«Unkompliziert, dem Menschen zugewandt, für gute Ideen und Zusammenarbeit zu haben» – solche Attribute sammelt, wer sich über Wirken und Wesen von Johann Kühnis (86) ein Bild machen will. Er trat die Pfarrstelle vor vierzig Jahren an; genau die Hälfte seiner Oberegger Zeit hat er über die Pensionierung hinaus abgeleistet. Er wolle nicht mehr umziehen, hatte er seinem Bischof erklärt. In Oberegg sei er gut akzeptiert und er fühle sich aufgehoben.
Er werde den Dienst versehen, «solange Kopf und Beine es zulassen». Als er dieses Versprechen leistete, dachte er keinen Moment daran, dass auch sein «Motor» ins Stottern geraten könnte.Ein unausweichlicher EntscheidDer Herzinfarkt, den Johann Kühnis am 2. Dezember erlitt, setzte diesem Optimismus ein jähes Ende. Die erste Nacht mit akuter Atemnot bleibe ihm in unguter Erinnerung, sagt er. Zwar sei er rasch wieder auf die Beine gekommen, aber erhebliche Nachteile seien ihm erwachsen. «Mein Herz leistet nur noch fünfzig Prozent des erforderlichen Solls.» Eine Hoffnung auf Besserung hat sich zerschlagen, zumal die eingehende Untersuchung durch die Fachärzte ergab, dass er wohl schon vor den bekannten Krisen (ab 2018) zumindest einen verdeckten Infarkt erlitten haben müsse.
Man hatte entsprechende Narben entdeckt.Die akute Herzschwäche lähmt den Pfarrer; er leidet an Lungenödemen und folglich an Atemnot. Vor allem das Treppensteigen schafft er fast nicht mehr. Die Tatsache, dass die Defekte irreparabel seien, habe ihn zur Einsicht gebracht: «Nun ist es genug!». Er reichte seine Demission per Ende März ein. Am Aschermittwoch bestätigte Bischof Markus Büchel den Eingang des Schreibens.Wie seine Zukunft aussehen könnte, habe er sich oft über-legt, sagt Johann Kühnis: «Das Nichtstun ist nicht mein Ding!» Auf Wunsch seiner Verwandtschaft – sein Bruder und zwei Schwägerinnen leben in Freienbach und Oberriet – habe er beschlossen, ins Alters- und Pflegeheim Huus Feldhof – Leben im Alter – in Oberriet umzuziehen. Dort würden ihn seine Schwägerinnen ohne Umstände besuchen können. An guten Tagen liegt vielleicht ein gemeinsamer Ausflug drin. Aber Illusionen mache er sich keine: «Mein Körper hat seinen Dienst getan; ich bin ein welkes Blatt.»Das Pfarreileben funktioniertDamit erübrigt sich die Frage, ob der langjährige Pfarrer noch aushilfsweise am Altar stehen wird in seinem bisherigen Wirkungskreis. In Ausnahmefällen sei dies denkbar. Geplant sei es aber nicht, weil der Erholungsbedarf nach einem Gottesdienst einfach zu lang ausfällt. In Sorge um den Fortbestand des Pfarreilebens sei er aber keinesfalls, betont Johann Kühnis. Die vergangenen vier Jahre hätten neue Kräfte in der Pfarrei mobilisiert. Eine Gruppe von aktiven und kreativen Gläubigen, die ihm unkompliziert zur Seite sprang, wenn sich eine gesundheitliche Krise anbahnte, habe sich etabliert. Ganze Gottesdienste seien während seiner unfreiwilligen Absenzen von willigen Laien betreut worden, was immer mit lobenden Worten quittiert wurde.Von unschätzbarem Wert sei für ihn in seelsorgerlichen Dingen die Mitarbeit durch Pastoralassistent Albert Kappenthuler aus Heiden gewesen. Gute Unterstützung in allen Belangen habe er von Kirchenpräsidentin Anna Maria Greiner-Wolten erfahren dürfen. Mesmer Rolf Hochreutener und Pfarreisekretärin Erika Ulmann hätten ihn buchstäblich auf Händen getragen. Er sei deshalb zuversichtlich, was die Zukunft der Pfarrei Oberegg betrifft.Er sei froh, dass die Weichen für seinen letzten Lebensabschnitt gestellt sind. Noch treibe ihn die Frage um, wie er seine Habseligkeiten, die er in vierzig Jahren im Pfarrhaus angesammelt hat, auf ein vernünftiges Mass schrumpfen kann, damit sie in sein künftiges Zimmer passen. Für den Kraftakt hat er noch vier Wo-chen Zeit. Auf eine offizielle Abschiedsfeier verzichtet er aus gesundheitlichen Gründen. «Darein muss ich mich jetzt schicken; mir fehlt die Kraft!». Ob er Wehmut empfindet? «Nun ja, nach 40 Jahren im Pfarramt hat man Hochs und Tiefs und entsprechend viele emotionale Momente durchlebt. Ich klammere mich an viele schönen Momente, die ich in Oberegg erleben durfte.»