Uns Kirchenleuten wirft man ja vor, dass wir immer nur dasselbe reden. Manchmal ja auch zurecht. Und ich selber will ja auch nicht zu denen gehören. Und ich strenge mich dafür an. Aber kommt wieder Palmsonntag, schon bin ich wieder grad so einer.
Jesus reitet auf dem Eseln nicht auf dem hohen Ross
Die Menschen damals in Jerusalem, sie haben Jesus auf dem Eselchen gesehen, und sofort wussten sie: Da kommt einer, der schaut eben nicht vom hohen Ross auf uns herab. Der behandelt uns nicht von oben herab. Der Jesus hat sich dafür entschieden, dass er mir auf Augenhöhe begegnen will. Jesus hat sich für das kleine Eselchen entschieden, er kommt uns entgegen und reitet zu uns auf einem Eselchen, weil er genau das für uns sein will: «Jesus auf Augenhöhe».
Wie sehr kann es einen Menschen verletzen, wenn er von oben herab behandelt wird. Wie sehr kann es krank machen und die Lebensfreude nehmen, wenn er oder sie in dieser Rolle eingeschlossen ist, ohnmächtig, sich nicht aus dieser Rolle befreien kann, wenn nur von oben auf ihn herabgeschaut wird oder wenn nur von oben herab mit ihm oder ihr umgegangen wird?
Und umgekehrt: Wie sehr kann es mich beleben und mich aufblühen lassen, wenn ich einfach spüre: Hier begegnet mir jemand auf Augenhöhe. Dann «werde ich gleich zwei Zentimeter grösser», und wir wachsen miteinander. Dann kommt Freude in mein Leben und Würze, das Leben bekommt einen ganz neuen Geschmack, es wird bunt.
Neue Fähigkeiten und neue Kostbarkeiten
Dann stürze ich mich hinein in die unzähligen Möglichkeiten, die es mir bietet, und in die sinnvollen Aufgaben, die auf mich warten. Dann entdecke ich neue Fähigkeiten in mir und ganz neue Kostbarkeiten wie Blumen oder Vögel an meinem Weg.
Kein Wunder, waren die Menschen damals in Jerusalem ausser sich; kein Wunder, haben sie Jesus in Ekstase zugejubelt. Jesus auf seinem Eselchen, da war ihnen klar: Der hier auf uns zu kommt, das ist endlich «Jesus auf Augenhöhe».
Bei einem Bibliodrama wird oft gefragt: Wo möchtest Du sein in einem Panorama wie beim Einzug Jesu in Jerusalem? Wo willst Du Deinen Platz haben in dem grossen Geschehen? Ich möchte am liebsten gleich in der ersten Reihe stehen, für einmal nicht weit hinten zwischen den Häusern versteckt, sondern ganz vorn bei unserem «Jesus auf Augenhöhe».