18.09.2019

«Jeder sollte den richtigen Umgang mit dementen Menschen kennen»

#livingfact: Tabea ist 20 und beschäftigt sich mit einem Thema, das eigentlich nur ältere Leute betrifft: Demenz. Wieso sich eine junge Frau mit solch einem Thema auseinandersetzt, erzählt sie uns im Interview.

Von at
aktualisiert am 03.11.2022
Anlässlich des Weltalzheimertages am 21. September verleiht Alzheimer Schweiz wie jedes Jahr den Fokuspreis. Dieser Preis wird morgen Tabea für ihre Maturaarbeit über die «Nationale Demenzstrategie 2014 – 2019» überreicht. (Info: Alzheimer ist eine Form von Demenz.)Name: Tabea Alter: 20 Wohnort: Walzenhausen Beruf: StudentinWieso interessierst du dich für das Thema Demenz? Demenz ist eine Krankheit, welche die ganze Gesellschaft betrifft und nicht nur den Alltag von Betroffenen auf den Kopf stellt. Es ist eine Krankheit, über die noch zu viel Halbwissen verbreitet ist, obwohl sie in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird.Wie bist du darauf gekommen, deine Maturaarbeit darüber zu schreiben? Ich bin durch meinen Nebenjob im Alterswohnheim Walzenhausen das erste Mal bewusst mit Menschen mit Demenz in Kontakt gekommen. Mit meiner Arbeit über die «Nationale Demenzstrategie 2014 – 2019» konnte ich meine medizinischen und (sozial-)politischen Interessen verbinden.Findest du, junge Erwachsene sollten sich vermehrt damit beschäftigen? Wir begegnen dementen Menschen am Bahnhof, wenn sie das richtige Gleis nicht finden, bei der Migros, wenn sie länger brauchen ihr Geld zu zählen oder auf der Strasse, wenn sie ihren Heimweg nicht mehr finden. Da ist es wichtig, dass der richtige Umgang bekannt ist, nicht nur jungen Erwachsenen, sondern der ganzen Bevölkerung.Wie soll man mit dementen Menschen umgehen? Geduldig, verständnisvoll und mit Einfühlungsvermögen. Es ist wichtig, dass man ihnen Zeit lässt, zuhört und auf ihre Fragen eingeht. In einem fortgeschrittenen Stadium sollte man nicht einfach ihre Pläne und Gedanken ablehnen und verneinen, sondern darauf eingehen.Hast du Tipps, wie man es selbst besser verarbeiten kann, wenn zum Beispiel der Grossvater den eigenen Namen nicht mehr weiss? Gemeinsam im Moment leben und in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen. Es ist sicher nicht leicht, aber für den Betroffenen ist es schön, trotzdem noch am Leben teilnehmen zu dürfen und dass seine Krankheit akzeptiert und verstanden wird.Kann man sich vor Demenz schützen? Nein. Durch einen gesunden Lebensstil können vorhandene Fähigkeiten jedoch länger erhalten bleiben.Welche Erfahrungen hast du mit dementen Menschen gemacht? Ich habe sie immer als sehr ehrlich wahrgenommen und erkannt, dass es sie sehr freut, wenn man sich Zeit nimmt. Besonders in Erinnerung bleibt mir ein Gespräch, das ich erst vor kurzer Zeit mit zwei Jungbetroffenen (Diagnose vor dem 65. Lebensjahr) geführt habe, die mir aus ihrem Alltag berichtet haben.Wie hat dich die Auseinandersetzung mit Demenz selbst verändert? Im Alltag bin ich sensibilisierter bei Begegnungen mit Betroffenen. Ich bin mir des riesigen Aufwands und der Verantwortung bewusst geworden, die Angehörige und Bezugspersonen auf sich nehmen. Grundsätzlich habe ich gelernt, wie wertvoll es ist, sich Zeit zu nehmen und genau zuzuhören.Was möchtest du in der Zukunft noch erreichen? Ich nehme diesen Herbst das Studium der Sozialwissenschaften an der Universität in Bern in Angriff und möchte mich auch in Zukunft gern mit aktuellen Themen unserer Gesellschaft beschäftigen – am liebsten auch beruflich.

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