26.07.2019

«Immer mehr gemacht als die anderen»

Eishockey. Das 16-jährige Eishockeytalent Gion Coray aus Reute wechselt in die höchste U18-Liga Kanadas. Er möchte sich in Nordamerika etablieren.

Von ys
aktualisiert am 03.11.2022
Am 21. August fliegt Gion Coray in den kanadischen Bundesstaat Ontario, wo er zumindest das nächste Jahr als Eishockeyspieler der Canadian Ice Hockey Academy in Clarence Rockland verbringen wird.Der kleine, aber kräftige Cen­ter ist an einem vierwöchigen Skills-Camp in Kanada Derek Miller, dem Ausbildungschef der Nachwuchsmannschaft Ottawa 67’s, aufgefallen. Dank dessen Zuspruch konnte er im Juni an einem College Combine (übersetzt: Basisreifeprüfung) mehreren Scouts vorspielen. Auch diese wusste der Vorderländer mehrheitlich zu überzeugen. Schliesslich konnte er zwischen drei Akademien auswählen. Zusammen mit seinen El­tern Isabelle und Raphael Co­ray hat er sich für die kleine, aber feine Eishockey-Akademie in ei­nem Vorort von Kanadas Bundeshauptstadt Ottawa entschieden.Lange gehegter Traum vom kanadischen EishockeyFür Gion Coray, der erst ein Jahr zuvor vom SC Rheintal zum HC Davos gewechselt hatte, erfüllt sich mit diesem Transfer ein Traum: «Das ist es, was ich immer wollte. In Kanada kann ich mich sportlich verbessern, das schnelle und körperbetonte Spiel auf den kleinen Eisfeldern liegt mir.»Die Gefühle der Eltern waren dagegen ambivalent, als sich das Abenteuer ihres einzigen Kindes vor erst knapp drei Wochen erstmals konkretisierte. «Wir sind aus allen Wolken gefallen», sagt Raphael Coray. Denn sein Sohn hat den Wechsel selbstständig vorangetrieben. Entscheidend dafür, dass der Transfer zustande kam, sei Gion Corays Bekanntschaft mit Derek Miller gewesen. Auch ein Vater eines bereits in Nordamerika spielenden österreichischen Nachwuchsspielers hat den Vorderländer unterstützt.«Kontakte muss man haben», sagt Gion Coray fröhlich.Die Eltern unterstützen ihren Sohn, seit er als Dreijähriger (!) angefangen hat, Eishockey zu spielen. Diese Unterstützung sei auch durchaus kostspielig, sagt Raphael Coray. Für die Eltern stand, in den Worten von Isabelle Coray, schnell fest: «Wir unterstützen unseren Sohn in allem, was ihn als Eishockeyspieler vorwärtsbringt.»Lösung mit dem HC Davos getroffen Gion Coray wird in Clarence Rockland im Internat wohnen. Auf dem Campus sind alle Lokalitäten in wenigen Gehminuten erreichbar. Aber mit der Frage nach der Unterbringung ist bei einem Umzug von Europa nach Übersee noch längst nicht alles geklärt. Die schulische Ausbildung ist ein wichtiger Mosaikstein. Coray besucht die Highschool seiner Eishockey-Akademie. In frühestens zwei Jahren könnte er die Ausbildung mit dem Diploma (Matura) abschliessen. Das System aus Schule und Sport, das Coray bereits aus dem Sportgymnasium in Davos kennt, war ein gewichtiges Argument für diese Wahl.Internationale Wechsel kann der Besitzerverein, hier der HC Davos, nicht verhindern. Aber das Einverständnis des Bündner Vereins war dennoch wichtig. «Der HC Davos war sehr kulant», sagt Raphael Coray, «vor allem angesichts der Tatsache, das Gion erst ein Jahr dort spielte.» So konnte eine Lösung getroffen werden, nach der Gion Coray vorerst ein Ausbildungsjahr in Kanada absolviert. Das bedeutet: Sollte er sich, aus welchem Grund auch immer, nicht wohlfühlen in Kanada, kann er zum HC Davos zurückkehren und das Sportgymnasium weiter besuchen.Die Kollegen liegen an der Sonne während er schuftetAuch die Saisonvorbereitung bis zu seinem Sprung über den Teich macht Coray noch beim Bündner Verein. In den letzten Wochen hat er im Vitalis Fitness in Lüchingen intensiv an seiner Fitness gearbeitet. Sportwissenschafter Dominic Schüler hat für Gion Coray ein Konditionsprogramm zusammengestellt – nach genauen Vorgaben von der Akademie in Ontario.Während seine Davoser Kollegen die Ferien genossen, hat Gion Coray hart an seiner Fitness gearbeitet: «Im Camp haben die Trainer gesagt, meine Kraftwerte seien gut, aber an der Ausdauer müsse ich noch arbeiten.»Gion Coray sagt: «Ich habe schon immer mehr gemacht als die anderen.» Bereits als kleiner Knirps beim SC Rheintal, bei dem er bis vor einem Jahr gespielt hat: «Aber zu Beginn nicht, um mich zu verbessern – sondern einfach aus Freude am Töggelen.» Er habe im regelmässigen freien Eislaufen viel gelernt. Coray nahm auch Stunden bei einer Eiskunstlauftrainerin: «Die Kollegen hatten mich deswegen ausgelacht, aber es hat sich definitiv gelohnt.»Isabelle Coray sagt: «Gion hat sich immer nur für Eishockey interessiert. Andere Teamkollegen spielten auch noch Fussball oder gingen ins Tennis – Gion nie.» Dabei ist Reute eigentlich kein Nährboden für gute Eishockeyspieler, Gions Schulkollegen gingen zum FC oder ins Schwingen.Gion Coray wollte immer nur Eishockey spielenIn der Sekundarschule erhielt er vom Kanton Appenzell Ausserrhoden die Möglichkeit, die Sportlerschule an der OMR in Heerbrugg zu besuchen, obschon der Kanton in Teufen ei­-ne eigene Sportschule führt. «Das war optimal», sagt Isabelle Coray.Ihr Sohn pflichtet ihr bei, die Distanz zwischen Schule und Eishalle in Widnau war so sehr klein: «Aber schulisch hat mich das Niveau an der OMR zu Beginn überfordert. In der ersten Woche kam ich dreimal heulend nach Hause.» Schliesslich hatte  Gion Coray ein Schuljahr übersprungen – und sich erst noch vom alterdurchmischten Lernen in Reute zum klassischen Frontalunterricht in Heerbrugg umstellen müssen.Gion Coray kann sich durchbeissen, sonst wäre er als Eishockeyspieler nicht so weit gekommen.Auch in Kanada hat er vor, sich nicht vom ersten Gegenwind umwerfen zu lassen. Die Option, nach einem Jahr zurückzukehren, interessiert ihn derzeit nicht sonderlich: «Ich erhalte in Kanada eine Chance, die ich packen möchte.»Nach dem Highschool-Team würde er demnach in eine College-Mannschaft kommen – und von dort für die Canadian Hockey League gedraftet werden. Dort hatten viele Schweizer – unter ihnen auch Timo Meier aus Herisau – ihre NHL-Karriere lanciert..

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