03.03.2020

Jung, fremd, topmotiviert

Junge Flüchtlinge bewähren sich in der Ausbildung auch dann, wenn sie erst wenige Jahre hier leben. Drei Beispiele.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
In der Fünf-Dörfer-Gemeinde Oberriet waren Ende Jahr 56 Flüchtlinge zu Hause, wobei dieser Begriff keinen einheitlichen Status beschreibt.Neun dieser Menschen sind anerkannte Flüchtlinge, sieben sind Asylbewerber und bei drei weiteren handelt es sich um vorläufig aufgenommene Flüchtlinge. Alle anderen, also 37, sind sogenannt vorläufig aufgenommene Personen. Ihr Asylgesuch wurde abgelehnt, doch die herrschenden Verhältnisse in ihrem Herkunftsland erlauben es nicht, sie zurückzuschicken.Der Druck hat nachgelassenWas nicht nur Oberriet angenehm spürt, ist ein neues Verfahren seit letztem April. Asylgesuche werden viel schneller entschieden, die Zahl der Zuweisungen an die Gemeinden ist kleiner.Entsprechend klein geworden ist der Druck, junge Menschen in unserer Arbeitswelt unterzubringen, für sie einen Ausbildungsplatz zu finden.Angelo Bont, der Leiter der Sozialen Dienste in der Gemeinde Oberriet, sucht im Moment für einen einzigen jungen Mann eine Lösung. Nach einem halbjährigen Praktikum hatte der Betroffene in einem Restaurant gearbeitet, was aber nicht wunschgemäss klappte.Der Normalfall ist das Gegenteil: Von den etwa zwanzig Jugendlichen, denen die Sozialen Dienste Oberriet in den letzten fünf Jahren bei der Vermittlung eines Ausbildungsplatzes behilflich waren, sind heute alle im Berufsleben tätig. Eine ganze Reihe dieser Absolventen hat sich sogar vorbildlich hervorgetan.«Erhält er eine Chance, gibt er alles»Marco Hautle, bis letzten Sommer bei Schütz in Montlingen Lehrmeister von Majuran Elankanathan, hatte an den drei Schnuppertagen rasch gemerkt: «Erhält der Jugendliche eine Chance, gibt er alles.» Und so war es auch. Der anerkannte Flüchtling beendete seine Ausbildung als Kunststoffverarbeiter EBA landesweit als Zweitbester seines Jahrgangs.Reza Heidari war bei der Tiziani Haustechnik GmbH in Montlingen als Haustechnikpraktiker EBA unterfordert, weshalb er nun dabei ist, als angehender Sanitärinstallateur den eidgenössischen Fachausweis zu erlangen. Auch Jawad Mohammadi, ein vorläufig aufgenommener Ausländer, lernt während der Ausbildung zum Baupraktiker EBA intensiv und wird von den Verantwortlichen des Oberrieter Baugeschäfts Kühnis sehr gelobt.Einhellig sind Lehrmeister der Auffassung, die jungen Ausländer in ihren Betrieben seien einsatzwillig genug, als dass anfängliche Verständigungsmängel ein Hindernis sein sollten. Gerade die Deutschkenntnisse hätten sich rasch stark verbessert. Längst stellen sie vollauf zufrieden.«Noch immer besteht teils eine unbegründete Angst»Nebst ausgeprägter Lernbereitschaft ist die Zuverlässigkeit ein wichtiger Aspekt. Selbst ein junger Schichtarbeiter, der täglich mit dem Velo von Oberriet nach Rüthi fährt und um fünf Uhr morgens zu arbeiten beginnt, sei auch «bei Wind und Wetter» immer pünktlich bei der Arbeit, weiss Angelo Bont.Der Leiter der Sozialen Dienste stiess in der Vergangenheit gelegentlich auf Skepsis, wenn er jungen Menschen half, einen Lehrplatz zu finden.Noch immer, sagt Bont, bestehe zum Teil eine unbegründete Angst vor Problemen, die man sich einhandeln könnte.Das ist selbstverständlich nie ganz ausgeschlossen, auch bei einem Schweizer nicht. Doch die Erfahrungen von Firmen, die einem Flüchtling die Chance zu einer Ausbildung gaben, wertet Bont als klare positive Botschaft. Kleine SerieWir stellen heute und in den nächsten Tagen insgesamt drei junge Flüchtlinge vor, die in der Ausbildung eine besondere Leistung erbringen und ihre Lehrmeister voll und ganz überzeugen. Als erster ist Reza Heidari an der Reihe, der bei der Tiziani Haustechnik GmbH in Montlingen die Ausbildung geniesst. (red)

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