Auf dem Weg zur Profi-Tennisspielerin hat Nina Geissler aus Rheineck ein Sportstipendium an der Louisiana State University ergattert. Seit letztem Sommer studiert sie Betriebswirtschaftslehre (BWL) und wird gleichzeitig im Tennis gefördert. Derzeit ist die 19-Jährige aufgrund der Coronakrise jedoch zu Hause im Rheintal.Wie geht Ihre Schule mit der ausserordentlichen Lage und Homeschooling um?Nina Geissler: Obwohl mein Semester bis Mitte Mai gedauert hätte, musste ich Mitte März nach Hause reisen. Die verbleibenden Matches der Saison wurden gestrichen. Das war an einem Donnerstag. Am Samstag sass ich bereits im Flugzeug Richtung Schweiz. Bis das Homeschooling beginnen konnte, hatte ich zwei Wochen schulfrei.Wie planen Sie die kommenden Monate?Planen kann ich im Moment nicht viel. Während in den USA die Situation noch relativ angespannt ist, lockert die Schweiz verschiedene Massnahmen. Mein Training setze ich so gut es geht zu Hause um mit Intervallsprints, Joggen und zwischendurch mache ich Kraftübungen. Durch den Kontakt zu meinem Fitnesscoach ist mein Training ziemlich strukturiert. Ich bin zuversichtlich, bis zum Semesterbeginn im August wieder in den USA zu sein.Sie haben sich entschieden, in den USA zu studieren. Aus welchen Gründen?In der Schweiz ist es schwierig zu studieren, gute Noten zu erreichen und gleichzeitig ein Hobby zu verfolgen. In den USA wird Sport sehr ernst genommen und gefördert. Zudem wollte ich die Kultur kennen lernen und neue Erfahrungen sammeln.Welche Ziele streben Sie mit ihrem Studium an?Bis zum Bachelor dauert mein BWL-Studium vier Jahre. Bis dahin ist es mir erlaubt, Collegetennis zu spielen. Nach meinem Abschluss würde ich gerne Tennis zu meinem Beruf machen. Falls das nicht klappt, hätte ich dank meinem Bachelorabschluss die Möglichkeit, weiter zu studieren.Sie haben ein Sportstipendium erhalten. Wie kam es dazu?Als ich im dritten Jahr des Gymnasiums war, haben mich Coaches kontaktiert, mich nach meinen Plänen für die Zukunft gefragt und mir Angebote für Studiengänge gemacht. Teilweise sind auch Coaches in die Schweiz und an internationale Matches gekommen, um mich spielen zu sehen.Nun sind Sie an der Louisiana State University. Die richtige Wahl? Am Anfang war ich planlos, da ich Angebote von verschiedenen Unis auf dem Tisch liegen hatte. Basierend auf den Empfehlungen des Headcoaches von Swiss Tennis habe ich im Februar 2019 die Louisiana State (LSU) besichtigt. Dazu habe ich die University of Mississippi und die Texas A & M University angesehen. Bei den Besuchen erhielten meine Mutter und ich persönliche Einblicke, konnten Gespräche führen und die Trainer schauten mir beim Tennisspielen zu. Bereits auf dem Heimweg in die Schweiz habe ich mich für die LSU entschieden, weil dort alles gepasst hat.Welche Unterschiede stellen Sie zwischen den Schulen der Schweiz und den USA fest?In der Schweiz ist ein Studium sehr anspruchsvoll und man kann sich nicht erlauben, den Unterricht zu verpassen. Am Gymnasium war ich eine durchschnittliche Schülerin. Hier in den USA sind meine schulischen Leistungen deutlich besser eingestuft. Ein weiterer Unterschied ist der Stellenwert der sportlichen Aktivitäten. Schulen in den USA passen sich dem Sport an. Die Studenten spielen in Teams der Uni. An der LSU habe ich Privatlehrer und meine Tennisspiele werden mir immer gestattet. Früher musste ich alles selber regeln und ein Gesuch stellen, damit ich während der Schulzeit fehlen durfte.Ihr Coach trainierte früher den amerikanischen Tennis-Superstar Serena Williams. Wie fühlt sich das an?Ich bewundere meinen Coach sehr. Zu wissen, dass er mit mehreren Profispielerinnen und Profispielern zusammengearbeitet hat, gibt mir ein sehr gutes Gefühl. Obwohl ich Riesenrespekt habe, konnte ich in den vergangenen Monaten eine sehr gute Beziehung zu ihm aufbauen und ich vertraue ihm.Welche Fortschritte gelingen Ihnen in den USA?Ich trainiere intensiver, das Fitnesstraining ist professionell und ich kann mich stärker auf das Tennisspiel konzentrieren. Ich merke, dass ich viel weniger müde bin, da sich der Schulstress reduziert hat. Mental und im Spielverständnis habe ich mich ebenfalls extrem verbessert.Sie wohnen auf dem Campus. Wie gefällt es Ihnen?Ich wohne in einer Art WG, zusammen mit zwei Studentinnen. Obwohl ich nur im ersten Jahr verpflichtet bin, auf dem Schulgelände zu wohnen, werde ich wahrscheinlich hier bleiben. Alles ist sehr nah, ich muss keine langen Zugfahrten hinter mich bringen und die Wohnung ist super.Kennen Sie das Gefühl von Heimweh?Ja, wenn ich in den USA bin, vermisse ich meine Familie manchmal. Obwohl ich auf dem Campus von vielen Menschen umgeben bin und ich nicht alleine wohne, fühle ich mich manchmal einsam. Doch mit meinem Team und den Coaches habe ich eine kleine Familie dazugewonnen. Nach meinem Studium werde ich aber in die Schweiz zurückkehren.