23.07.2019

Im Oldtimer auf der Rallye Peking – Paris

Motorsport. Christian Kobelt aus Marbach hat kürzlich mit seinem Sunbeam mit Baujahr 1928 an der Rallye Peking – Paris teilgenommen.

Von Gerhard Huber
aktualisiert am 03.11.2022
Die Reise ging durch endlose Weiten, Steppen, Wüsten und Wälder. Über Strassen und Wege, die diese Bezeichnung nicht mal annähernd verdienen. Manchmal gab es tagelang nur menschenleere, schnurgerade Strecken. Und dann ging’s wieder mitten hindurch durch Grossstädte, die an ihrem Verkehr schier ersticken, wie die mongolische Hauptstadt Ulan Bator. Die Reise der Rheintaler Christian Kobelt und Ernst Steiger ging über fast 16000 Kilometer.Neben dem Rheintaler Duo nahmen 105 Zweier-Teams mit ihren Oldtimer-Fahrzeugen, die zwischen 112 und 41 Jahren alt waren, an der Rallye Peking – Paris teil. Da fanden sich alte Tin Lizzys von Ford, Bentleys und Buicks genauso wie Porsches, Volvos und Mercedes in der Startliste. Und ein absolutes Unikat: Ein in England gebautes Auto, von dem nur noch ein einziges Stück auf dieser Welt existiert. Ein Sunbeam, Bau-jahr 1928, mit einem 3,6-Liter-Reihensechszylinder-Motor mit mechanischem Ladegebläse.«Das Auto muss bewegt werden»«Das Auto ist zum Stehen zu schade, es muss bewegt werden», schmunzelt Christian Kobelt, der eben diesen Oldtimer vor einigen Jahren erworben hat. «Ich habe mir schon als junger Mann, als ich den Film «In achtzig Tagen um die Welt» gesehen habe, gesagt: So etwas musst du auch einmal machen. Jetzt ergab sich mit der Teilnahme an Peking – Paris diese Gelegenheit.» Als Lastwagenmechaniker hatte Kobelt kein Problem, seinen Sunbeam, von ihm liebevoll «Lisali» gerufen, für die harte Strecke fit zu machen. Als Navigator war Ernst Steiger an Bord.Mit dem Schiffscontainer ging der Wagen nach Peking zum Start dieses Abenteuers. Jeden Tag waren Etappen zwischen 180 und 668 km zu bewältigen. Zum Teil ging es über härtestes Terrain, was nur mit gutem Zeitmanagement machbar war. Und am Etappenziel wartete dann entweder ein Camp oder ein reserviertes Hotelzimmer.Die Technik spielte einen Streich«Die Rallye legte ein brutales Tempo vor», sagt Christian Kobelt, «die Porsches haben schon verrückt losgelegt, während wir auf den guten Strassen mit etwa 80 km/h gefahren sind.» Auf einer solchen Strecke kann immer die Technik einen Streich spielen. Beim Rheintaler Team war es ein unerwartetes Problem: Eine Antriebswelle an der Hinterachse gab in Nowosibirsk den Geist auf. «Die Menschen in China, der Mongolei, Kasachstan, Russland und Polen waren sehr hilfsbereit, während sich in Frankreich, wo nach der Zieleinfahrt auf der Heimreise dasselbe Problem nochmals auftrat, kein Mensch gekümmert hat.» In Sibirien sei allerdings Geduld gefragt.In Nowosibirsk entstanden für das Rheintaler Duo so rund 40 Stunden Verspätung: So lange dauerte es, um das Ersatzteil passend zu machen. Mit einer Marathonfahrt machten sich die beiden Rheintaler dann auf, dem Rallyetross hinterherzufahren und ihn wieder einzuholen. «Das war brutal.» Denn der Sunbeam forderte nicht nur auf den Passstrassen des mächtigen Uralgebirges, sondern auch auf den schnurgerade Strassen durch die Wälder und Sümpfe Sibiriens ständige Lenkarbeit, natürlich ohne Servounterstützung.Kobelt hatte Hände, die mit Blasen übersät waren. Aber der schwierigste Abschnitt auf der langen Reise waren nicht etwa die Geröllpfade durch die Steppen Zentralasiens, sondern die stark befahrene Ringautobahn rund um Moskau. Es war schon dunkel und hatte geregnet. «Alle fahren extrem gefährlich und unsere Scheibenwischer haben nicht funktioniert. Ein Kabel hatte sich vom Antriebsmotörchen gelöst. Da haben wir ständig darauf gewartet, dass es rummst», sagt Kobelt.Wiedersehen beim Bergsprint WalzenhausenDoch die beiden Rheintaler haben sich bis ins Ziel in Paris durchgekämpft. Bei dieser Rallye gibt es keine Gewinner und keine Platzierten. Jeder, der ins Ziel kommt, ist ein Sieger.«Man muss einfach verrückt sein, um mitzumachen. Denn es kann sein, dass «am Arsch der Welt» etwas passiert. Jetzt mache ich die Antriebswelle selbst und so stark, dass es sie nie mehr ‹putzt›.» Denn Christian Kobelt denkt kurz nach der Rückkehr von diesem Abenteuer bereits darüber nach, was er als nächstes Projekt zur Stillung seines Fernwehs in Angriff nehmen könnte.Die nächste Destination, die er anpeilt, liegt indes nicht so fern: Christian Kobelt und sein Sunbeam werden beim Bergsprint in Walzenhausen am 17. und 18. August zu sehen sein. Samt der Schmutzpatina, die sich bei der Rallye Peking – Paris auf sein Auto gelegt hat.

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