05.11.2020

Irena Brežná las in Heerbrugg

Journalistische Beobachtung, psychologische Analysen und dichtes sprachliches Handwerk zeichnen ihre Arbeiten aus.

Von Max Pflüger
aktualisiert am 03.11.2022
Max PflügerAm Mittwochabend luden die Rheintalische Gesellschaft für Musik und Literatur (RGML) und die Volkshochschule Rheintal (VHS) gemeinsam zu einer Lesung mit der Journalistin, Schriftstellerin, Philosophin und Psychologin Irena Brežná in die Aula der Kantonsschule ein. Sie las aus ihrem Roman «Die undankbare Fremde» sowie der Sammlung autobiografisch gefärbter literarischer Reportagen und Essays «Wie ich auf die Welt kam: In der Sprache zu Hause».Niederschlagung des Prager Frühlings«Am 21. August um drei Uhr nachts brach eine sowjetische Panzerdivision unter Leitung des Generals Bandarenko von der ungarischen Grenze nach Bratislava auf.» So beginnen ihre Schilderungen zur Niederschlagung des Prager Frühlings unter Alexander Dubček 1968 durch die Sowjetarmee. Zusammen mit ihren Eltern flüchtet die damals achtzehnjährige Slowakin in den Westen und lebt seither in Basel. Hier schloss sie ihr Studium in Slawistik, Philosophie und Psychologie ab. Stichworte wie Flucht, Ankunft und Wegschicken prägen Denken und Werk der Schriftstellerin bis auf den heutigen Tag. Das psychologische Verstehen und Analysieren aller Migrationsbeteiligten, Unterdrückern und Feinden ebenso wie Unterdrückten und Verfolgten, machen ihre Reportagen zu lesenswerten Dokumenten der Zeitgeschichte. Beispielhaft etwa sind die lebendigen Schilderungen des usbekischen Sowjetsoldaten Muchammad Salich beim Einmarsch in Prag. Messerscharf sind ihre Analysen der Schweizer Migrationspolitik im Roman «Die undankbare Fremde». Die fiktive Ich-Erzählerin verweigert sich wie Irena Brežná der von den «Schweizermachern» geforderten Anpassungen und Integration. Beide Frauen, die Autorin ebenso wie ihre Romanfigur, bekennen sich zur Partizipation, zur Teilnahme an der aufnehmenden Gesellschaft ohne Aufgabe der eigenen Wurzeln und Kulturen. Sie fordern zur interkulturellen Flexibilität auf. Im Roman schmückt Irena Brežná ihre Geschichte und ihre Werthaltungen in bilderreicher Sprache und mit herrlichen und authentisch wirkenden Szenen aus. Mit der unterhaltsamen Lesung und der anschliessenden breiten und interessierten Diskussion der Thematik wurde der gemeinsame Anlass von RGML und VHS zu einem Highlight in der von Absagen geprägten, kulturell unterversorgten Zeit. Obwohl infolge von Corona nur gerade knapp zwei Dutzend maskierte Gäste der Einladung der beiden Veranstalter folgten, wurde die Lesung ein beachtlicher Erfolg. «Ich gratuliere den Anwesenden und verspreche, RGML und VHS werden auch künftig im Rahmen des Erlaubten alle Anlässe durchführen und so das kulturelle Leben im Rheintal aufrechterhalten», erklärte RGML-Präsident Meinrad Vögele bereits zu Beginn des Abends.

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