21.06.2022

Jugendliche zeigen, wie sie leben

Im Rahmen des interreligiösen Dialogs haben Jugendliche an einem Dokumentarfilm mitgewirkt. Im August feiern sie die Premiere.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 02.11.2022
Kevin Oeler zeigt am Computer einige Filmsequenzen. Um ihn herum stehen sechs Jugendliche. Sie sind gespannt, gleich werden sie sich selbst auf dem Bildschirm sehen. Die Teenager haben an dem Dokumentarfilm, der bis im August seinen Feinschliff erhalten wird, mitgewirkt. Sie alle praktizieren eine Religion oder befassen sich mit jenen Kulturen, denen ihre Kolleginnen und Kollegen angehören. Diese sind somit Teil des Alltags im Rheintal.Dokufilm statt BegegnungstreffenDie jungen LeuTe hatten sich in der Pandemie vorgenommen, den interreligiösen Dialog nicht verstummen zu lassen. Eine grosse Aktion durchzuführen, wie sie Altstätten vor ein paar Jahren mit dem Respect-Camp erlebte, war nicht möglich. In einem Film kann man hingegen Schauplätze und Aspekte zeigen, ohne dass sich viele Menschen gleichzeitig treffen. Die Jugendlichen schlossen sich zu einer Kerngruppe zusammen. Sie repräsentiert die katholische Konfession, eine evangelische Freikirche, die Serbisch-Orthodoxe Kirche, den Islam und eine konfessionslose Lebensform. Unterstützung erhielten die Jugendlichen einerseits von der ida-Arbeitsgruppe in Altstätten. Sie engagiert sich seit Jahren im Austausch der Kulturen. Andererseits kommen im Film Vertretungen des Judentums, des Hinduismus und der Evangelisch-reformierten Kirche als Experten zu Wort. Die Videosequenzen hat Kevin Oeler (Machart Zünd, Altstätten) gefilmt. Er produziert den 45-minütigen Dokumentarfilm.Die Jugendlichen nutzen ihr freiwilliges Engagement auch dazu, ihren Standort betreffend ihres Glaubens und ihrer Werte zu bestimmen. Sie befassen sich zum ersten Mal unabhängig von den Eltern mit Fragen ihrer Religiosität. Folglich sieht das Publikum die Perspektive der Jugendlichen. Das erleichtern ihnen die Mitglieder der Kern­gruppe. Sie haben sich in ihren Gebetsräumen besucht und sprechen im Film über Fragen und Erkenntnisse. «Ich möchte mehrere Situationen aus meiner Kultur zeigen», sagt Leart Sopa. Er ist Muslim.Interesse an fremden Religionen gewecktNatalija Popeskov hat schon als Kind miterlebt, wie sich ihre Mutter im interreligiösen Dialog einbringt. «Es ist spannend, mit Jugendlichen anderer Kulturen zu diskutieren und zu erfahren, wie sie sich fühlen», sagt sie als Mitglied der serbisch-orthodoxen Gemeinschaft im Rheintal.«Stand heute bin ich konfessionell», sagt Jessica Hofstetter, eine Katholikin. Sie will aber aus der Kirche austreten. Das Projekt hat ihr gezeigt, dass auch andere Kulturen interessant sind. «Ich bin froh, sie kennengelernt zu haben, kann mir aber nicht vorstellen, einer anzugehören.» Furkan Aydin wohnt über der Moschee in Heerbrugg. Sein Vater ist dort Imam. Er hat Jessica Hofstetter während des Freitagsgebets empfangen. Es erfüllt ihn mit Stolz, dass ihn die junge Frau besucht und er ihr das Ritual hat erklären dürfen.Sarina Gemperle war nur teilweise am Projekt beteiligt. «Was ich mitbekommen habe, hat mein Interesse an anderen Religionen geweckt», sagt die Katholikin.Die jungen Filmemacher hoffen, dass sie mit ihrer Doku eine Aussenwirkung erzielen. Wer sich den Film ansieht, erkennt, dass sich die Jugendlichen im Rheintal gut verstehen. Die kulturellen Unterschiede sind Teil der Rheintaler Lebensart. «Wir zeigen, wie wir leben», sagt Natalija Popeskov. «Niemand muss sich verstellen. Man glaubt, was man glaubt.» Die jungen Menschen erleichtern Zuschaue­rinnen und Zuschauern mit ihrem Film den ersten Schritt, auf eine fremde Religionsgemeinschaft zuzugehen. «Wir wollen ihre Lust wecken, den Menschen zu begegnen.» Die Jugendlichen tun dies selbstverständlich und unverkrampft.  Hinweis: Die Premiere des Dokumentarfilms ist voraussichtlich im August im Kinotheater Madlen. Ausserdem wird er für den Schulunterricht und die Erwachsenenbildung zugänglich sein.Interregionaler JugendprojektwettbewerbNoch bevor er öffentlich gezeigt wird, reichen die Teenager ein Making-of des Dokumentarfilms beim Interregionalen Jugendprojektwettbewerb ein. Sieben Buben und Mädchen haben hinter den Kulissen der Dreharbeiten gefilmt. Das dazugehörige Video schneiden sie selbst, hinterlegen es mit Musik und präsentieren es vor einer Jury. Die zwölf besten der bis am 6. Juli eingereichten Jugendprojekte, werden im August für das kantonale Finale am 5. November in Goldach nominiert. Die drei Bestplatzierten dieses Abends qualifizieren sich für das Interregionale Finale. Es findet am 26. November statt.  

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