26.03.2021

Im Rapper steckt ein Triathlet

Patrik Wohlwends Mundart-Rap ist stark aufs Rheintal bezogen. Ein neuer Videoclip führt durch Bernecks Reben.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Unter dem Titel «Auf zum Fitness-Himmel» hat diese Zeitung im März 2019 über die Anziehungskraft der Treppe berichtet, deren 702 Stufen selbst gut trainierte Jogger als Herausforderung erleben. Nun ist Rapper Patrik Wohlwend, der unter dem Künstlernamen Depat72 auftritt, in einem Video zu sehen, der diese Treppe zum Thema hat. Es zeigt ehrgeizige Sportlerinnen und Sportler, wie sie, «konstant im Kampf mit sich», am Rebhang die Treppe hochlaufen. Der Rap trägt den Titel «Runner’s High».Kontakte ins mittlere Rheintal sind gebliebenPatrik Wohlwend ist zwar in Sennwald aufgewachsen und lebt in Buchs, hat aber bis 2011 vier Jahre in Heerbrugg die Kantonsschule besucht und gehörte vorübergehend den Gators Widnau sowie dem Tri Top Team Rheintal an. (Die Triathlon-Kollegen waren es, die dem Werdenberger ehrfurchtsvoll von der Bernecker Rebentreppe erzählten.)Heute durchfährt der 30-Jährige den Wahlkreis Rheintal praktisch täglich – auf dem Weg zur Arbeit in Rorschach. Dort unterrichtet er Primarschülerinnen und -schüler, berufsbegleitend bildet er sich zum Oberstufenlehrer weiter.Die Beziehungen ins mittlere und untere Rheintal pflegt der Hobby-Rapper nach wie vor. Im Video auf der Rebentreppe wirken denn auch Bekannte aus der näheren Umgebung mit – Samantha Dekeijzer aus Berneck (die Frau mit dem Rucksack, mit der Wohlwend 2018 den Bandcontest von Rheintal Soundz moderierte) und Ali Bektas aus St. Margrethen (der Hammermann). Mit dem zwei Jahre jüngeren Widnauer Morten Widrig (dem Manga-Künstler, über den diese Zeitung letzte Woche berichtet hat) bildete Patrik Wohlwend von 2013 bis 2015 ein Rap-Duo.Neues Album ist quasi der NachlassViel Freude bereitete dem Rapper die Zugehörigkeit zur Band Depat Milieu, zu der er sich 2016 mit vier Studierenden der Pädagogischen Hochschule St. Gallen und einem Drummer zusammengeschlossen hatte. Die Band hat die EP «Im Riet im Maisfeld» aufgenommen, die auf den Streamingdiensten wie Spotify oder Apple Music zu finden ist.Inzwischen gehen die Bandmitglieder getrennte Wege, aber Patrik Wohlwend hat seine Texte aus der Zeit mit der Band sozusagen als Nachlass verwenden können. Der ehemalige Schlagzeuger von Depat Milieu, Corsin Hobi, steuerte Beatskizzen bei, in Rebstein bei Jan Sieber (Galactic Sound Studio) wurde das Album aufgenommen. Es versammelt neun Stücke, heisst «Classe Underdog» und erscheint in diesen Tagen.Schon öfter im Rheintal aufgetretenLive-Auftritte schätzt Patrik Wohlwend besonders. Mit Depat Milieu stand er oft auf der Bühne, 2017 unter anderem an Altstättens Kulturwoche Staablueme, am Moschtifäascht, am Rheintaler Rap Jam und am Soundstädtli in Altstätten. 2018 folgte ein Auftritt an der Rheinecker Singer-Songwriter Night.Ein besonderes (und leicht ernüchterndes) Erlebnis war der Rap-Abend im Widnauer Jugendtreff Stoffel, wo im Herbst 2017 drei Rap-Acts auf dem Programm standen, aber das Publikum fehlte. Patrik Wohlwend nennt die Rap-Szene im Rheintal überschaubar und bescheinigt ihr ein Nischendasein. Als Rockband finde man leichter sein Publikum.Er selbst hat als 12-, vielleicht als 13-Jähriger zum Mundart-Rap gefunden und verwundert wie begeistert festgestellt: «Den gibt es auch.»«Ribelmais-Chips & Sunnebräu»Dass der «Tote Hosen»-Fan als Rapper sehr vielseitig ist, kommentiert er so: «Da drückt wohl der Triathlet in mir durch.» Sowohl die Beats als auch die Themen sind sehr abwechslungsreich.Politische Statements stellt Patrik Wohlwend selten in den Vordergrund, er streut sie eher ein und widmet politischen Missständen nur gelegentlich ein ganzes Stück. Er sagt, er sei «nicht der, der meint, immer noch eine politische Botschaft in einen Song hineinpacken zu müssen».[caption_left: Das Video «Runner’s High» zeigt auf Bernecks berühmter Treppe Laufende «konstant im Kampf mit sich».]Auf dem neuen Album macht er das nur einmal explizit: In «Augebinde», einem Text über das «Sterben auf dem Mittelmeer» heisst es zum Schluss: «Und am End vom Tag fabuliere Politiker in Europa was vo Pullfaktore. / So ne Bullshit-Parole. Wemer Mensche vor üsne Grenze lönd loh vertrinke. / Zum anderi abschrecke – denn isch Europa verlore.»Auch der Bezug zum St. Galler Rheintal kommt natürlich vor, auf dem neuen Album im Stück «Ribelmais-Chips & Sunnebräu». Der Rapper äussert seine Gedanken zum St. Galler Rheintal als Zuhause, sodass vertraute Begriffe erklingen: Hirschensprung, Rhein, Habsburg und natürlich Ribelmaischips und Sonnenbräu.[caption_left: Das Bild fürs Albumcover stammt von Yoel Morales aus Wil.]Der Name ist etwas sperrigBleibt die Frage nach dem Namen. Wie kommt Patrik Wohlwend auf Depat72? Vor der Zeit als Rapper malte er Graffitis – nicht auf Wände, sondern auf Papier. Dabei habe er den Schriftzug Depat für sich entdeckt und ihn, wie bei Graffitis üblich, mit Ziffern ergänzt. Bei der Hinwendung zum Rap sei der Name geblieben.Depat steht für De(r) Pat(rik) und in der Zahl 72 (ausgesprochen als Sieben-Zwei) steckt des Rappers Lieblingszahl Sieben. Die Zwei habe den «Vorteil, dass sich viele Reimwörter auf diese Silbe finden».Das neue Album erscheint unter dem Bandnamen Depat Milieu. Das Wort Milieu bezeichnet die Verbindung zu den anderen am Projekt beteiligten Personen, sozusagen das «soziale Umfeld» des Rappers. Er meint: Der Name sei marketingtechnisch zwar «eine Katastrophe», doch er sei ihm irgendwie ans Herz gewachsen.Hinweis: Link zum Musikvideo «Runner’s High» mit der Bernecker Treppe: KLICK

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