08.03.2021

Jedes Jahr ums Überleben kämpfen

Jahrelang war es still um die Schülerband Wolfhalden. Seit letztem Herbst feilen neun Jugendliche an neuen Songs.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin Schmid«Wir spielen alles», sagt die 13-jährige Sängerin Ronja aus Wolfhalden. Zusammen mit vier weiteren Mädchen und Jungs spielt sie in der im letzten Herbst neu formierten Schülerband der Oberstufe. Songs von Collective Soul, Guns’n’Roses oder AC/DC gehören ebenso zu ihrem Repertoire wie Lieder von The Cranberries, Billie Elish und Coldplay. Nebst vier Sängerinnen komplettieren eine Schlagzeugerin, ein Kornettist, ein Bassist sowie zwei Gitarristen die Band.«Bei den Musikstilen sind wir nicht wählerisch», sagt Sängerin Josie aus Wolfhalden, «in erster Linie müssen die Songs spiel- und singbar sein.» Ausserdem komme man mit 50 Minuten Bandprobe pro Woche nicht sehr weit. Doch das spielt der 16-Jährigen und ihren Bandkollegen keine grosse Rolle. «Wir tendieren zu Rockmusik, aber bei uns steht der Spass im Mittelpunkt», sagt der 16-jährige Bassist Tim Jamie aus Grub.Ihm und den anderen sagt das gemeinsame Musizieren mittwochs über den Mittag einfach zu. So erstaunt es nicht, dass viele Bandmitglieder in der Musik mehr als ein Hobby sehen. Bandleiter Philipp Halter findet es cool, dass einige Jungmusikerinnen und -musiker den schulfreien Mittwochnachmittag dafür nutzen, die Probe beliebig zu verlängern. Er erinnert sich daran, dass die Begeisterung für die Schülerband in den letzten Jahren auch schon kleiner gewesen war.Diskussion um Bandnamen lanciertGemäss Philipp Halter begann alles vor rund 20 Jahren als Projekt eines enthusiastischen Junglehrers. «Einige meiner Lernenden fanden, dass zwei Lektionen Musik pro Woche etwas wenig sei», sagt Philipp Halter, «so entstand die Idee, dass wir über Mittag zusammen Musik machen könnten.» Auf diese Weise formierte sich 2004 die erste Schülerband, die in der Folge in der Schule und im Dorf ein paar Mal aufgetreten ist. In den folgenden Jahren sei es ein ständiges Kommen und Gehen gewesen. Aufgrund der Tatsache, dass die Lernenden drei Jahre an der Oberstufe verweilen und die meisten erst in der zweiten Oberstufe zur Band dazustossen, bleiben die Mitglieder maximal zwei Jahre in der Band. «Danach verlassen sie die Oberstufe und damit auch die Band», sagt der Bandleiter, «deshalb kämpft die Band jeden Sommer ums Überleben.» Manchmal gelinge dies, manchmal nicht. Bevor die Band letzten Herbst wieder ins Leben gerufen wurde, gab es mangels Interesse mehrere Jahre keine Schülerband mehr. In all den Jahren war die Band einfach «Die Band» und hatte keinen Namen. Gemäss Halter löste erst die Anfrage der Zeitung die Diskussion über einen Bandnamen aus. Die Suche laufe derzeit auf Hochtouren, doch noch habe sich kein Vorschlag durchgesetzt.Proben ohne Zeitdruck und Lernziele «Primär geht es uns um das gemeinsame Musikmachen und die Gemeinschaft», sagt Philipp Halter. Gleichzeitig sei die Band ein Ort, wo Lernen ohne Zeitdruck und vorgegebene Lernziele stattfindet. Nicht nur er, sondern auch die Jugendlichen finden es entspannend. «Im Gegensatz zu den Schulfächern, wo wir zielorientiert und strukturiert arbeiten müssen, dürfen wir uns hier frei und lustbetont entfalten», sagt Tim Jamie und ergänzt: «Dank der Probe wird der Mittwoch zu einem noch besseren Tag.»Schade sei, dass aktuell keine Konzerte durchgeführt werden können. «Das schulinterne Weihnachtskonzert war unser erster und bisher letzter Auftritt gewesen», sagt die 14-jährige Elena aus Grub, die mit dem Schlagzeug für Takt und Rhythmus verantwortlich zeichnet.Auch wenn die Möglichkeiten der Band beschränkt sind und ihre Zukunft ungewiss ist, träumen die Mitglieder von grossen Bühnen. Während Elena und der 14-jährige Kyaro aus Grub am Open Air St. Gallen auftreten möchten, schwebt Tim Jamie ein Konzert beim Tomorrowland in Belgien vor.«Egal welche Bühne wir hoffentlich bald rocken dürfen, solange es uns Spass macht, musizieren wir gemeinsam», sagt Kornettist Kyaro. Selbst Tim Jamie, der erst seit ein paar Wochen vom Bass-Fieber gepackt ist, hofft, dass die Band über die Schulzeit hinaus Bestand haben wird. «Wir haben einen tollen Zusammenhalt und ähnliche Vorstellungen darüber, was geile Musik ist.»

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