28.08.2019

IV-Betrug wird bestritten

Gestern stand ein Ehepaar wegen zahlreicher, unterschiedlicher Vorwürfe in Altstätten vor Gericht.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerWeil die Frau wissentlich über mehr als ein Jahrzehnt zu Unrecht eine IV-Rente bezogen, in der Firma des Mannes gearbeitet, Leute zum Betrug angestiftet und an einem betrügerischen Konkurs beteiligt gewesen sei, dazu Urkunden gefälscht und zu falschem Zeugnis angestiftet habe, stand sie heute vor den Schranken des Kreisgerichtes.Ebenso ihr Mann, dem ungetreue Geschäftsführung, betrügerischer Konkurs, Urkundenfälschung, Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung, mehrfache Geldwäscherei und Anstiftungsversuch zu falschem Zeugnis vorgeworfen wird.Die Beweislast ist laut Staatsanwalt erdrückendIm Plädoyer, das über drei Stunden dauerte, führte der Staatsanwalt alle Beweismittel auf, die seiner Ansicht nach die Vorwürfe untermauern. Im Falle der zu Unrecht bezogenen IV-Gelder sei die Zahl der Beweise erdrückend. Die diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung und somatoforme Schmerzstörung, an der die Frau seit einem, wie der Staatsanwalt es nannte, Bagatellunfall, litt, habe die Angeklagte bewusst vorgetäuscht und sich so über viele Jahre eine IV-Rente erschlichen.Die Frau wurde zu 100 Prozent arbeitsunfähig eingestuft. Aufgrund eines anonymen Hinweises erstattete die Ausgleichskasse Anzeige, worauf die Frau durch eine Detektei observiert wurde. Hierbei und bei einer späteren Hausdurchsuchung kamen Fotos und Videos zum Vorschein, auf denen die Angeklagte unter anderem bei der Arbeit in einem Rebberg sowie beim Tanzen und Hüpfen in den Ferien zu sehen ist. Einen leidenden Eindruck habe sie da nach Ansicht des Staatsanwaltes nicht erweckt.Telefonüberwachung und Zeugenbefragungen hätten ergeben, dass die Frau mutmasslich in der Versicherungsfirma ihres Mannes tatkräftig mitgearbeitet hat, stundenweise auch bei einem Weinbauern bei der Traubenernte. Im Gegensatz zu diesen Vorwürfen, die sie bestritt, räumte die Angeklagte ein, mit gefälschten Belegen für therapeutische Behandlungen Geld eingenommen zu haben. Der Verteidiger der Frau brachte viele Gründe vor, weshalb nicht nachweisbar sei, dass die Angeklagte simuliert und zu Unrecht IV-Leistungen bezogen habe.Der Verteidiger ortethellseherische FähigkeitenDer Gutachter, den das Gericht bestellt hatte, habe sich zum Teil von den Fotografien und Videos beeinflussen lassen. «Ich wundere mich über die hellseherischen Fähigkeiten des Gutachters», sagte der Verteidiger, «dass er ein Gutachten über den Gesundheitszustand meiner Mandantin über die vergangenen 18 Jahre zutraut.» Auch, dass die Frau in der Firma ihres Mannes gearbeitet habe, sei nicht beweisbar. Zumindest nicht, was über gelegentliche Botengänge oder Entgegennahme von Anrufen hinaus gehe. Auch, dass sie stundenweise im Rebberg gearbeitet und damit Geld verdient haben soll, sei nicht erwiesen. Dass sie und ihr Mann den Winzer gebeten hätten, nicht gegen sie auszusagen, und er das abgelehnt hatte, sei ebenfalls nicht erwiesen. In der Vernehmung durch den Richter zeigte sich die Frau nicht gesprächig, verweigerte meist die Aussage.Landesverweis ist für dieVerteidigung kein ThemaIhr Mann hingegen war gesprächiger. Er räumte ein, bei der Buchführung Fehler gemacht zu haben. Auch sein Verteidiger sagte im Plädoyer, der Mann sei wegen betrügerischem Konkurs und Urkundenfälschung zu verurteilen und wegen Unterlassung der Buchführung schuldig zu sprechen. Die Vorwürfe wegen der Geldwäscherei, der Misswirtschaft und der versuchten Anstiftung zu falschem Zeugnis seien nicht haltbar.Weil der Mann einsichtig sei und mittlerweile viel Geld zurückbezahlt hat, sei ihm eine positive Sozialprognose zu stellen. Die beantragte 24-monatige Haft auf Bewährung sei zu hoch, der beantragte Landesverweis nicht haltbar. Auch der Anwalt der Frau plädierte auf eine verhältnismässig geringe Strafe, im Vergleich zu den 4,5 Jahren Haft und dem Landesverweis, den der Staatsanwalt fordert.Nach über achtstündiger Verhandlung wurde die Urteilsverkündung auf heute Donnerstag festgelegt.

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