Jedem Jungen einen GöttiDer Schafzuchtverein Oberriet-Hirschensprung wurde 1962 gegründet. Ein paar Jahre später war Kriessern die Schafzuchthochburg. Der damalige «Sonnen»-Wirt Werner Lüchinger besass drei- bis vierhundert Schafe, von denen ein grosser Teil Zuchtschafe waren. Statt dem Züchter zuzumuten, dass er seine vielen Tiere an die Schau nach Oberriet beförderte, erfolgte kurzerhand ein Standortwechsel. Seither findet die Schafschau in Kriessern statt.Das Areal gehört dem Enkel des früheren «Sonnen»-Wirts, Rolf Lüchinger, und dessen Sohn gefällt das Hobby Schafzucht ebenfalls. Um Junge anzuspornen, hat der Verein die Kasse aufgetan. Erwirbt ein Jugendlicher sein erstes Lamm, beteiligt sich der Verein mit 250 Franken an den Kosten von vier- bis fünfhundert Franken.Wer sich ein älteres (teureres) Tier gönnt, wird mit der gleichen Summe unterstützt. Den Rest des Kaufbetrags übernimmt entweder der Jugendliche selbst oder sonst jemand. Vielleicht der Götti. Das muss kein richtiger Götti sein, das Wort bezeichnet vielmehr eine Funktion. Wer als Bub oder als Mädchen Schafe züchten möchte, kann sich im Schafzuchtverein Oberriet-Hirschensprung neuerdings einen Götti aussuchen und sodann auf dessen Hilfe zählen.Züchter wollen mehr als möglichst viel FleischDer auf dem Kornberg in Altstätten aufgewachsene Urs Steiger, der heute in Muolen lebt und den Verein bis im letzten Jahr präsidierte, wirkt als Experte. Er hat somit in Kriessern massgeblich Anteil am Entscheid, welches in Kriessern die schönsten Tiere sind.Die Nachfrage nach guten Zuchttieren hat abgenommen, was die Züchter sehr bedauern und Urs Steiger so erklärt: «Fürs Einkreuzen werden oft Mastrassen verwendet.» Das heisst, ein Rassentier wird mit einem Mastrassenbock zusammengebracht. Wo- rum es denen, die das machen, geht, verrät schon der Begriff Mastrassenbock.Es geht ums Fleisch, um möglichst viel.Natürlich werde auch bei den Zuchttieren «auf die Fleischigkeit geachtet», sagt Urs Steiger. Aber anders als bei der Kreuzung mit einem Mastrassenbock lege man als Züchter halt auch Wert darauf, dass Muttertiere nicht an Fruchtbarkeit verlören und sie nicht weniger Milch gäben.Ohne dass Urs Steiger die konkreten Worte ausspricht, die er meint, sind diese leicht erahnbar. Um langfristiges Denken, um Nachhaltigkeit geht es den Züchtern. Auch die Tauglichkeit der Tiere für die Alp sei wichtig. Deshalb werden Zuchtschafe in der jüngeren Vergangenheit auch unten und zuunterst viel genauer angesehen und entsprechend streng bewertet. Schliesslich soll ein Schaf nicht «täppele», es soll fein springen können.Gumpe uf dä Alp.Die Zucht ist mit reichlich Ar- beit verbunden. Zuchtbuchführer Städler nennt das Scheren im Frühling und Herbst, das Klauenschneiden «sicher viermal jährlich» und das ebenfalls mehrfache Entwurmen.Pius Städler hat selbst etwa dreissig Schafe. Schon mit 13 hatte er sein erstes.Zuchtbuchführer schon wieder erfolgreichStädler ist der Mann der Stunde. Vor einer Woche, an der interkantonalen Schafausstellung in Sargans, war seine Joanna die Beste.Die Miss.Und Anja, ein zweites Schaf, war Kategoriensiegerin. Noch besser abgeschnitten hat der Zuchtbuchführer nun in Kriessern. Aus seiner Zucht stammt das schönste Mutterschaf (bis vier Jahre), der schönste Widder auf dem Platz, die schönste Tiergruppe (bestehend aus einem Widder, zwei Mutterschafen sowie einem neu in die Zucht aufgenommenen Tier) und beim Mutter-Tochter-Wettbewerb belegt ebenfalls Pius Städler den ersten Platz.Doch in der Leistungsklasse A gewann der Zuchtbuchführer nicht. Den ersten Rang belegt dort Lars, sein Sohn.Gewinner sind zudem die ausgestellten Schafe.Alle.Denn das Ziel der Zucht – gute Schlachtlämmer hervorzubringen – wirkt sich «nur» auf den Nachwuchs lebensverkürzend aus. Zuchtschafe hingegen werden im Durchschnitt neun Jahre alt, schätzt Josef Hutter.Kein Grund also, angespannt aus der Wolle zu gucken.Mäh.In jüngster Zeit hat der Schafzuchtverein Oberriet-Hirschensprung ein namhaftes Mitglied aus dem Fürstentum Liechtenstein gewinnen können. Felix Mühlegg aus Ruggell, der zusammen mit seiner Frau Patricia Schafe züchtet, hat den Oberrheintalern bereits erste Lorbeeren beschert. Am interkantonalen Ausstellungsmarkt in Sargans haben Felix und Patricia Mühlegg mit zwei Rassensiegern brilliert. (gb)