Lüchingen 05.10.2023

In ihrem Kühlschrank gibt es Gurken, Tomaten, Fleisch: «Die Wettkampfdiät ist am härtesten»

Jacqueline und Marco Stiefken sind Bodybuilder. Sie machen alles gemeinsam – und in ihrem Kühlschrank ist nur zu finden, was sie wirklich brauchen. Kürzlich hat Jacqueline Stiefken den Schweizer Meistertitel gewonnen.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 23.10.2023

Nach dem Interview fahren die beiden nach Hause. «Jetzt gibt’s Reis, Poulet und Broccoli», sagt Marco Stiefken. Immerhin darf er jetzt zum Frühstück wieder seinen geliebten Haferflockentopf geniessen, denn die Schweizer Meisterschaft ist vorbei. Nun geht’s wieder an die Aufbauphase, wie im Bodybuilding die Zeit heisst, in der sich die Athletinnen und Athleten mehr erlauben dürfen. Das bedeutet: Sie legen in dieser Phase an Masse zu, ehe es vor den Wettkämpfen jeweils darum geht, die Muskeln genau zu definieren. Es ist ein aussergewöhnliches Hobby, das sich die beiden ausgesucht haben. Jacqueline Stiefken sagt: 

Am Anfang wurden wir oft belächelt.

Danach sei das Verständnis dafür, dass sie etwa bei Familienfeiern auf das Menü und die Kuchen verzichten, gewachsen. «Sie haben gemerkt, dass wir das ernst meinen. Meine Mama ist stolz auf mich», so Jacqueline Stiefken.

Sie wollten einfach einmal diese Erfahrung machen

Die Begeisterung für Kraftsport hat die beiden zusammengeführt. Kennengelernt haben sie sich im Fitnesscenter, mittlerweile sind der in Rebstein aufgewachsene Marco und die aus Au stammende Jacqueline verheiratet. Das Paar wohnt in Lüchingen und hat zwei Hunde. Und es verbringt viel Zeit im Fitness. Fünfmal je Woche sind die beiden dort anzutreffen, sie trainieren bis zu drei Stunden pro Einheit. Das Training dreht sich jeweils um bestimmte Körperteile, zum Abschluss gibt’s noch 50 Minuten Ausdauer obendrauf. Betreut werden sie von Riccardo und Johanna Öhri, die selbst Bodybuilding betreiben.

Marco und Jacqueline mit ihren Trainern Rccardo und Johanna Öhri.
Marco und Jacqueline mit ihren Trainern Rccardo und Johanna Öhri.
Bild: pd

Die Entscheidung, damit zu beginnen, haben Jacqueline und Marco Stiefken gemeinsam getroffen. Sie sagt: «Wir haben fast schon immer Kraftsport betrieben und wollten einfach einmal diese Erfahrung machen.»

Die beiden werden nach ihrem Aussehen beurteilt

Nun sind die beiden soweit, dass sie an Wettkämpfen teilnehmen – im September erstmals an der Schweizer Meisterschaft, wo sie sich auf der Bühne zeigten. Marco Stiefken sagt:

Der Auftritt auf dieser Bühne ist die Sahne auf der Kirsche. Da Leute zahlen Eintritt, um uns Athleten zu sehen.

Auf der Bühne zeige sich, welchen Erfolg sie sich in der langen und harten Vorbereitungsphase erarbeiten konnten. Dann geht es darum, die vielen antrainierten Muskeln möglichst schön in Szene zu setzen.

Im Bodybuilding wird streng nach dem Aussehen beurteilt – die Pose muss sitzen, was neben dem Krafttraining noch weitere Übungen mit sich bringt. «Und man darf es auf keinen Fall persönlich nehmen: Die Geschmäcke sind verschieden, die Jury entscheidet», sagt Jacqueline Stiefken. Es müsse unabhängig von der Platzierung Spass bereiten, auf der Bühne zu stehen, es lasse sich mit Bodybuilding in der Schweiz ohnehin kein Geld verdienen, fügt sie an.

 

Umso schöner ist dann aber natürlich, wenn sich der Erfolg einstellt. Die 33-Jährige hat an der Schweizer Meisterschaft in Wettingen den Titel in der Kategorie Bikini Fitness ab 1,65 m geholt. Für ihren Mann reichte es auch auf die starken Ränge vier (Men’s Physique Fitness) sowie fünf (Men’s Physique). Das ist ein ausgezeichneter Lohn dafür, in den Monaten zuvor ex­trem viel Disziplin aufgebracht zu haben. Denn die ist im Bodybuilding das A und O.

Reis, Poulet, Gemüse – und das sechsmal täglich

Die lange Vorbereitungszeit auf einen Wettkampf hat es in sich, besonders, was die Ernährung angeht. Es überrascht nicht, ist dies im Gespräch oft ein Thema. «Die Wettkampfdiät ist am härtesten», sind sich die beiden ­einig. Marco Stiefken, 31-jährig, erzählt, er habe alle drei Stunden eine Portion Reis, Poulet und Gemüse gegessen. Die hatte er jeweils vorgekocht, auf das Gramm genau abgewogen und in Böxli abgepackt, um sich auch bei der Arbeit an den Ernährungsplan halten zu können.

 

 

«Ich arbeite bei einer Brauerei, da fallen natürlich Sprüche», erzählt er, der bei der Sonnenbräu Chauffeur ist und sich um das Fuhrwesen und den Festservice kümmert. Es sei aber nicht so, dass er auf das Training verzichten könne, weil er während des Arbeitstages Bierkisten und Fässer umherschleppe. Weniger solche Sprüche kassiert Jacqueline Stiefken: Sie ist im Bereich Massage und Haarentfernung selbstständig, arbeitet also auch beruflich mit dem Körper.

In der Diät liegt ein Schwächeln nicht drin. «Aber man gewöhnt sich im Kopf daran», sagt Jacqueline Stiefken. Und: Die beiden widerstehen den leckeren Versuchungen nicht nur, sie halten sie sogar ­aktiv fern. «In unserem Kühlschrank findest du nur, was wir wirklich brauchen», sagt sie. Äpfel, Gurken, Tomaten, Fleisch, Eier – und unzählige Böxli.

Im April 2024 steht der nächste Wettkampf an

Erst nach dem Wettkampf darf auch mal zugeschlagen werden. So nach der Schweizer Meisterschaft – da hat Marco Stiefken in wenigen Tagen acht Kilo zugenommen. Ungewöhnlich ist das nicht, denn der Körper wird auf den Wettkampf getrimmt, ja fast schon manipuliert – und gönnt man sich nach diesem ein Cordon bleu oder eine Pizza, geht’s schnell. Das Paar hat sich in den Tagen nach der Schweizer Meisterschaft eine dreitägige Auszeit im Berner Oberland gegönnt.

Nun hat es den nächsten Wettkampf im Blick: Im April 2024 findet in Liechtenstein das «Mister Universe» statt, ein grosser, internationaler Event. Dass dieser hier in der Nähe stattfindet, sei Zufall. Jacqueline und Marco Stiefken freuen sich aber darauf, sich dabei auch mit den Besten der Welt zu messen.


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