30.01.2020

In der Natur verweilen, ist begehrt

Immer mehr Menschen zieht es in den Wald. Das führt zu Interessenskonflikten. Allen gerecht zu werden, ist schwer.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin SchmidVom Montlinger Schwamm über den Kienberg bis zum Hirschberg, vom Sommersberg über die Landmark bis zum St. Anton – die bewaldeten Hänge entlang des Rheintals sind beliebt bei Sportlern, Jägern, Waldarbeitern und Erholungssuchenden. «Der Aufenthalt in der Natur hat Konjunktur», sagt Regionalförster Philipp Näf. Die Besucherzahlen nehmen zu und damit auch die Konflikte. Nicht nur Biker verursachen Probleme, sondern auch Pilzler, Jogger, Camper, Geocacher, Hundebesitzer und Jäger. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen; besonders das Errichten illegaler Biketrails erhitzt die Gemüter.Dem Forstdienst stellt sich die Frage, wie er die an ihn gestellte Aufgabe zur Durchsetzung des Forstrechtes erfüllt. Die Waldeigentümer sehen sich mit Haftungsfragen, Unterhaltskosten und der Wildtierproblematik konfrontiert und Jäger haben den gesetzlichen Auftrag, die Wildtierpopulationen zu regeln. Diesem Auftrag steht ein Grossteil der Bevölkerung gegenüber, der den Wald für seine Interessen nutzen möchte.Gesetzgebung hinkt der Realität hinterher«In unserem Jagdrevier werden in letzter Zeit vermehrt Strecken illegal mit Bikes befahren», sagt Theo Dietschi, Obmann der Jagdgesellschaft Harderwald. Dass dabei sensible Wildlebensräume durchfahren werden, sei ebenso problematisch wie die Tatsache, dass damit gegen bestehendes Recht verstossen werde. «Das Befahren des Waldbestandes ist verboten», so Philipp Näf, umgekehrt gelte im Wald auch der Grundsatz: Was nicht verboten ist, ist erlaubt. Wege, die sich für den Verkehr mit Motorfahrzeugen oder Fahrrädern nicht eignen oder offensichtlich nicht dafür bestimmt sind, wie Fuss- und Wanderwege, dürfen mit solchen Fahrzeugen nicht befahren werden. «Doch ab wann eignet sich ein Weg nicht mehr für moderne Mountainbikes?», fragt der Regionalförster und deutet den Graubereich des Gesetzes an. Klarere Worte findet Jürg Buschor, Verleger und Mountainbiker der ersten Stunde: «Die Gesetzgebung ist veraltet und hinkt der Realität hinterher.» In der Region gebe es kaum Möglichkeiten, legal auf Wegen zu fahren, da die rechtlichen Grundlagen aus einer Zeit stammen, als Moun-tainbikes keine Rolle gespielt haben.Das Gesetz sehe vor, dass Förster zuwiderhandelnde Biker anhalten, Personalien aufnehmen und sie verzeigen, sagt der Regionalförster. Oft ohne Gewähr, ob die Biker tatsächlich von der Polizei gebüsst werden.Die Jagdgesellschaft Harderwald hat zusammen mit dem örtlichen Revierförster Hinweistafeln aufgestellt und mit Trassierband Absperrungen signalisiert. Weil diese regelmässig weggerissen werden, ist Theo Dietschi der Meinung, dass das Erteilen von empfindlichen Bussen Wirkung zeigen würde. Das zweifelt Jürg Buschor an. «Studien belegen, dass Mountainbiker nicht mehr Schäden verursachen als andere Wegenutzer.» Deshalb stossen Bussen bei Mountainbikern auf Unverständnis.Das Verständnis für die andere Seite fördernSo unterschiedlich die einzelnen Interessen sind, verbindet doch alle eine Gemeinsamkeit: Die Freude am Wald. «Wenn nur übereinander, statt miteinander gesprochen wird, führt das nur zu Verärgerung auf allen Seiten», sagt Jürg Buschor. Es brauche eine klare Rechtsgrundlage und den Bau von speziellen Biketrails.Nötig sind Zugeständnisse von allen. Von den Freizeitnutzern an die Aufgaben der Jäger und die Flora und Fauna, von den Jägern an organisierte Ansprechpartner. «Für Freizeitsportler ist es an der Zeit, sich in Planungsprozesse und Institutionen professionell einzubringen. Umgekehrt stärken Verhinderungsbemühungen von Seite Jagd den für alle unbefriedigenden Status quo», sagt Philipp Näf. Theo Dietschi ergänzt: «Die Faust im Sack machen, sich gegenseitig beschimpfen oder Gespräche zu verweigern, hilft nicht weiter.» Aus Sicht des Lebensraumschutzes brauche es Beurteilungen und Interessenabwägungen, um festzustellen, wie Freizeitnutzungen reguliert werden können.HinweisMontag, 10. Februar, um 20 Uhr im Restaurant Krone, Marbach. Natur als Freizeitpark: öffentlicher Informationsanlass des Vereins Lebensraum Rheintal.

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